Markenexzellenz ist machbar

Nie war gute Markenführung so wichtig und gleichzeitig so schwierig wie heute. In einer zunehmend komplexen Handels- und Medienlandschaft sehnen sich Konsumenten nach Orientierung. Marken dienen ihnen als Wegweiser bei der Reise durch den Angebotsdschungel. Mehr noch: In Zeiten maximaler Auswahl und schwindender Differenzierung fordern Konsumenten Marken heraus, Teil ihrer Identität zu werden und sogar Sinn stiftend zu wirken.

Eine Herausforderung für Hersteller und Händler, große und kleinere Anbieter gleichermaßen. Marken müssen immer couragierter und kreativer bespielt werden, um Begeisterung und Leidenschaft zu wecken. Wem es heute gelingt, die wirklichen Beweggründe der Konsumenten zu verstehen, echte Innovationen zu schaffen, sich vom Wettbewerb abzuheben und dabei das Potenzial der Digitalisierung auszuschöpfen, wird nicht nur einen messbar besseren Marketing-Return-on-Investment (ROI) erzielen. Er wird mit langfristiger Treue seiner Kunden belohnt.

Zugegeben – das ist leichter gesagt als getan. Dennoch gibt es Wege, wie sich Markenexzellenz erreichen lässt, ohne dass die Aufwendungen hierfür sämtliche Budgets sprengen. Gute Markenführung ist stets eine Kombination aus Art, Science und Craft. Mit anderen Worten: Erfolgreiche Marken sind das Produkt kreativer Ideen, fundierter Analysen und erfahrener Praktiker, die für exzellente Umsetzung sorgen. Erst aus dem Zusammenspiel dieser drei Elemente entstehen starke Marken, die dauerhaft im Wettbewerb bestehen.

Kreative Botschaften, effektiv kommuniziert

Gute Markenbotschaften sind solche, die überraschen, weil sie anders sind als alles bisher Gesehene, die begeistern, weil sie Emotionen wecken, und die überzeugen, weil sie die praktischen Vorzüge der Marke vermitteln. Die erfolgreichsten Botschaften transportieren alles zusammen, gepaart mit einer klugen Kanalwahl und konsistenter Kommunikation. Globale Kampagnen wie McDonald’s „I’m loving it“, Apples i-Kult oder die Markenwelten von Nivea und BMW Mini zeigen, wie sich integriertes Marketing über alle Kanäle langfristig auszahlt.

Das Internet eröffnet den Markenbotschaftern dabei noch einmal ganz neue Möglichkeiten. Denn Social Media wie Facebook, Twitter oder Youtube sind perfekte Kanäle, um Marken kreativ zu bespielen: Nike unterhält mit nikeplus.com eine weltweite „Runners“-Community, Swarovski lässt User online Uhren designen, Volkswagen (VW) flankiert die Re“kult“ivierung seiner Erfolgsmarke GTI mit einer eigenen Racing-App – das digitale Netz macht’s möglich.

Wissen sammeln, Erfolge messen

Kreative Kampagnen helfen sehr bei der Markenbildung, doch sie sind kein Selbstzweck und erst recht kein Selbstläufer. Marken brauchen ein solides Fundament aus Daten und Fakten, damit sie über Jahre erfolgreich geführt werden können. Kundendaten wollen systematisch gesammelt und analysiert, Entscheidungen danach ausgerichtet und Marketingeffekte gemessen werden. Das Wissen über Kunden, Kampagnenerfolge und Renditen stets aktuell zu halten, ist sicher der aufwendigste Teil in der Markenführung.

Aber es lohnt sich. Nintendo kam erst durch die Analyse bislang vernachlässigter Zielgruppen zur Entwicklung der Wii-Konsole – und schrieb damit Markengeschichte. Modehersteller Zara installierte ein Rapid-Response-System, das aufkommende Trends über Scouts aufspürt, binnen Monatsfrist in die Filialen bringt und auf neue Kundenvorlieben am Point of Sale spontan reagiert. Das verschaffte Zara nicht nur beachtliche Markenbekanntheit, sondern auch einen klaren Vorsprung vor dem traditionell produzierenden Wettbewerb.

Marken zum Leben erwecken

Alle Kunst der Markenführung versagt indessen, wenn die Marke nicht aktiv gelebt und ihr Wertversprechen unzureichend umgesetzt wird. Die Kaffeekette Starbucks scheute selbst vor radikalen Maßnahmen nicht zurück, um ihr Markenversprechen einzulösen: Die hoch effektiven, aber seelenlosen Hightech-Vollautomaten wurden aus den Shops ebenso verbannt wie umsatzträchtige Merchandising-Artikel und warme Speisen – alles für den Rückgewinn der lauschigen Kaffeehausatmosphäre, wie Starbucks-Kunden sie mögen.

Schritte wie diese erfordern Mut, doch die Kunden honorieren es. Nach Jahren des „Geiz ist geil“ sind die Konsumenten zur Marke zurückgekehrt; man setzt wieder vermehrt auf Qualität, Premiumprodukte sind auf dem Vormarsch. Fest steht aber auch: Der Einzug des Internets in den Verbraucheralltag hat Kunden aufgeklärter und anspruchsvoller gemacht. Zum Markenprodukt greift der souveräne Konsument nur, wenn der Gegenwert ihn wirklich überzeugt. Im Spannungsfeld zwischen Preis und Premium werden auf Dauer nur die starken Marken überleben. Und die wollen stark geführt sein.

Über den Autor: Dr. Jesko Perrey ist Director im Düsseldorfer Büro von McKinsey & Company und Leiter der deutschen Marketing & Sales Practice sowie der weltweiten Branding & Marketing Spend Effectiveness Group.