„Im Marketing wird Geld verschwendet“

Interview mit Alexander Garkisch, Director Sales Enterprise DACH Marketing Applications der Teradata GmbH, über den Nutzen von „Marketing Resource Management“ (MRM)
Alexander Garkisch (© Teradata)

Herr Garkisch, verschwenden Unternehmen aktuell Geld bei der Organisation ihres Marketings?

ALEXANDER GARKISCH: Ich verweise gerne auf ein bekanntes Zitat, das Henry Ford zugeschrieben wird, wonach 50 Prozent des Marketingbudgets zum Fenster herausgeworfen werden – und der Marketer nicht weiß, welche 50 Prozent. Wenn also gar nicht richtig klar ist, wohin genau die Ressourcen fließen, dann lässt sich auch nicht überprüfen, ob sie sinnvoll eingesetzt werden. Und das gilt nicht nur für direkte Ausgaben, sondern vor allem auch für interne Abläufe im Marketing.

McKinsey beziffert das ungenutzte Potenzial bei der Marketing-Effektivität mit 15 bis 25 Prozent gemessen am ROI. Deckt sich diese Größenordnung mit Ihren Erfahrungen?

GARKISCH: Diese Zahlen kann ich als Durchschnittswerte auf jeden Fall bestätigen, dafür kenne ich mehrere Beispiele. Wenn Sie etwa an Materialbeschaffungsprozesse im Marketing denken, haben Sie die Möglichkeit, diese Prozesse deutlich zu verschlanken. Ein Kunde von uns, eine internationale Großbank, konnte die Vorbereitungszeiträume für Kampagnen mit Marketing Resource Management sogar um 29 Prozent optimieren. In Budget beziffert, wäre das schon eine große Summe. Und hier wurde MRM nur in einem Teilbereich implementiert. Wenn man MRM noch umfangreicher einsetzt, sind entsprechend deutlich größere Hebelwirkungen möglich, um Geld einzusparen – etwa bei den Media-Spendings.

Wer Workflows neu koordinieren und Marketing-Ressourcen neu verwalten möchte, um ineffiziente Prozesse zu beseitigen, muss also vor allem auch Mut zur Transparenz haben?

GARKISCH: Richtig, wobei Transparenz oft als mögliche Schwäche angesehen wird. Denn je mehr Transparenz da ist, desto besser sind die verschwendeten Gelder zu erkennen. Das ist für den Marketing-Manager gegenüber seinem Vorgesetzten nicht unbedingt angenehm. Wichtig ist aber, die Stärken zu erkennen, die Transparenz bietet, weil man analysieren kann: Welche der bisherigen Projekte waren gut gesteuert, welche weniger? Wer daraus die richtigen Schlüsse für bestehende und kommende Projekte zieht, hat deutlich mehr Marketing-Power im Haus.

Haben denn alle Branchen gleichermaßen Optimierungsbedarf?

GARKISCH: Im B2C-Bereich gilt das im Prinzip für alle Branchen. Meine Faustregel lautet: Sobald mehr als 50 Mitarbeiter im Marketing intern oder extern beschäftigt sind, kommt MRM in Betracht. Im B2B-Bereich hingegen hängt es noch stärker von der Größe ab und davon, welche Kundengruppen ein Unternehmen bedient. Wenig Sinn macht MRM etwa für einen Automobilzulieferer, der vielleicht nur drei oder vier Großkunden hat.

Und wie sind deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich aufgestellt?

GARKISCH: Im englischsprachigen Raum ist das Thema Marketing Ressource Management bereits ziemlich gut verankert. Die DACH-Region sollte aufpassen, nicht weiter ins Hintertreffen zu geraten. Unternehmen, die jetzt schon mit MRM anfangen, werden mittelfristig einen deutlichen Vorteil haben.

Wenn ich mir das Gesamtthema „Digitalisierung“ anschaue, wollen viele Unternehmen ihre gesamten Prozesse in Richtung der Kunden digitalisieren, so auch die Kommunikationskanäle. Dabei vergessen wird jedoch: Je digitaler die Welt wird, desto schnelllebiger wird sie – und desto schneller muss ich auch reagieren können. Daher muss ich mich auch um meine Prozesse im Hintergrund kümmern.

Welches Problembewusstsein herrscht denn in Unternehmen für Marketing-Effizienz?

GARKISCH: Das ist teilweise eine Mentalitätsfrage. Viele sehen zwar den Nutzen von MRM, aber auch den Aufwand. Denn es entstehen nicht nur Kosten für die Technologie und Implementierung, die Mitarbeiter müssen sich auch auf neue Prozesse einstellen. In der DACH-Region kommt hinzu, dass viele Unternehmen sehr „demokratisch“ aufgestellt sind, während die englischsprachigen Unternehmen häufig eine Zentrale haben, die entscheidet: Das machen wir jetzt! In der DACH-Region muss man die einzelnen Business-Einheiten stärker überzeugen, auch bei größeren Unternehmen.

Wie läuft die Einführung von MRM typischerweise ab?

GARKISCH: Wir unterstützen Unternehmen schon in der Vorbereitungsphase in Budget- und Personalfragen rund um Marketing Ressource Management. Wir helfen mit unseren Erfahrungen, Stakeholder abzuholen und die Einführung genau zu kalkulieren. Wir bieten außerdem vorab einen Pilot-Durchlauf an, mit dem wir messen, welche Vorteile sich bei ausgewählten Prozessen ergeben.

Ein modularer Aufbau bietet dabei Vorteile?

GARKISCH: Richtig, man kann zum Beispiel sagen: Ich möchte mich zunächst nur um die Workflows kümmern und die Budgetierung außen vor lassen. Ich kann aber auch erst einmal nur punktuell Reportings zum Budget erstellen. Generell ist es empfehlenswert, sich anfangs nur auf ein Thema beziehungsweise einen Workflow zu konzentrieren – und dann in späteren Projektstufen das Marketing Ressource Management auszubauen.

Wann nach der Einführung läuft ein MRM denn rund, wann spürt man die Veränderungen im Unternehmen?

GARKISCH: Je nach Größe ist ab der dritten oder vierten Kampagne der Break-Even erreicht. Pauschal lässt sich das kaum beantworten, denn letztlich hängt es immer davon ab, wie der Kunde an das Thema herangeht und wie viele neue Prozesse er aufsetzt.

Müssen Sie Kunden auch noch nach dem MRM-Start begleiten?

GARKISCH: Marketing Ressource Management bringt einen gewissen Change im Unternehmen mit sich. Deshalb nehmen wir unsere Kunden direkt am Anfang gewissenhaft an die Hand und setzen dann auf das „Train-the-Trainer“-Prinzip, sodass sie später autark arbeiten können. Wir bleiben aber natürlich so lange an der Seite des Kunden, bis die Implementierung tatsächlich funktioniert.

MRM bezieht sich auf interne Prozesse. Was spüren denn Kunden als externe Auswirkungen?

GARKISCH: Man hört häufig: Content is King. Damit aktuelle Inhalte den Kunden zügig erreichen, müssen dafür definierte interne Abläufe existieren – vom Erstellen der Beiträge über die Qualitätskontrolle bis zur Distribution. Hier spüren die Kunden durchaus, ob ein Unternehmen schneller und flexibler agiert. Insofern ist natürlich auch nach außen erlebbar, dass Marketing Ressource Management funktioniert und ein Unternehmen besser aufgestellt ist.

Was spricht dafür, dass die Marketing-Welt mit Marketing Resource Management nicht nur um ein weiteres Schlagwort bereichert wird?

GARKISCH: Marketing Ressource Management ist nichts, was erst jetzt hochgekocht wird, sondern etwas, das schon seit einigen Jahren gerade in englischsprachigen Unternehmen für Erfolge steht. Das Marktforschungsunternehmen Gartner hat MRM entsprechend lange auf dem Radar. Marketing Ressource Management ist an sich nichts völlig Neues, aber es wird momentan in Deutschland neu entdeckt.

Kommen denn Unternehmen, zumindest im B2C-Bereich, gar nicht um MRM herum, damit sich Unternehmentscheider ganz auf ihre Marketingstrategie konzentrieren können?

GARKISCH: Jedes größere Unternehmen, das nicht in die Digitalisierung und Prozessoptimierung investiert, wird irgendwann von der Konkurrenz überholt werden. Nicht zu vergessen, dass ganz neue Teilnehmer auf den Markt kommen. Wer hätte gedacht, dass beispielsweise Uhrenhersteller wie Swatch einmal durch Unternehmen wie Google in Bedrängnis geraten könnten?

Das Interview im Kurzüberblick: Mangelnde Transparenz verhindert, dass Unternehmen speziell bei internen Abläufen ihre Ressourcen nicht optimal einsetzen. Wer aber seine Prozesse analysiert, kann nützliche Lehren für neue Projekte daraus ziehen. Erfahrungen zeigen, dass „Marketing Ressource Management“ (MRM) hilft, sich organisatorisch effektiver aufzustellen, um schneller reagieren zu können und so die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken – vor allem im B2C-Bereich.