Integri, Integra, Integralalla…

Kein Kongress ohne sie auf der Themenliste, kein Award ohne den Versuch, sie auszuzeichnen, kein chices Marketingtool ohne sie im Focus zu haben: die Rede ist von Marketing-Deutschlands Lieblingskind, der integrierten Kommunikation. Die Absicht ist löblich: Zusammenspiel aller kommunikativen Kräfte unter Erzeugung hoher Selbstähnlichkeit der Marke, egal in welchem Kanal und mit welchem Ziel sie gerade antritt. Also eine optimale Ausnutzung des Markenpotentials in den Herzen und Köpfen der jeweiligen Zielgruppen. Die Realität sieht anders aus.

Gute TV-Ideen, vergewaltigt zum „integrierten“ Anzeigenansatz, gute klassische Kampagnenideen, bis zur Lächerlichkeit entstellt bei dem Versuch, daraus auch noch ein Mailing, einen Event und eine Promotion machen zu wollen. CRM-Ideen, die gegen jede Kommunikationslogik solange geknetet werden, bis sie auch einen TV-Film hergeben. Der dabei am häufigsten verwendete Satz im Briefing: „Wir brauchen ein Key-Visual, dass sich durch alle Medien durchdeklinieren lässt!“ Brauchen wir das wirklich?

Die erste Voraussetzung zur integrierten Kommunikation ist die Idee. Eine Idee, die geeignet ist, sich auf allen Kommunikationskanälen immer wieder überraschend inszenieren zu lassen und trotzdem als Gesamtidee erkennbar bleibt. Und nicht eine Idee, die als kleinsten gemeinsamen Nenner ein Key-Visual durchdekliniert.

Zweitens braucht man einen fähigen Dirigenten. Und der muss auf Kundenseite sitzen. Denn er muss sich nicht nur mit den spezifischen Anforderungen der verwendeten Kanäle auskennen, sondern er muss auch für jeden Kanal die am besten dafür geeignete Agentur am Markt suchen und diesen „Club der Besten“ dann im Sinne der Idee orchestrieren. Warum Kunde? Ganz einfach: Bei der Suche nach Top-Agenturen für alle Fälle wird man selten durchgehend bei einem Agentur-Label fündig. So stammt das integrierte Erfolgsbeispiel Mini eben nicht von einer Agentur. Aber bei BMW gibt es Kommunikationsfachleute, die Agenturen wie Jung von Matt und BBDO Interone so führen, dass wirklich durchschlagskräftige integrierte Kommunikation entsteht.

Das dritte, was man zu einer integrierten Kommunikation braucht, ist Geld. Viel Geld. Erfolgreich integrierte Beispiele, wie eben zum Beispiel die BMW-Minikampagne schlagen auch deshalb so kraftvoll und nachhaltig in allen Kanälen auf, weil sie es sich leisten können.

In der Kommunikation gibt es nur „wahrgenommen“ oder „nicht wahrgenommen“. Ob nun der gemeinsame Nenner scheinbar integrierter Kampagnen klein, sehr klein oder am kleinsten ist – Kampagnenkompromisse, auch im Dienste der Integration, werden das Radar ihrer Zielgruppe unterfliegen.

Und deshalb gilt auch in Zukunft das, was sich so kompromisslos nur auf Englisch formulieren lässt: Disintegrated brilliance beats integrated bullshit!

Über den Autor: Hubertus von Lobenstein ist geschäftsführender Gesellschafter der BBDO Germany GmbH.