Karstadt & Co sterben aus: Wie Traditions-Kaufhäuser die junge Zielgruppe wieder erreichen

Discounter wie Lidl und Aldi Süd oder große Einzelhändler wie Tchibo verjüngen sich durch Kampagnen mit prominenten Markenbotschaftern wie jüngst mit Heidi Klum. Einkaufszentren wie die Mall of Berlin locken mit emotionalen Event-Erlebnissen, Promis und hippen Pop-Up Stores. Traditions-Kaufhäuser wie Karstadt & Co. sind davon meilenweit entfernt und müssen daher endlich umdenken.
Immer noch beliebt. Aber bei der älteren Zielgruppe. Die jüngeren meiden Traditions-Kaufhäuser (© Kaufhof 2016)
Von Gastautor Henner Mamane, Geschäftsführer Agentur Think Out of The Box

Discounter wie Lidl und Aldi Süd oder große Einzelhändler wie Tchibo verjüngen sich durch Kampagnen mit prominenten Markenbotschaftern wie jüngst mit Heidi Klum, der US-Sängerin Anastacia oder Schlagerstar Helene Fischer. Einkaufszentren wie die Mall of Berlin locken mit emotionalen Event-Erlebnissen und hippen Pop-Up Stores. Die US-Shoppingmall The Grove hat sogar eine Kleinstadt eigens für das Shopping-Erlebnis geschaffen, in der jedes Detail durchdacht ist und den Besuchern sogar ein Kino im Art Deco Stil geboten wird. Traditions-Kaufhäuser wie Karstadt & Co. brauchen auch endlich kreative Konzepte, um ihr angestaubtes Image aufzupolieren und die junge, zahlungskräftige Zielgruppe der 20- bis 40-jährigen zu aktivieren.

Potential des deutschen Handels

Deutschland ist noch immer die größte Volkswirtschaft Europas mit einer enormen Kaufkraft. Allerdings fehlen in Deutschland Luxus-Käufergruppen, wie sie in Hauptmetropolen wie Paris, London, Mailand mit wohlhabenden Touristen aus dem arabischen oder asiatischen Raum vertreten sind. Die britische Kaufhauskette Marks & Spencer bspw. erzielte allein 2016 mit rund 10,8 Mrd Euro mehr als dreimal so viel Umsatz wie der deutsche Spitzenreiter Kaufhof (2,8 Mrd Euro). (Quelle: Marks & Spencer, EHI Retail Institute) Daran sieht man deutlich, dass traditionelle Kaufhäuser in Deutschland großes Potenzial haben, welches jedoch auch entsprechend gehoben werden muss.

Modell des traditionellen Kaufhauses stirbt aus

Das Modell „Kaufhaus“ ist in die Jahre gekommen. Unterschiedliche Marken werden ideenlos auf der Fläche präsentiert oder in einem „Shop-in-Shop”-System angeboten. Zielgerichtete Aktionen finden dort nicht statt. Anders sieht es in einem Einkaufszentrum aus, in dem die Stores untereinander konkurrieren. Dieses profitiert von der Vielfalt und Kreativität seiner Betreiber, die ihre Markenshops aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs individuell inszenieren müssen. Zusätzlich muss der Mall-Betreiber seine Eigenmarke pushen, da er in Konkurrenz zu anderen Einkaufszentren steht und eine möglichst hohe Frequenz und Kaufkraft erreichen will. Für den Konsumenten ist die Entscheidung leicht: Die Mall bietet die größere Auswahl und gleichzeitig den höheren Unterhaltungswert.  Umso wichtiger ist es für große Kaufhäuser wie Karstadt & Co, ihre Kunden richtig anzusprechen und den Erlebnisfaktor zu vergrößern.

Emotionalisieren und Erlebnisse schaffen

Denn Einkaufen lebt heutzutage zum Großteil von der Emotionalisierung, vor allem im Konkurrenzkampf mit dem Online-Handel. Kaufhäuser müssen raus aus der grauen Masse, die Marken mehr zum Leben erwecken und Emotionen schaffen. Das Einkaufen muss zu einem Erlebnis werden, und die Marken müssen sich vor Ort inszenieren können. Das bedeutet Aufwand und ist zunächst ungewohnt. Brands die bisher nur in Mono-Label Stores ihre Markenwelt inszeniert haben, müssen das auch in Kaufhäusern aufbauen können. Auch wenn das zur Konsequenz hat, am Ende weniger Marken anzubieten, dafür die vorhandenen aber präsenter, emotionaler und weniger austauschbar. Dafür muss ein Learning sowohl auf Seiten der Marken als auch der Kaufhäuser stattfinden.

Kaufhäuser verlieren ihre Beratungskompetenz

Ein weiteres Thema ist Convenience. Wieso nicht dem Käufer die Ware gesammelt zum Auto bringen? Wieso nicht das Parkhaus kostenlos machen? Wieso nicht mehr Style-Beratung vor Ort anbieten? Wie kann es sein, dass Modelle wie Outfittery online funktionieren, aber stationär nicht? Kaufhäuser verlieren eine ihrer größten USPs, nämlich die personalisierte Beratungskompetenz.

Jede Marke für sich betrachten

Kaufhäuser müssen erkennen, dass jede Marke oder zumindest jede eigene Abteilung eine Einheit für sich ist. Mit eigenem Potential, Umsatz zu erreichen und Käufer anzuziehen. Wenn das am Ende aufs gesamte Endergebnis einzahlt, umso besser. Wer sich allerdings ausschließlich als Gesamtkonstrukt sieht, geht in der Masse unter. Konkurrenz belebt auch im Kaufhaus das Geschäft. Wieso also nicht in der Küchenabteilung Live-Cooking mit einem Celebrity Koch anbieten, gesponsert von Miele? Das zieht Käufer an, ist ein Happening und nicht nur imagefördernd, sondern erhöht sogar unmittelbar den Absatz. Davon profitieren auch andere Marken im Sortiment. Und wieso nicht gleichzeitig eine Autogrammstunde in der Sportabteilung mit einem Spieler des lokalen Bundesligisten veranstalten? Auch das zieht seine eigenen Käufer an und bedient die Zielgruppe. Oder ein Model-Contest in der Unterwäsche-Abteilung mit Lascana. Eine Mitmach-Aktion, bei der Damen Rabattaktionen gewinnen können und zudem einen Model-Vertrag. Das Ganze unter Anleitung von Celebritys und Influencern wie Rebecca Mir oder Sylvie Meiss. Alle diese Möglichkeiten bieten für die Zielgruppe mehr Aktionen, mehr Interaktion, mehr Emotionen, mehr Viralität, mehr Branding. Und muss nicht einmal teuer sein. Es ist möglich, solche Aktionen mit den Partnern aus dem eigenen Haus zu refinanzieren. Abgesehen davon, dass sie imagefördernd für das gesamte Kaufhaus sind und Traffic und Umsatz generieren.

Fazit

Traditions-Kaufhäuser müssen erkennen, dass die Konkurrenz durch Online-Handel und Shopping Malls nicht schläft. Dennoch ist die Idee eines großen Kaufhauses an sich nicht aus der Mode gekommen. Aber Mode verändert sich. Und geht mit der Zeit.

Zum Autor: Henner Mamane ist Geschäftsführer der Berliner Celebrity-Marketing-Agentur „Think Out Of The Box”. Als Kreativagentur für Celebrity Marketing arbeitet thinkOOTB mit einer großen Anzahl an internationalen und nationalen Celebrities und deren Managements zusammen. thinkOOTB hilft zahlreichen Unternehmen, authentisch mit Talenten assoziiert zu werden, um die Aufmerksamkeit zu steigern und das Marken-Image zu formen oder zu manifestieren.