Markenwert immer wichtiger für Kundengewinnung

Jeder zweite Konsument weltweit hat seine Entscheidung über die Marke, die er einkaufen wird, bereits vor dem eigentlichen Akt des Kaufens getroffen. In Deutschland sind es „nur“ 48 Prozent entschiedene Käufer, die zu ihrem ursprünglichen Plan stehen und exakt diese Marke auch erwerben. Lediglich acht Prozent wurden während ihres Einkaufes „unterbrochen“ und haben schließlich eine andere Marke gekauft
Für Kunden ist der Warenkorb ein wichtiges Thema beim Einkaufsprozess. Wie können Onlinehändler diesen optimieren?

„Der Aufbau des Markenwerts ist der Schlüssel und der beste Weg, diese Käufer zu gewinnen“, sagt Eszter Juhász, Director Retail & Shopper bei TNS Infratest. Das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen hat eine neue Version der Studie „Connected Life“ erarbeitet, für die weltweit mehr als 60.000 Onliner befragt wurden. Sie zeigt, vor welchen Herausforderungen herkömmliche Händler stehen.

Die große Gruppe der vorab „entschiedenen“ Käufer gilt es laut Juhász darin zu unterstützen, möglichst schnell das zu finden, wonach sie suchen. Eine gute Erfahrung mit der Marke und ihrem Standort führe zu Wiederholungskäufen. Juhász betont: „Brandmarketing erhöht den Anteil der Käufer, die sich schon vorab für die Marke entschieden haben. Ein darauf ausgerichtetes Shopper-Marketing rundet den Kauf am Point of Sale ab.“

Häufig besteht aber auch die Möglichkeit, Käufer dazu zu bewegen, ihre Meinung zu ändern: Knapp die Hälfte aller deutschen Shopper sind bei ihrem Einkauf „offen“ in Bezug auf die Markenauswahl. „Gute Angebote und Incentives zur rechten Zeit – egal, ob online oder im stationären Handel – sind genauso entscheidend bei der Überzeugung von unentschiedenen Käufergruppen wie das Anregen von Impulskäufen“, erläutert Juhász.

Erst die (Online-) Recherche, dann der Einkauf

75 Prozent der Shopper in Deutschland und 84 Prozent weltweit sagen, dass sie in irgendeiner Form vor ihrem Einkauf recherchieren. 59 Prozent der deutschen Shopper recherchieren vor ihrem Einkauf online, 49 Prozent tun dies offline, eine Schnittmenge praktiziert beides. Damit sind die Onlinehändler bei der Einflussnahme auf die Kaufentscheidung der Konsumenten im Vorteil. In den Altersgruppen gibt es nur leichte Unterschiede: Die 16- bis 24-Jährigen recherchieren in circa drei Informationsquellen vor dem Einkauf, im Vergleich zu 2,5 Quellen bei den 55- bis 65-Jährigen.

Dies gilt nicht nur für kostspielige Anschaffungen wie Autos, Flüge, Technik, Reisen und Finanzdienstleistungen, sondern auch für alltägliche Produkte wie Duschgel, Kosmetik, Windeln oder Tierfutter. Eine überraschend hohe Anzahl deutscher Shopper überträgt diesen Rechercheansatz, der zuvor eher für hochpreisige Produkte galt, auf den Einkauf preiswerter, alltäglicher Einkäufe. 49 Prozent der Shopper sagen, dass sie vor ihrem Einkauf von Körperpflegeprodukten wie Gesichtspflege, Parfüms und Kosmetika recherchieren. 67 Prozent für Babypflegeprodukte und 41 Prozent für Hygieneartikel, wie zum Beispiel Deodorant und Duschgel.

„Herkömmliche Händler haben zunehmend das Problem, mit dem wachsenden automatisierten Händlererlebnis Schritt zu halten. Das wiederum kann bedeuten, dass es zukünftig zu einem Rückgang der Impulskäufe im Geschäft vor Ort kommen kann“, sagt Juhász. Gegenwärtig würden neue Business Modelle entwickelt, die es Marken erlauben, direkt an den Konsumenten zu verkaufen, was wiederum den Offline-Handel vor neue Herausforderungen stelle.

Dramatische Veränderungen

In Deutschland recherchieren Shopper ihren potenziellen Einkauf an durchschnittlich drei (2.6) Touchpoints, bevor sie eine endgültige Entscheidung treffen. Fast die Hälfte dieser Touchpoints (1.6) sind online. Käufer in Großbritannien zeigen den gleichen Trend während es in Frankreich eine geringere Anzahl von Touchpoint-Kontakten gibt (2.3, 1.3 davon online).

Konsumenten in Lateinamerika und in den entwickelten und Schwellen-Ländern Asiens neigen dagegen häufiger dazu, deutlich mehr Informationsquellen zu recherchieren, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen. Malaysia verzeichnet mit 7.1 Kontakten an verschiedenen Touchpoints (4.1 davon online) die weltweit wohlüberlegtesten Shopper. Im Vergleich dazu werden in der Türkei (1.9) und Südafrika (2.0) insgesamt die wenigsten Informationsquellen herangezogen.

„Es ist für den Shopper quasi unmöglich, die vielen Wahlmöglichkeiten, die er in jeder Kategorie hat, nicht wahrzunehmen. Richtigerweise ist die Liste der ‚Favoriten‘ das Ziel der meisten Marken, aber der Kampf um diese Plätze findet auf mehr Ebenen statt, als wir das jemals zuvor beobachten konnten“, erläutert Konsumforscherin Juhász. Die dramatische Veränderung der Einkaufsgewohnheiten, sowohl online als auch offline, zwinge Markenhersteller und Händler dazu, sich schnell daran anzupassen, wie die Menschen weltweit ihre Einkäufe tätigen.

Lust auf neue Produkte

Während viele deutsche Shopper mit einer vorentschiedenen, recherchierten Meinung an den Einkauf einer bestimmten Marke herangehen, zeigt die TNS Connected Life-Studie, dass es auch weiterhin große Lust auf neue Produkte gibt. Käufer auf sogenannter „Erkundung“ möchten Produkte entdecken, die ihren Bedürfnissen entsprechen. Diese Herangehensweise an den Kauf eröffnet den Marken ein großes Potenzial, speziell in FMCG und anderen Low Involvement Produktkategorien. Dieser Shopper-Typus ist am leichtesten zu beeinflussen, recherchiert häufig online und gibt am meisten aus.

„Markenhersteller und Händler müssen anfangen, Anbieter von Inhalten zu werden, die relevante Informationen an jedem einzelnen Punkt der Shopper Journey anbieten“, fasst Juhász die Erkenntnisse der Studie zusammen.