Mehr als 70 Prozent der Deutschen sind online

Die Internetnutzung in Deutschland ist im vergangenen Jahr um 2,9 Prozentpunkte auf 72 Prozent gestiegen. Binnen eines Jahres haben somit zwei Millionen Menschen die digitale Welt neu für sich entdeckt. Trotz dieses Teilergebnisses halten die Autoren der größten deutschen Studie zur Internetnutzung, des (N)Onliner Atlas, an der Aussage fest, dass man in Deutschland von einer digitalen Gesellschaft weit entfernt ist. Die Initiative D21, die die Studie in Auftrag gab, betont, dass noch immer knapp 19 Millionen Menschen über 14 Jahren nicht online sind.

Das aktuelle Wachstum falle im Vergleich zum Vorjahr um 1,1 Prozentpunkte niedriger aus und zeige, dass ohne gezielte Förderung in Zukunft mit geringeren Steigerungen zu rechnen sei. Nur noch 3,8 Prozent der Deutschen plane den Beginn der Internetnutzung in den nächsten zwölf Monaten, im Jahr 2009 seien dies noch 4,3 Prozent gewesen. Seit zehn Jahren wird die Studie (N)Onliner Atlas von TNS Emnid / TNS Infratest durchgeführt. Dabei werden die über 30 000 Interviewten nach Kriterien wie Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildungsstand oder Beschäftigung befragt, woraus sich unter anderem detaillierte Rückschlüsse auf die Internetnutzung in den einzelnen Bundesländern, Regierungsbezirken und Ortsgrößenklassen ziehen lassen. Damit bietet die Studie einen ausführlichen Blick auf die momentanen Rahmenbedingungen für die digitale Gesellschaft in Deutschland.

Hinsichtlich regionaler Unterschiede zeigt die Untersuchung, dass Bremen mit aktuell 80,2 Prozent Onliner-Anteil weiterhin einsame Spitze bei der Internetnutzung ist. Im Vergleich zum Vorjahr sei das ein erneut hoher Zuwachs von sechs Prozentpunkten. Auch die anderen Stadtstaaten (Berlin 75,2 Prozent und Hamburg 75 Prozent) seien unter den Top 5 vertreten. Als einziges Flächenland könne sich Baden-Württemberg mit 76 Prozent dazwischen schieben und belege den zweiten Platz bei der Internetnutzung unter den Bundesländern.

Die Wachstumsrate von Bremen werde in diesem Jahr nur noch von einem anderen Bundesland überboten: Rheinland-Pfalz weise mit 6,4 Prozent den höchsten Zuwachs aller Bundesländer auf. Habe der Wert für Rheinland-Pfalz im Jahr 2009 noch deutlich unter dem Schnitt gelegen, sei er jetzt mit 72,9 Prozentpunkten über die Durchschnittsmarke geklettert. Andere Bundesländer stagnierten dagegen weitestgehend, Mecklenburg-Vorpommern sei sogar auf den letzten Platz abgerutscht. Allgemein habe der Osten nicht aufholen können, die Schere zwischen West und Ost öffne sich weiter. Die Kluft zwischen dem ersten und dem letzten Bundesland sei auf gewaltige 17,5 Prozentpunkte angewachsen. Diese Entwicklung zeichne sich auch beim Stadt-Land-Gefälle ab: In Ballungsräumen seien inzwischen 74,8 Prozent der Einwohner online, in Orten mit weniger als 5 000 Einwohnern gerade einmal 65,8 Prozent.

Zum dritten Mal in Folge weise die Bevölkerungsgruppe mit formal einfacher Bildung den höchsten Zuwachs bei der Internetnutzung auf. Um 3,9 Prozentpunkte auf 56,6 Prozent sei die Zahl der User mit Volks- oder Hauptschulabschluss gestiegen. Trotz dieser positiven Entwicklung liege diese Bildungsgruppe weiterhin weit hinter den Gruppen mit einem weiterbildenden Schulabschluss (76,2 Prozent Onliner) und der Gruppe mit Abitur oder Studium (88,8 Prozent Onliner). Spitzenreiter seien Schüler, die bereits mit 97,5 Prozent Onliner-Anteil beinahe vollständig im Internet anzutreffen sind.

„Es gibt kaum noch einen Beruf, der ohne ein Mindestmaß an Kenntnissen über die digitalen Medien auskommt. Solange wir eine digitale Grundversorgung nicht bieten können, schaffen wir in Deutschland allerdings eine Ungleichheit, die neben einer persönlichen Benachteiligung auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland nicht zugutekommt“, erklärt Alf Henryk Wulf, Vizepräsident der Initiative D21 und Vorstandsvorsitzender der Alcatel-Lucent Deutschland AG. Das höchste Wachstum verzeichnet laut Studie auch in diesem Jahr die Altersgruppe 50plus mit 4,7 Prozentpunkten. Beinahe jeder zweite Best Ager sei inzwischen online.

Haushalte mit einem Nettoeinkommen von unter 1 000 Euro schafften in diesem Jahr ebenfalls erstmals den Sprung über die 50-Prozent-Hürde. Trotz Steigerung um 4,5 Prozentpunkte in dieser Einkommensklasse, bestehe nach wie vor ein deutlicher Zusammenhang zwischen Internetnutzung und Einkommen. Beispielsweise seien 92 Prozent der Deutschen mit einem Haushaltseinkommen von über 3 000 Euro und 80 Prozent der Einkommensschicht zwischen 2 000 und 3 000 Euro online.

Beim Thema Internetzugangsart zeigt der (N)Onliner Atlas erneut die Spitzenstellung von DSL auf. 42,8 Prozent der Bevölkerung gingen darüber breitbandig in die digitale Welt. Die größte Steigerung von 1,2 Prozentpunkten im Breitbandbereich komme aber dem Kabelanschluss zugute. Aktuell fänden 4,5 Prozent der Bevölkerung dadurch den Weg ins Netz. Der zweitgrößte Wachstumstreiber sei die Mobilfunknutzung von zu Hause aus: Mit 1,9 Prozent habe sich der Bevölkerungsanteil, der diesen Kanal als Hauptzugangsart für die Internetnutzung zu Hause angibt, nahezu verdoppelt. Großen Anteil daran hätten UMTS-Sticks.

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