Konsumklima zeigt mehr Schatten als Licht

Schlechte Wirtschaftsdaten und hohe Arbeitslosigkeit halten die Länder Europas weiterhin in Atem. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist noch nicht ausgestanden, auch wenn einzelne Länder den Tiefpunkt der Rezession überschritten haben. Die Ergebnisse der Studie „Konsumklima Europa“ der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) geben einen Überblick über die Entwicklung von Konjunktur- und Einkommenserwartung sowie der Anschaffungsneigung der Konsumenten in zwölf europäischen Staaten.

Die Diskussionen in der Europäischen Union wurden auch im zweiten Quartal 2013 durch die Finanzkrise bestimmt. Dabei ging fast unter, dass die Union seit dem 1. Juli mit Kroatien ein neues Mitglied hat. Inzwischen steigt jedoch die Hoffnung auf ein mittelfristiges Ende der Finanzkrise in den europäischen Staaten. Zwar befindet sich die Euro-Zone weiterhin in der Rezession. Im Vergleich zum vierten Quartal 2012 hat sich die Wirtschaft jedoch etwas erholt. In allen Ländern der Euro-Zone verbessern sich die Werte im Frühwarnsystem des Einkaufsmanagerindex vom Markit Institut deutlich. Der Einkaufsmanagerindex gilt als besonders verlässlicher Frühindikator.

Deutsche Konjunktur von Hochwasser beeinträchtigt

Auch auf Deutschland hat die Finanzkrise inzwischen Auswirkungen. So kam die Konjunktur Anfang des Jahres nur langsam in Schwung, Wachstumsimpulse kamen fast ausschließlich von den privaten Haushalten. Die Bundesbank senkte ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr auf 0,3 Prozent und erwartet für 2014 ein Plus von 1,5 Prozent. Die Exporte haben allerdings im April um 1,9 Prozent angezogen. Noch stärker erhöhten sich mit 2,3 Prozent die Importe, was auf eine starke Binnennachfrage schließen lässt. Bisher lässt sich konstatieren: Die Krise kostet (noch) keine Jobs, bringt aber mehr Arbeitssuchende ins Land.

Die Wirtschaft im Osten Deutschlands werden die großen Überflutungen im zweiten Quartal voraussichtlich mit minus 0,2 Prozent in der Rezession halten. Das wäre das fünfte Quartal in Folge. Das Hochwasser beeinträchtigt Landwirtschaft, Industrie und Baugewerbe. Betriebe können nicht produzieren, Geschäfte nicht öffnen, Restaurants keine Gäste empfangen. Das kostet derzeit Wachstum – allerdings nicht flächendeckend in ganz Deutschland. Der Wiederaufbau dürfte in der zweiten Jahreshälfte die Wirtschaft allerdings wieder wachsen lassen.

Konjunkturerwartung in Europa vielerorts gestiegen

In Deutschland, Italien, Großbritannien und Spanien glauben die Verbraucher mittelfristig offensichtlich an einen wirtschaftlichen Aufschwung zum Jahresende. In Osteuropa stagniert die Konjunkturerwartung auf niedrigem Niveau. Portugal (minus 43,0 Punkte) und Griechenland (minus 33,9 Punkte) kämpfen sich ganz langsam die Hoffnung auf einen Aufschwung zurück. In Griechenland erreichte der Indikatorwert im Mai mit minus 30,4 Punkten den höchsten Wert seit April 2010. Frankreich kämpft weiter mit dem Abschwung und muss wohl erst einmal harte Reformen durchstehen, bevor die Wirtschaft wieder wachsen kann. Entsprechend weist das Land mit minus 48,7 Punkten auch die geringste Konjunkturerwartung auf. Am positivsten beurteilen aktuell die Deutschen (1,1 Punkte), die Österreicher (minus 6,9 Punkte) und Bulgaren (minus 10,7 Punkte) die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Monaten.

In Italien ist der Indikator zur Konjunkturerwartung deutlich auf 9,3 Punkte gestiegen. Im Mai lag er noch bei minus 32,3 Punkten. Der Großteil dieser Erholung ist jedoch darauf zurückzuführen, dass einige methodische Änderungen in der Erhebung vorgenommen wurden. Somit sind die aktuellen Zahlen nicht wirklich mit den früheren vergleichbar. Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Italiener Hoffnung geschöpft haben. Die neue Regierung hat kürzlich verkündet, dass sie auf den harten Sparkurs verzichten und in diesem Jahr weder Steuererhöhungen noch weitere Einsparungen durchsetzen möchte. Die Bürger hoffen, dass die Wirtschaft so wieder genügend Anreize bekommt, um sich aus der Rezession herauszumanövrieren. Beispielsweise ist die Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Unternehmen deutlich gestiegen.

Auch in Spanien hegen die Verbraucher die Hoffnung, dass sich die Wirtschaft allmählich erholt und die harten Sparanstrengungen endlich nachhaltige Wirkung zeigen. Der Indikator liegt aktuell bei minus 24,4 Punkten. Das ist der höchste Wert seit Februar 2012. Bereits seit Monaten wird das Land von der Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds für seine Reformen und Sparanstrengungen gelobt. Doch die Rezession ist noch nicht überstanden. In diesem Jahr soll die Wirtschaftsleistung des Landes noch einmal um rund 1,5 Prozent zurückgehen – nach minus 1,4 Prozent im Jahr 2012. Die Verschuldung steigt weiter und die Regierung muss den harten Sparkurs noch lange durchhalten. Doch mit dem Sommer kommen auch die Jobs in der Tourismusbranche. Zwar liegt die Arbeitslosigkeit mit rund 27 Prozent auf einem Rekordwert. Im Mai haben sich aber deutlich weniger Menschen arbeitslos gemeldet als vermutet. Ganz Spanien hofft, durch eine gute Tourismussaison den Wirtschaftsabschwung ein wenig abzuschwächen.

Die portugiesische Regierung hat mit der Troika ein neues Sparprogramm erarbeitet, um die Konjunktur mittelfristig wieder zu beleben. Die Wochenarbeitszeit wird demnach von 35 auf 40 Stunden, das Rentenalter auf 66 Jahre erhöht. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, das Staatsdefizit bis Ende 2015 unter die von der EU vorgesehene Grenze von drei Prozent zu drücken. Trotz anhaltender Proteste gegen die Sparanstrengungen der Regierung glauben die Verbraucher offensichtlich, dass die Rezession mittelfristig überwunden werden kann. Allerdings ist die Konjunkturerwartung mit minus 43 Punkten nach wie vor extrem niedrig. Der Wert hat sich jedoch seit seinem zwischenzeitlichen Tief im September 2012 (minus 57,1 Punkte) etwas erholt und in den vergangenen Monaten stabilisiert. Die Tendenz zeigt leicht nach oben.

Einkommenserwartung stabilisiert sich auf schwachem Niveau

In den meisten Ländern stabilisiert sich die Einkommenserwartung der Verbraucher – allerdings auf noch schwachem Niveau. In Deutschland ist sie nach einer kleinen Delle im März wieder angestiegen. Lediglich in Frankreich fällt sie kontinuierlich ab. Hier erwarten die Verbraucher die stärksten Einkommenseinbußen. Mit minus 57,4 Punkten erreicht der Indikator den niedrigsten Wert. Etwas besser zeigen sich Portugal (minus 43,6 Punkte) und Griechenland (minus 41,4 Punkte). Mit steigenden oder zumindest stagnierenden Einkommen rechnen die Deutschen (36,2 Punkte), Tschechen (8,4 Punkte) und die Österreicher (minus 3,2 Punkte).

In Frankreich setzt sich zunehmen die Erkenntnis durch, dass tiefgreifende Reformen auf dem Arbeitsmarkt sowie in der Gesellschaft insgesamt notwendig sind, soll die Wirtschaft eine Chance haben, sich zu erholen. Die Regierung hat erst kürzlich ein neues Sparprogramm verkündet, mit dessen Hilfe sie in diesem Jahr die Neuverschuldung in den Griff bekommen und im nächsten Jahr sogar 1,5 Milliarden Euro weniger ausgeben möchte als noch 2013. Für die Bevölkerung bedeutet das höhere Steuer und Abgaben, längere Arbeitszeiten für das gleiche Geld, einen späteren Renteneintritt. Hinzu kommt, dass die Arbeitslosigkeit von Monat zu Monat auf neue Höchststände klettert. Aktuell sind 10,4 Prozent der Franzosen ohne Job. Folglich kennt die Einkommenserwartung der Menschen nur eine Richtung: nach unten. Im Mai erreichte sie mit minus 60,8 Punkten den tiefsten jemals gemessenen Wert. Im Juni ist der Indikator nur wenig gestiegen und liegt aktuell bei minus 57,4 Punkten.

Die Einkommenserwartung in der Tschechischen Republik hat sich seit Anfang des Jahres deutlich erholt. Lag sie im Januar noch bei minus 32,4 Punkten, ist sie aktuell bis auf 8,4 Punkte gestiegen. Wichtig für die Erholung des Indikators ist sicherlich die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in den vergangenen Monaten. So ist die Arbeitslosenquote seit März um 0,5 Prozentpunkte gesunken. Im Mai lag sie nach staatlichen tschechischen Angaben bei 7,5 Prozent. Ende Juni musste der Ministerpräsident Petr Necas wegen zahlreicher Skandale zurücktreten. Die Verbraucher setzen nun ihre Hoffnungen in eine baldige neue Regierung, die die notwendigen Reformen angehen muss. Außerdem plädiert der Internationale Währungsfonds dafür, dass das Land seinen bisher strikten Sparkurs verlässt und stattdessen Anreize für neues Wirtschaftswachstum setzt.

In Griechenland zeigen die harten Sparmaßnahmen allmählich Wirkung. Die Wirtschaft befindet sich zwar nach wie vor in der Rezession, doch die negativen Wachstumszahlen werden niedriger. Zudem greifen langsam die Reformen, die die Wirtschaft wieder wettbewerbsfähiger machen. Noch schlägt sich das zwar nicht in sinkenden Arbeitslosenzahlen nieder, doch die Urlaubssaison steht vor der Tür – und mit ihr rund 17 Millionen Touristen. So viele wie noch nie. Die Bürger machen sich somit berechtigte Hoffnungen, dass sich der Arbeitsmarkt zumindest über die Sommermonate verbessern wird. Ein weiterer Hoffnungsschimmer ist für die Griechen die Diskussion über einen erneuten Schuldenschnitt. Viele Experten gehen davon aus, dass das Land ohne diese Maßnahme langfristig nicht überleben kann. Diese verschiedenen Aspekte lassen die Verbraucher mit leicht steigenden Einkommen rechnen. Der Indikator liegt aktuell bei minus 41,4 Punkten und stabilisiert sich.

Anschaffungsneigung sinkt wegen drastischem Sparzwang

In den meisten europäischen Ländern müssen die Bürger nach wie vor ihr Geld zusammenhalten und sehr genau wirtschaften. Ausgabefreudig zeigen sich die Deutschen (36,5 Punkte), die Österreicher (11,6 Punkte) sowie die Bulgaren (2,6 Punkte). Drastisch sparen müssen hingegen die Italiener (minus 49,0 Punkte) die Portugiesen (minus 43,2 Punkte), sowie die Franzosen (minus 42,2 Punkte).

Als eine der wenigen Volkswirtschaften in Europa ist die britische im ersten Quartal gewachsen – laut der britischen Handelskammer um 0,3 Prozent. Für das gesamte Jahr 2013 wird mit einem Wachstum von 0,9 Prozent gerechnet. Andere Wirtschaftsexperten gehen sogar von einem höheren Wachstum aus. Dazu passt, dass der Einkaufsmanagerindex im Mai auf 51,3 Punkte gestiegen ist und somit wieder Wachstum signalisiert. Verschiedene Reformen der Regierung sollen die Wirtschaft weiter ankurbeln. Auch die Arbeitslosigkeit ist seit etwa einem Jahr weitgehend stabil. Aktuell liegt sie bei 7,8 Prozent. All dies führt dazu, dass die Briten wieder optimistischer in die Zukunft schauen. Zwar investieren die Verbraucher nach wie vor nicht gerne in werthaltige Produkte. Die Stimmung hat sich jedoch deutlich verbessert. Die Anschaffungsneigung hat sich von ihrem zwischenzeitlichen Tiefststand im August 2012 (minus 51,5 Punkte) auf aktuell minus 29,5 Punkte erholt. Das ist der höchste Stand seit Dezember 2010.

Nachdem sich die Anschaffungsneigung in Österreich bis Mai (24,1 Punkte) deutlich erholen konnte, ist sie im Juni auf 11,6 Punkte abgesackt. Ursache dafür sind die massiven Überflutungen, die vor allem Deutschland, die Tschechische Republik sowie Österreich Anfang Juni getroffen hatten. Das vollständige Ausmaß kann bisher noch nicht endgültig abgeschätzt werden. Doch vor allem die Tourismusgebiete müssen mit deutlichen Folgen rechnen. Betroffene Hotels und Restaurants können noch nicht wieder öffnen. Aber auch Firmen können nicht produzieren. Die Menschen müssen große Teile ihres Hausstandes ersetzen, ihre Häuser und Wohnungen zum Teil von Grund auf renovieren. Für andere Investitionen bleibt da kein finanzieller Spielraum. In der zweiten Jahreshälfte werden jedoch genau diese notwendigen Ausgaben die Wirtschaft stimulieren.

Auch eines der ärmsten Länder Europas hat weiterhin mit schwierigen Wirtschaftsdaten zu kämpfen. Zwar ist das Bruttosozialprodukt in Rumänien im ersten Quartal 2013 im Vergleich zum Vorquartal um 0,7 Prozent, im Vergleich zum Vorjahresquartal sogar um 2,6 Prozent gewachsen. Doch die Arbeitslosigkeit steigt weiterhin. Aktuell liegt sie laut Eurostat bei 7,5 Prozent. Auch die Inflation steigt. Mit derzeit 4,4 Prozent gehört sie zu den höchsten in Europa. Das wirkt sich auf die Anschaffungsneigung der Rumänen aus. Viele sind bereits auf Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten angewiesen. Wenn dann auch noch die Nahrungsmittelpreise steigen, trifft sie das besonders. Für mehr als das tägliche Leben reicht das Geld nicht aus. Der Indikator liegt dementsprechend tief – bei minus 22,5 Punkten.

(GfK/asc)