Lernen von Asien: Wie man Marken durch eine Krise steuert

Die Corona-Krise hält die Welt in Atem. Während die Politik bereits die Exit-Szenarien für den Lockdown diskutiert, ist doch bereits so viel klar: Auch wenn die Beschränkungen zeitnah weiter gelockert werden sollten, die Folgen werden uns noch lange begleiten. Wie also können Marken mit möglichst geringem Kollateralschaden durch die Krise navigieren – und sogar gestärkt daraus hervorgehen?
Corona
Menschen befinden sich in ungewohnten Umständen. Umso wichtiger ist es für Marken, einfühlsam auf die neue Bedürfnislage einzugehen. Es ist Zeit für "Human first". (© James Pond (Unsplash))

Menschen haben mehr Vertrauen in Unternehmen als in Regierungen. Daraus folgt eine klare Erwartungshaltung gegenüber Unternehmen, eine wesentliche Rolle in der Lösung von globalen Problemen einzunehmen. Die aktuelle Krise wird so auch zu einem Moment der Wahrheit für Marken: Jetzt wird definiert, welche Rolle sie in der nächsten Dekade spielen werden – für Mitarbeiter, Kunden, Partner und den Markt.

Die größte Herausforderung im Umgang mit der Corona-Krise ist ihre dynamische Entwicklung, gepaart mit anhaltender Ungewissheit. „Tastend agil“, so kann man aktuell wohl die meisten Unternehmensstrategien beschreiben. Asien ist Europa ein paar Wochen voraus, was die Entwicklung der Corona-Pandemie angeht. Seit einigen Tagen stehen dort nun die Zeichen auf Erholung: Die Quarantänebestimmungen im chinesischen Alltag werden langsam gelockert, in Fabriken und Unternehmen rollt die Produktion wieder an. Es lohnt sich also, einen Blick nach China zu werfen und einige Learnings aus den Entwicklungen während und nach dem dortigen Lockdown zu ziehen.

Planung über alle Zeithorizonte

Die dynamische Entwicklung von Krisen macht es so gut wie unmöglich, den regulären Strategie- und Planungszyklen weiter zu folgen. Dennoch bleibt es unabdingbar, nicht nur die nächsten Tage oder Wochen im Blick zu behalten, sondern sowohl kurz- und mittel- als auch langfristig zu denken. Im Jetzt gewinnen, zugleich mittelfristig notwendige Aktivitäten vorbereiten und die Transformation für die Zukunft einleiten – mit diesem Dreiklang kann es Unternehmen gelingen, erfolgreich durch die Krise zu navigieren.

Für Marken, die nicht nur reden, sondern aktiv einen Beitrag leisten, kann die Krise sogar zum Turning Point auf dem Weg zur Love Brand werden.

Die Vergangenheit zeigt: Unternehmen, die neue Geschäftsmodelle bereits während der Krise entwickelt und sich früh mit strategischen Investitionen Wettbewerbsanteile erobert haben, haben sich nach einer Krise deutlich schneller erholt. So hat Alibaba während der SARS-Epidemie den B2C Marketplace Taobao entwickelt, der innerhalb von zwei Jahren eBay überholte und zur Nummer eins in China aufstieg.

Menschen und Werte im Fokus

In Krisen spielen Zielgruppenbedürfnisse eine noch größere Rolle als sonst. Menschen befinden sich in ungewohnten Umständen, sind neuen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Umso wichtiger ist es für Marken, einfühlsam auf die neue Bedürfnislage einzugehen. Es ist Zeit für „Human first“. Aber nicht nur die smarte Reaktion auf veränderte Bedürfnisse ist jetzt wichtig. In Krisenzeiten kommen die Wertgefüge von Unternehmen ganz besonders auf den Prüfstand. Marken, die klare Werte haben und diese glaubwürdig kommunizieren, können mit der Sympathie der Verbraucher rechnen. Und für Marken, die nicht nur reden, sondern aktiv einen Beitrag leisten, kann die Krise sogar zum Turning Point auf dem Weg zur Love Brand werden.

Ein aktuelles Beispiel aus Asien ist KFC: Der Fast-Food-Riese hat nicht nur schnell kontaktlose Lieferung ermöglicht, sondern sein Angebot auch auf die Zubereitung für zuhause umgestellt. Zudem hat sich KFC an Hilfsmaßnahmen beteiligt und die Kommunikation auf Mitarbeiter- und Lebensmittelsicherheit fokussiert.

The Day after Corona: eine neue Realität

Über die Zeit nach Corona gibt es bereits viele Spekulationen – sozialer, bewusster, nachhaltiger oder lebensbejahender. Klar ist bereits heute: Die Normalität, zu der wir zurückkehren, ist geprägt von dauerhaften Veränderungen, sowohl in der Einstellung als auch im Verhalten der Menschen. Die Art, wie Konsumenten einkaufen, wird sich genauso verändern wie die Anforderungen an Produkte.

Während der Corona-Krise haben Menschen sich intensiv mit neuen Technologien auseinandergesetzt, anders konsumiert und gearbeitet. Diese „Technology Transformed Consumption“ wird nachhaltige Auswirkungen auf Produktentwicklung, Vertrieb und Marketing haben. Und nicht zuletzt viele Unternehmen dazu zwingen, ihre Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen. Doch das birgt echte Chancen: Wer bereits jetzt seine Agilität, Kreativität und Innovationskraft nutzt, um gewisse Trends zu antizipieren und neue Lösungen zu entwickeln, kann sich einen echten Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Diese Kolumne entsteht in Zusammenarbeit mit dem Gesamtverband der Kommunikationsagenturen (GWA). GWA-Präsidentin Larissa Pohl (Wunderman Thompson Germany) und die Vorstandsmitglieder Isabelle Schnellbügel (Ogilvy) sowie Roland Bös (Scholz & Friends) schreiben hier regelmäßig für die absatzwirtschaft zum Thema Kunde-Agentur-Beziehung.