Immer mehr Ladenketten stellen ihr Filialnetz auf den Prüfstand

In der Corona-Krise erlebten viele Handelsketten deutliche Umsatzsprünge in ihren Online-Shops. Und auch nach der Wiedereröffnung der Läden kaufen viele Verbraucher lieber weiter im Internet. Das gefährdet den Fortbestand so mancher Filiale.
Nicht alle der 2400 Parfümerien von Douglas bleiben bestehen. (© Imago)

Von Erich Reimann, dpa

Ob Media Markt, Saturn, H&M oder Douglas: Immer mehr Handelsketten stellen ihre Filialnetze auf den Prüfstand. Denn durch die Corona-Krise haben viele Bundesbürger die Online-Shops der großen Handelsketten für sich entdeckt und halten ihnen auch nach der Wiederöffnung der Läden die Treue. Für den Fortbestand so mancher Filiale droht das jetzt zur Gefahr zu werden.

„Die Kundennachfrage ändert sich. Es gibt einen Trend weg vom stationären Einkauf, zum Online-Shopping. Diesem Strukturwandel müssen wir Rechnung tragen, indem wir das Filialnetz überarbeiten“, sagte Chefin der größten deutschen Parfümeriekette Douglas, Tina Müller, am Donnerstag. „Wir werden immer mehr zum E-Commerce-Unternehmen“, betonte sie. In Deutschland liege der Anteil des Online-Handels am Umsatz bereits bei 40 Prozent. „Der Zeitpunkt ist absehbar, an dem wir in Deutschland mehr E-Commerce-Unternehmen sein werden als stationärer Händler.“

Die Fortschritte im Online-Handel halfen dem Konzern in den vergangenen Monaten auch, die Auswirkungen der Corona-Krise in Grenzen zu halten. Für so manche Filiale dürfte der Trend allerdings nichts Gutes bedeuten. Die Konzernchefin lässt keinen Zweifel daran, dass nicht alle der 2400 Geschäfte die „Überarbeitung“ des Filialnetzes überleben werden. Immerhin verrät sie: „Deutschland wird tendenziell weniger von Ladenschließungen betroffen sein als Südeuropa.“

Online-Umsätze um 145 Prozent gestiegen

Allein ist Müller mit ihren Plänen, das Filialnetz zu straffen, nicht. Fast zeitgleich kündigte am Donnerstag auch der Chef des Elektronikhändlers Ceconomy, Bernhard Düttmann, Einschnitte bei den konzerneigenen Ketten Media Markt und Saturn an. In einem ersten Schritt sollen zunächst europaweit 14 der mehr als 1000 Filialen geschlossen werden. Betroffen seien auch drei Läden in Deutschland, sagte Düttmann. Welche Filialen das sind, verriet er aber nicht. Und es könnten noch einige Geschäfte hinzukommen, die angesichts der Corona-Krise nicht mehr rentabel zu betreiben seien, hieß es.

Auch für den Mutterkonzern von Media Markt und Saturn hat der E-Commerce in den Monaten der Covid-19-Pandemie massiv an Bedeutung gewonnen. Die Online-Umsätze des Elektronikhändlers stiegen im dritten Quartal um satte 145 Prozent. Auf das Online-Geschäft entfiel damit mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes. Und was fast noch wichtiger ist: Auch nach der Wiedereröffnung der Läden blieb die Nachfrage in den Online-Shops hoch.

Bekleidungsketten schließen Filialen

Sind die teueren Filialen in den Einkaufsstraßen im Zeitalter des E-Commerce also nur noch ein Klotz am Bein von Handelsketten wie Douglas oder Media Markt? Immerhin hat sich auch schon so manche Bekleidungskette wie H&M, Esprit oder S.Oliver mit einer zu raschen Expansion in die Fläche verhoben und mittlerweile den Rückzug angetreten.

Ceconomy-Chef Düttmann will davon trotz der angekündigten Filialschließungen nichts wissen: „Die Geschäfte bleiben das Herz unseres Unternehmens – auch in Zeiten des E-Commerce», betonte er. Als Showroom seien sie unverzichtbar. Auch Douglas-Chefin Müller sieht das nicht viel anders. „Die Rolle der Filialen wird sich ändern – von einer reinen Abverkaufsstation zu einem Ort für den Erlebniseinkauf“, sagt sie. Es gehe darum, dort die Produkte zu präsentieren, sodass man sie sehen, riechen und erleben könne.

„Wir Frauen wollen, bevor wir einen Lippenstift kaufen, sehen, wie er auf der Lippe oder zumindest der Hand aussieht und wir wollen den Duft des Parfüms riechen, bevor wir es kaufen. Da wird die Filiale ihre Rolle immer behalten“, ist Müller überzeugt. Deshalb will die Douglas-Chefin bei der Neuordnung des Ladennetzes auch nichts übereilen. Erst im Januar möchte sie das neue Konzept vorstellen. „Wir möchten uns noch genauer anschauen, wie nachhaltig der Wechsel der Kunden vom Offline- zum Online-Einkauf ist, vor allem auch, wie sich das im wichtigen Weihnachtsgeschäft entwickelt“, betonte sie.