„Marketingprozesse enden nicht an Softwaregrenzen“

Das Marketing hat es lange geschafft, intransparent zu bleiben. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise muss die Effizienz im Marketing jedoch steigen und wird es immer notwendiger, zur Risikominimierung an die Geschäftsleitung zu berichten. Das wurde auf dem ersten MarketingIT Solution Forum in Düsseldorf mehr als deutlich. Der folgende Beitrag klärt, warum sich Softwarehersteller auf Marketing-Resource-Management (MRM) spezialisiert haben, was die Lösungen ermöglichen und wo Unterschiede liegen.

von Martina Monsees

Laut der Brandmaker GmbH wurde das Marketing von Softwareanbietern lange Zeit vernachlässigt, weil Marketingentscheider sehr hohe Ansprüche an die Bedienbarkeit einer Lösung und an messbare Produktivitätssteigerungen stellten. „Wir haben das recht früh erkannt, da wir 1999 mit einem Teilaspekt von MRM – dem sogenannten Kooperativen Marketing oder auch Handelsmarketing – ein Projekt in der Automobilbranche für einen großen Konzern begonnen haben“, sagt Mirko Holzer, CEO von Brandmaker. Für das Unternehmen sei daher schnell klar gewesen, dass hier großes unternehmerisches Potenzial schlummere, wenn nicht einmal so große Unternehmen und Strukturen eine entsprechende Software-Lösung haben.

„Wir haben unser Brandmaker-Portfolio dann schrittweise ausgebaut, sodass wir nicht mehr nur die Multi-Tier-Strukturen des Handelsmarketings unterstützen, sondern auch alle alltäglichen Herausforderungen eines Marketers im Unternehmen“, führt Holzer fort. Einen Schwerpunkt gebe es im Bereich MRM nicht, da mit der Lösung das Ziel verfolgt werde, den kompletten Marketing-Prozess abzudecken. Dieser könne von der Planung und Budgetierung über die Unterstützung aller kreativen Produktionsprozesse (Briefing, Agentursteuerung, Review Management, Media Asset Management), Job Management, Medienproduktion und -Distribution (Web-to-Print, Web-to-Web, etc.) bis hin zu Reporting und Controlling reichen. Zu den Bausteinen der MRM-Lösung von Brandmaker gehören beispielsweise der Marketing Planer, der Medien Pool, der Job Manager, der Review Manager, die Medien Management-Lösungen, die Virtuelle Mediaagentur, das Event Manager-Modul, das Shop Modul, das CI-Portal und das Marken Management-Modul.

Der Ravinia GmbH fiel um die Jahrtausendwende auf, dass zumindest für mittelständische Unternehmen kein Softwaresystem zu vertretbaren Kosten auf dem Markt verfügbar war, um Marketing messbar zu machen. Zusammen mit dem Kompetenzzentrum für angewandtes Marketing an der Hochschule Niederrhein führte der Softwarehersteller einige Projekte durch und entwickelte eigens das Tool „Gate to Marketing“. Laut Hans-Dieter Winkens, Entwicklungsleiter bei Ravinia, soll die Lösung das Kampagnenmarketing verbessern: „Damit beginnt die Marketingplanung bei der Budgetierung, reicht bis zur Zieldefinition, begleitet die Durchführung und lässt eine Auswertung der Kampagne zu.“ Mit der Software ließen sich alle terminlichen und finanziellen Vereinbarungen kontrollieren. Zudem werde eine automatische E-Mail an zuständige Personen generiert, falls Aufgaben überfällig werden, integrierte Trigger-Definitionen aus dem Rahmen fallen oder das Budget überschritten wird.

Die Double Slash Net-Business GmbH fokussiert sich mehr auf Enterprise Marketing Management (EMM). „Wir haben vor zehn Jahren begonnen, einzelne Softwarelösungen für Marketingabteilungen großer Unternehmen zu entwickeln. Mittlerweile analysieren wir immer stärker die Marketingprozesse und stellen fest, wie sich Prozesse unter jeweils vorgegebenen Voraussetzungen verbessern lassen“, schildert Jochen Mayer, Business Consultant bei Double Slash. Aus dem Projektgeschäft kommend, beschäftige sich das Unternehmen immer mehr mit dem Change Management bei IT-Projekten im Marketing. „Wir wirken da, wo Marketingmanager sagen: Uns ist mit dem Installieren eines Softwareproduktes noch lange nicht geholfen“ betont Mayer. Der bei Kunden wie Hugo Boss, BMW Group, Deutsche Post, Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) oder Osram als sehr innovativ geltende IT-Partner für das Marketing habe sich zur Aufgabe gemacht, mit Marketingverantwortlichen über die Optimierung von Arbeitsabläufen zu sprechen und übersichtlich hinter einem Login abzubilden. Damit sollen sich dann alle Marketingaktivitäten zentral planen und steuern lassen.

MRM stellt eine eigene Software-Kategorie dar

Change Management erachtet Brandmaker-CEO Holzer allerdings als mit Abstand größte zu überwindende Hürde bei potenziellen Kunden: „Die Personen im Unternehmen, die MRM als sehr gute Möglichkeit zur ganzheitlichen Marketing Prozess Optimierung erkannt haben, reiben sich häufig mit den „lokalen Fürsten“ der oft sehr dezentral aufgestellten Unternehmen.“ Hinzu komme, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Darstellung von harten Return on Investments (ROIs) wie Kosteneinsparungen weitaus mehr zählt als die von soften ROIs wie etwa Qualitätssteigerungen oder Time-to-Market. IT-Abteilungen hätten oft noch nicht erkannt, dass MRM eine eigene Software-Kategorie darstellt. Deswegen komme es häufig vor, dass MRM-Ansätze der Fachabteilungen von der IT mit Pauschalabwehrstrategien wie dem Verweis auf vorhandene Enterprise Resource Planning (ERP)- oder Customer Relationship Management (CRM)-Systeme torpediert werden. Zudem würden IT-Abteilungen gerne auf fehlende Ressourcen verweisen, wenn es um die Optimierung ganzer Prozessketten gehe und somit Systemintegration notwendig sei. Die genannten Probleme würden sich zum Teil aber durch den Einsatz von Software-as-a-Service-(SaaS)-Lösungen beheben lassen. SaaS bedeute zwar weniger Systemintegration, dafür aber auch schnellere Ergebnisse.

Nach Erfahrungswerten von Ravinia bedingt die Größe der Unternehmen, welche Hürden es bei potenziellen Kunden zu überwinden gilt. „Während kleine Marketingabteilungen von ein bis zwei Projektmitarbeitern auch mit herkömmlicher Software arbeiten können, laufen wir bei mehreren Beteiligten offene Türen mit MRM ein“, so Winkens. Dort gelte es, das Problem der Kommunikation in den Griff zu bekommen und Transparenz herzustellen. Um die Akzeptanz eines MRM-Systems sei es in größeren Unternehmen besser bestellt, wohingegen die kleineren noch mehr Probleme damit hätten. Winkens ist jedoch davon überzeugt, dass „die Akzeptanz wächst, wenn der Leidensdruck groß genug ist“. Auch gelinge es dem B-to-C-Bereich besser, Kennzahlen und Performance durchzusetzen, während dies im B-to-B-Bereich noch stiefmütterlich angelegt sei.

Probleme würden sich in Projekten laut Double Slash aber oftmals ergeben, wenn die Ziele der Vorhaben nicht klar definiert würden. Beim Marketing als einer typischen Abteilung in Unternehmen, die viele Schnittstellen hat, laute die wichtigste Frage, was realisiert werden soll und wer der Projektsponsor ist. „Wenn Sie das nicht klären, haben Sie schnell unterschiedliche Erwartungshaltungen bei Marketingentscheidern, Produktmanagern, Service- und Vertriebsleitern“, warnt Mayer. Eine Grundproblematik bestehe auch darin, dass in der Regel bereits mit „Office-Software“ gearbeitet werde und die Mitarbeiter bei nicht sofort erkennbarer Vereinfachung der Usability sagen, ich arbeite lieber wie bisher mit Excel. „Das Projekt zu definieren, Anforderungen festzulegen und das Management zu planen sowie die Einstellungen mit Decidern/Mitarbeitern zu vereinbaren, sind also Erfolgskriterien, die den Unterschied machen, ob fünf Leute mit ihrem System arbeiten werden oder 5000“, erläutert Mayer. Die Herausforderung sei, originär hervorzuheben, welche Daten durch ein Content-Management-System (CMS) oder ein CRM-System noch nicht zur Verfügung stehen, Schnittstellen zu bauen und das abgestimmte „Marketing Planner“-System bei laufendem Betrieb zu installieren.

Kennzahlen richten sich nach der Art der Kampagne

Erfolgskennziffern seien bei den einzelnen Prozess-Schritten und Modulen unterschiedlich, heißt es bei Brandmaker. Prozessübergreifend gehörten zum Einen externe Kosteneinsparungen etwa bei Agenturen, in der Produktion oder der Logistik zu den wichtigsten Erfolgskennziffern und zum Anderen interne Effizienz-Steigerungen wie weniger Reibungsverluste, mehr Zeit für die wirklich wertschöpfenden Marketing-Aufgaben oder eine höhere Qualität in der Kommunikation.

Aus Sicht von Ravinia hängen Erfolgskennziffern von der besprochenen Unternehmensstrategie und der Art der Kampagne ab. Je nachdem, ob der Umsatz oder die Marke im Vordergrund stehen soll, müssten der Kampagne entsprechende Kennzahlen mitgegeben werden. Ravinia liefere zwar immer einige Kennzahlen mit, doch würden diese in der Regel von Unternehmen individuell angepasst. Winkens empfindet vor allem die Konfigurierbarkeit der „Gate to Marketing“-Lösung als Vorteil: „Dass wir den Konfigurator mitliefern, hat auch einige große Kunden bewogen, unser System einzusetzen.“ Handlungsempfehlungen für alle wichtigen Delegationsinstrumente schlage zudem der integrierte „Gate Ratgeber“ vor.

Für Double Slash bildeten vor allem die Effizienz herkömmlicher und innovativer Marketingprozesse den Mittelpunkt des Optimierens. Dazu lassen sich in der Lösung individuelle Kennziffern, sogenannte KPIs, mit denen sich die Wirkung von Marketingkampagnen messen lässt, realisieren. Laut Mayer wird die Projektmitwirkung da zum Teil mit einbezogen: „Wir automatisieren nicht die Kreativität und auch nicht die Strategie, sondern den administrativen Teil im Marketing.“ Bei einer neuen Marketingaktion ließen sich Prozesse im Vergleich zu vorherigen beschleunigen, ohne dass Mitarbeitern mehr Stress verursacht würde, und sinke auch die Fehleranfälligkeit. Darüber hinaus könne die Lösung Marketingverantwortlichen den Druck zu berichten nehmen, weil sie plötzlich belegen könnten: „Ich habe 100 000 Euro ausgegeben und kann auch sagen, warum es sinnvoll war.“

MRM entwickelt sich zu einem Megatrend

Das große Potenzial von MRM bestätigen inzwischen auch Analystenstudien, beispielsweise von TM Capital, nach der MRM das am schnellsten und am nachhaltigsten wachsende Segment im Bereich Unternehmenssoftware ist. Doch wie sieht die Zukunft von MRM aus? „MRM wird sich zu allererst als eigene Business-Software-Kategorie neben ERP und CRM etablieren. Marketers werden immer stärker ihr Recht einfordern, mit speziellen Marketing-Lösungen bedient zu werden, die ihren Prozessen entsprechen, anstatt zwischen ERP und CRM eingepfercht zu werden“, prophezeit Holzer.

Was die Marktentwicklung betreffe, würden die führenden Analystenhäuser bis 2015 mit einem hohen zweistelligen Wachstum rechnen. „Dabei wird die Bedeutung von SaaS als Delivery-Modell in Europa deutlich steigen und meiner Meinung nach in fünf Jahren schon knapp 50 Prozent des Marktes ausmachen“, unterstreicht der CEO von Brandmaker. Darüber hinaus würden sich Anbieter durchsetzen, die die kreative Wertschöpfungskette ganzheitlich betrachten, da es für die Kunden viel komfortabler und wirtschaftlicher sei, mit einer ganzheitlichen Lösung zu arbeiten, als an jedem Prozessschritt eine Schnittstelle oder Systemintegration schaffen zu müssen. Zudem entspreche dieser ganzheitliche Ansatz dem Usability-Gedanken der „Generation iPhone“. Insgesamt werde sich der Lösungsmarkt stark konsolidieren. Laut einer Zipcon-Studie gebe es derzeit allein für Web-to-Print in Deutschland mehr als 80 Anbieter – in fünf Jahren werden das vielleicht noch drei oder vier sein.

„Da der Trend bereits heute immer mehr zu Online-Systemen geht, wird es wohl so kommen, dass man in Zukunft nur noch per Browser arbeiten möchte“, unterstreicht Winkens. Momentan täten sich da insbesondere dezentral organisierte Firmen noch schwer, weshalb Ravinia ermögliche, den Server zur Verfügung zu stellen, um Online-Kampagnen per Browser fahren zu können. Dass auf mobilen Geräten Benachrichtigungsfunktionen vorhanden sind, wird bestimmt auch zunehmend gefragt sein. Die mobile Welt mit zu bedienen und das System unterwegs zu nutzen, werde jedoch erst interessant, wenn Bildschirme so groß seien wie beim iPad. „Wir wollen ja abrufen, wie es mit der Planung aussieht, was in Excel-Charts vielleicht noch erkennbar ist, womit sich zeitliche Verläufe aber schlechter überblicken lassen“, sagt Winkens. Für die Transparenz des eigenen Systems bräuchten Unternehmen definitiv ein Datenbank-basiertes System. Derzeit müsse viel mehr auf Effektivität und Effizienz einer Kampagne geachtet werden als das noch vor ein paar Jahren der Fall war.

„Marketingprozesse enden nicht an Softwaregrenzen“, bekräftigt Mayer. Aus Sicht von Double Slash ist es wahrscheinlich, dass es sich zu einem Megatrend entwickeln wird, Adressaten des Marketings nicht mehr von den Mitarbeitern zu unterscheiden. Mitarbeiter im zentralen Marketing, in Ländergesellschaften, Tochtergesellschaften und Agenturen sowie den Handelsorganisationen – sie alle werde man als „Marketing Community“ verstehen, die miteinander kommuniziert. „Heute begreift man die Marketing-Community oft als eine Online-Wolke, die mit Unternehmen gar nichts zu tun hat, á la wir sind das Marketing und da ist der Markt“, stellt Mayer fest. Der Kommunikationsgedanke sollte aber vielmehr sein, dass die eigenen Mitarbeiter und der Markt als Community agieren.

www.brandmaker.com
www.doubleslash.de
www.ravinia.de

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