Motivation von Mitarbeitern funktioniert in der Krise anders

Das Hauptaugenmerk vieler Unternehmen in der Corona-Krise liegt zu Recht auf dem Überleben. Allerdings geraten dabei teilweise die Mitarbeiter in den Hintergrund, obwohl gerade die veränderten Maßnahmen wie Homeoffice eine andere Form der Kommunikation und des Austauschs erfordern.
Im Homeoffice ist jeder Mitarbeiter erstmal mehr oder weniger allein. Darauf sollten Arbeitgeber besonder eingehen. (© Imago)

Der Coronavirus stellt alle Menschen in Deutschland und in der Welt auf eine harte Probe. Die dadurch ausgelöste Krise ist die größte seit dem 2. Weltkrieg. Es gibt kaum Branchen in Deutschland, die davon nicht betroffen sind. So sehr die internationale Vernetzung der Wirtschaft weltweit Wohlstand und Wachstum getrieben hat, so sehr wird uns jetzt deren Schattenseite klar.

Durch die Vernetzung entstehen ungeahnte Abhängigkeiten, die ganze Systeme lahmlegen können. Es ist nicht nur eine Gesundheitskrise, es nicht alleine eine Wirtschaftskrise, es ist eine Krise, die das gesamte öffentliche Leben betrifft. Das öffentliche Leben steht still, ein Ende der Krise ist nicht in Sicht. Schätzungen bleiben vage, weil die Entwicklung des Virus auch vom Verhalten der Menschen abhängt. Vernunft und Solidarität sind gefragt und werden zu Recht gefordert.

Kühler Kopf und rationales Handeln wichtig, aber nicht ausreichend

Viele Unternehmen arbeiten hart daran, mit einem blauen Auge aus der Krise herauszukommen. Kosten sparen ist angesagt. Neue Formen der Zusammenarbeit auch: Viele Mitarbeiter arbeiten aus dem Homeoffice, für etliche ein Novum. Kurzarbeit wird für viele Unternehmen unvermeidlich oder ist schon im Gange.

Diese Entwicklung hat viele Manager kalt erwischt. Das Augenmerk des Krisenmanagements richtet sich auf die Sicherung des Unternehmenserhalts. Ein kühler Kopf ist gefragt. Die Erwartung eines V-kurvenförmigen Verlaufs mit einer Erholung im nächsten Jahr ist das Licht am Ende des Tunnels.

So sehr Manager durch ihr Handeln das Richtige tun, in dem sie sich auf das Management ihres Geschäftes konzentrieren, so sehr müssen sie allerdings auch ihre Krisenkommunikation im Auge behalten und dort die richtigen Weichen stellen. Und hier wird einiges auf den Kopf gestellt: Herkömmliche Krisen werden oft durch Unternehmen selbst ausgelöst oder betreffen nur bestimmte Unternehmen und Branchen. Entsprechend lag bei der Dieselkrise der Schwerpunkt auf externer Krisenkommunikation, die mehr oder weniger gut gemanagt wurde.

Krise erfordert Schulterschluss und richtige Kommunikation mit Mitarbeitern

Die durch das Coronavirus ausgelöste Krise erfordert hingegen, dass ein Hauptaugenmerk der Krisenkommunikation auf den eigenen Mitarbeitern liegen muss. Kunden beziehungsweise die Bevölkerung erfahren vieles aus anderen Quellen und können auch durch Unternehmen bei Bedarf auf dem Stand gehalten werden.

Warum ist ein Hauptaugenmerk auf die Mitarbeiter so wichtig? Ich möchte nur fünf wesentliche Aspekte dafür heranziehen, es gibt bei weitem mehr:

  1. Mitarbeiter umtreiben Ängste: die Angst um ihre Gesundheit, die Angst um ihren Arbeitsplatz, die Angst, ihre Familie ernähren zu können. Mitarbeiter haben Verpflichtungen, denen sie nachkommen müssen.
  2. Der Arbeitsmodus ändert sich für Mitarbeiter grundlegend. Homeoffice-Arbeit sind viele Mitarbeiter nicht gewöhnt. Selbst für die Mitarbeiter, die vereinzelte Home-Office-Tage schon genossen haben, kann eine längere Zeit im Home-Office mit zunehmenden Herausforderungen wie beispielsweise sozialer Isolation verbunden sein.
  3. In der Krise sind Mitarbeiter mehr gefordert als in Normalsituationen, allerdings fördert Angst nicht die Motivation, sondern lähmt eher das zielgerichtete Handeln. Zudem ist die Entkopplung von Kollegen auch nicht förderlich für eine zielorientierte Zusammenarbeit.
  4. Flurfunk, also die informelle Informationsweitergabe, wie sie in den meisten Unternehmen funktioniert, findet nicht mehr in dem Maße statt. Es entfällt ein weiteres Regulativ.
  5. Was bei der üblichen Arbeit im Kollektiv vor Ort auf dem schnellen Dienstweg geklärt und geregelt werden kann, weil Manager die Reaktionen und das Empfinden der Mitarbeiter spüren können, wird bei virtuellen Meetings und Austausch per Telefon schwierig. Am Telefon sind wir meist kurz und bei einer durchschnittlichen Zeit von fünf Minuten auf die Sache konzentriert. Auch bei virtuellen Meetings gehen wichtige nonverbale Kommunikationssignale schlicht verloren.

Manager sind somit gut beraten, die Kommunikation zu ihren Mitarbeitern nicht nur am Laufen zu halten, sondern systematisch zu gestalten und zu managen. Dazu fehlt es jedoch häufig an dem notwendigen Augenmerk, den notwendigen Kapazitäten und der notwendigen Erfahrung.

Fatal wäre, dem nicht im richtigen Maße Rechnung zu tragen. Allen Managern ist bekannt, wie positiv sich Motivation und Commitment von Mitarbeitern auf den Unternehmenserfolg auswirken. Dadurch werden Kräfte freigesetzt, um mit kreativen Lösungen auch schwere Krisen zu überstehen.

Das Maßnahmenpaket für bessere Mitarbeiterkommunikation

Was tun?

Ich sehe folgende Punkte, wie Unternehmen sicherstellen können, dass sie auf Tuchfühlung mit ihren Mitarbeitern bleiben und Motivation und Moral hochhalten:

  1. Perspektivwechsel: Manager und Unternehmen sind auf Sendung. Sie berichten über die Situation des Unternehmens und notwendige Maßnahmen. Das ist richtig und wichtig, reicht alleine aber nicht. Perspektivwechsel bedeutet, sich in die Situation und Rolle der Mitarbeiter zu versetzen. Mitarbeiter sind hier die wichtigsten Kunden Ihrer Botschaft. Sie müssen sie verstehen, um richtig sehen zu können.
  2. Raster entwickeln: Denken, Fühlen und Handeln der Mitarbeiter kann ein solches Raster sein. Es macht deutlich, dass es nicht nur um die Ratio, den Verstand geht, sondern auch um die Gefühlswelt der Mitarbeiter. Handeln hat wiederum zwei Perspektiven: das derzeitige Handeln der Mitarbeiter und das wünschenswerte Handeln der Mitarbeiter aus Ihrer Sicht. Somit geht es darum, zum einen zu erspüren, was Mitarbeiter denken und empfinden und zum anderen festzulegen, wie sie nach der Kommunikation denken, fühlen und handeln sollen.
  3. Neue Kanäle bespielen oder einsetzen: Sicherlich gibt es eine Vielzahl von Kanälen, die in Unternehmen bereits genutzt werden: das Intranet oder der Austausch digitaler Gruppen mit gemeinsamen Themen sind nur ein Beispiel dafür. Hier geht es somit darum, diese vorhandenen Kanäle wirksam zu bespielen, um Mitarbeiter über das Geschehen auf dem Laufenden zu halten. Zudem sind Austauschplattformen und Q&As einzurichten und zu betreuen. Ebenso wichtig ist allerdings das Einüben und die ständige Optimierung neuer Formen des Austauschs und der Zusammenarbeit.
  4. Rituale auch virtuell weiterleben: Regelmäßige Kaffeepausen, gemeinsamer Mittagstisch, Meetings und Treffen am Kaffeeautomaten lassen sich auch virtuell etablieren, wenn man will. Sie sollten dies nur nicht alleine den Mitarbeitern überlassen, sondern aktiv angehen.
  5. Sich zeigen: Mitarbeiter orientieren sich am Top-Management und an ihren direkten Vorgesetzen. Diese müssen sich regelmäßig zeigen, einen Bericht zur Lage geben und Zuversicht verbreiten, aber glaubwürdig: Ein schlechtes Beispiel war die Kommunikation des niederländischen Regierungschef in einem Supermarkt, in dem dieser fröhlich wie in einem Slapstick zeigte, dass sich die Kunden um Nachschub keine Sorgen machen müssen. Nehmen Sie sich den Fernsehauftritt von Angela Merkel zum Vorbild. Das war glaubwürdig und der Lage angemessen und zeugte dennoch von tiefer Zuversicht.
  6. Frequenzen festlegen: Wie bei jeder Kommunikation müssen sich Manager Gedanken darüber machen, in welchen Abständen wer mit den Mitarbeitern zu welchen Themen kommuniziert. Zu viel ist hier genauso schlecht wie zu wenig. Sicherlich gibt es auch nicht ständig Neues zu berichten. Dennoch gilt es, für das gute Gefühl auf Tuchfühlung mit Mitarbeitern zu bleiben.
  7. Community-Building fördern: Zusammen geht mehr. Das „Füreinander da sein“ ist zu ritualisieren. Hier gilt: virtuelle Gruppen helfen dem Austausch. Sie fördern das Gemeinschaftsgefühl.
  8. Transparenz ist gut, zu viel Transparenz ist schlecht: Es gibt kein völlig transparentes Unternehmen und das ist auch gut so. Bestimmte Sorgen und Nöte sollten in der Chefetage bleiben. Somit ist es von herausragender Bedeutung zu überlegen, was man wie an wen in welcher Reihenfolge zu welchem Zweck kommunizieren möchte. Die alte Lasswell-Formel hilft hier beim Strukturieren. Was Sie wie kommunizieren hängt von der Zielorientierung und der Gefühlslage Ihrer Mitarbeiter ab.

Ist das einfach? Nein. Aber es ist aus meiner Sicht alternativlos, weil Ihre Mitarbeiter das wichtigste Gut Ihres Unternehmens sind. Sie sollten diese entsprechend berücksichtigen und behandeln. Auch wenn Sie jetzt als Manager von Ihren Kräften her inhaltlich mehr gefordert sind, Ihr Unternehmen bestmöglich aus der Krise zu steuern. Aber gerade dabei brauchen Sie den Einsatz Ihrer Mitarbeiter. Es geht nur miteinander und füreinander.

Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch ist Gründer der Unternehmensberatung „Esch. The Brand Consultants“ und lehrt als Universitätsprofessor an der EBS Universität.