Justizminister Maas erhöht Druck auf Web-Giganten: „Facebook und Twitter in Haftung nehmen“

Hass-Postings, Kostenloskultur, Machtmissbrauch – für Bundesjustizminister Heiko Maas haben all diese Dinge nichts im Netz zu suchen. "Wenn die Unternehmen ihrer Verantwortung nicht gerecht werden, werden wir Konsequenzen ziehen", droht der SPD-Politiker nun in einem Interview mit dem Handelsblatt. Und bringt neue Regeln für Facebook, Twitter und Google ins Spiel.
Bundesjustizminister Heiko Maas (Foto) will Internetriesen wie Facebook im Zweifeln in Haftung nehmen

In dem Gespräch mit der Wirtschaftszeitung bemängelt der SPD-Politiker, dass Facebook, Twitter und Google nicht genügend Verantwortung übernehmen würden. Allerdings erklärt er auch, was passiert soll, wenn die Konzerne nicht schon bald damit anfangen. Seine wichtigsten Aussagen:

1. Die Auseinandersetzung mit den Netzgiganten muss schärfer geführt werden.

Vor allem, wenn, wie im Fall von Apple, Irland noch nicht einmal die Steuern eintreiben will. Die Art und Weise, wie Staaten solche Unternehmen behandeln, ist durchaus verbesserungsfähig. (…) Dass man sich mit der Frage auseinandersetzt, wie einige wenige internationale Konzerne eine marktbeherrschende Stellung einnehmen, halte ich für absolut überfällig. (…) Wenn ein Suchmaschinenanbieter wie Google in Deutschland 95 Prozent des Suchmaschinenmarkts beherrscht, dann sollte das schon unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten überprüft werden. (…)

2. Umsonst-Kultur und Marktmissbrauch – nicht mit einem EU-Leistungsschutzrecht.

Aber wir sollten bald Bilanz ziehen, ob die kartellrechtlichen Grundlagen wirklich ausreichen, um zu verhindern, dass die Marktmacht von Google oder anderen Unternehmen nicht letztlich auch zu Marktmachtmissbrauch führt. (…) Es gibt ja durch das Leistungsschutzrecht gesetzliche Grundlagen. Die lösen allerdings kein Problem. (…) Ich halte es für richtig, die grundsätzliche Frage, wie wir für mehr Gerechtigkeit im Netz sorgen können, auch auf europäischer Ebene anzugehen.

3. Hass hat auch im Netz nichts zu suchen.

Einige scheinen zu glauben, das Internet sei ein rechtsfreier Raum. (…) Wer sich im Internet äußert und dabei die Grenzen der Strafbarkeit überschreitet, wird genauso verfolgt und zur Rechenschaft gezogen wie in der analogen Welt. Beleidigungen, Bedrohungen, Aufforderung zu Straftaten oder Volksverhetzung gehören genauso wenig ins Netz wie auf die Marktplätze.

4. Facebook, Twitter und Google müssen bei Hass-Kommentaren härter durchgreifen…

Wir haben festgestellt, dass, wenn Organisationen wie jugendschutz.net Hasskommentare an Facebook melden, strafbare Einträge relativ schnell gelöscht werden. Wenn aber normale Nutzer etwas melden, werden bei Twitter nur ein Prozent und bei Facebook 46 Prozent gelöscht. (…) Die sozialen Plattformen müssen ihre eigenen Kunden deutlich ernster nehmen. Nächstes Jahr ziehen wir abschließend Bilanz. Wenn die Unternehmen bis dahin ihrer Verantwortung nicht gerecht werden, werden wir entsprechende Konsequenzen ziehen.

5. …sonst muss es der Rechtsstaat tun.

In einem ersten Schritt sollten wir dann darüber nachdenken, die sozialen Netzwerke zu mehr Transparenz zu verpflichten. Sie müssten dann jährlich veröffentlichen, wie viele Beschwerden zu illegalen Hasskommentaren es gegeben hat und wie sie damit umgegangen sind. (…) Wenn strafbare Inhalte nicht noch konsequenter gelöscht werden, müssen wir darüber nachdenken, Facebook und Twitter in Haftung zu nehmen, wenn sie strafbewehrte Inhalte trotz Hinweisen nicht löschen. Dieses Damoklesschwert schwebt über den Betreibern der sozialen Netzwerke. Und sie haben jetzt noch Zeit zu beweisen, dass es ohne eine gesetzliche Pflicht geht.