Hype oder Trend? Neun Prinzipien zum erfolgreichen Einsatz von Realtime Content

Realtime und Content Marketing waren 2015 in aller Munde. Was an erfolgreichen Initiativen von Marketern als erste Gehversuche bekannt wurde, hat für 2016 neben dem üblichen Hype auch Signalwirkung für das Marketing insgesamt. Mit welchen Prinzipien Marketingverantwortliche diese Signalwirkung einordnen sollten, erläutert Alexander Wipf, Head of Strategy & Innovation bei Leo Burnett Deutschland
Realtime und Content Marketing wird zusammengeführt in Realtime Content

Von Gastautor Alexander Wipf, Head of Strategy & Innovation bei Leo Burnett Deutschland

1. Realtime Marketing ist kein gewöhnliches Marketing, das nur ein bisschen schneller getaktet ist.

Realtime Content fordert gelernte Funktionen des Marketings heraus: So geht es bei der Strategie nun nicht mehr darum, im Voraus alles gewusst zu haben, sondern darum, Themen aufzugreifen, auszuprobieren und schnell zu lernen. Bei der Kreation von Content ersetzen viele kleine und kontext-sensitive Ideen die eine große Kommunikationsidee. Und in der Produktion kommt es nicht auf Perfektionismus im Detail an. Hier zählt die Fähigkeit, schnell Inhalte bereitstellen zu können.

2. Schaffen Sie Grundlagen, die es Ihnen erlauben, Neugelerntes anzuwenden.

Der Erfolg ist bei Realtime Marketing nicht garantiert, nur weil man sich an die Regeln gehalten hat, die man vor dem Projekt aufgestellt hat. Definieren Sie deshalb vorab Regeln, aber seien Sie bereit, diese flexibel weiterzuentwickeln oder zu ändern.

3. Betreiben Sie nicht nur Response Marketing sondern „situative Markenführung“.

Aufgrund der inhaltlichen Vielfalt und Taktung kann es leicht passieren, dass man nur noch in taktischen Mechaniken denkt. Vergessen Sie nicht, dass es Ihnen darum geht, der Marke auf neue Weise Bedeutung zu verleihen, und nicht darum, in jedem Moment irgendeine Mechanik lancieren zu können.

4. Missbrauchen Sie Realtime Marketing nicht, um Ihrer Marke nur einen gewissen Anstrich zu verleihen.

Es mag verlockend sein, Ihre Marke durch Realtime Marketing künftig beispielsweise unterhaltender erscheinen zu lassen. Während das im Bereich FMCG sinnvoll sein kann, wäre es bei einer Versicherung aber eher fatal. Differenzieren Sie sich lieber, indem Sie die konkreten Erwartungshaltungen der Menschen in Ihrer Kategorie adressieren. Denn Content kann auch informierend, inspirierend, erleichternd oder erinnernd sein.

5. Effizienz in der Produktion, Effektivität im Format.

Gekoppelt mit einer guten redaktionellen Planung lassen sich viele Anlässe effizient vorproduzieren – auch für das kommende Jahr. So kann man zum Beispiel für Industriemessen, Feiertage oder Promi-Events Content vorbereiten, der dann schnell verfügbar ist. Machen Sie sich aber bewusst, dass dabei auch vorab die Formatwahl entscheidend ist. So wird eine Top 10 Liste auf Ihrem Blog eine andere Wirkweise haben als eine Galerie auf Facebook.

6. Keine Einzelmeister. Investieren Sie in Plattformen, die Ihnen helfen zu skalieren.

Sie können Ihr Budget in ein einziges teures Viral stecken oder aber in Maßnahmen, die Ihr Marketing mittelfristig konsistenter, wiederverwendbar und effizienter machen. So kann eine Strategie für Lizenzrechte oder ein neues CMS auch gut angelegtes Geld sein.

7. Nutzen Sie Media als Hijacking-Instrument und selbsterfüllende Prophezeiung.

Auch wenn Realtime Inhalte durch hohe situative Relevanz überzeugen, so müssen Sie trotzdem zuerst einmal gesehen werden. Kontext-relevante Mediakäufe sind also durchaus sinnvoll. Der Trick: Nutzen Sie Media und Influencer, um über den Erfolg der Kampagne „im Voraus“ zu berichten.

8. Finden Sie eine zeitgemäße Lösung, Ihre Agenturen zu bezahlen.

Realtime und Content Marketing haben operativ gesehen mehr mit Wartungsarbeiten gemeinsam als mit Kampagnengeschäft. Verteilen Sie Ihr Budget deshalb über das Jahr und machen Sie Rahmenverträge. Das erlaubt Agenturen, die richtigen Ressourcen einzuplanen und erspart Ihnen Kopfschmerzen.

9. Realtime Content ist keine Geheimwaffe. Folgen Sie einer ganzheitlichen Change-Strategie.


Ist Realtime Marketing Teil einer größeren Strategie für Unternehmenswandel, so kann es oft Veränderung positiv beschleunigen. Mangelt es jedoch an nachhaltigen anderen Maßnahmen, kann es diese Wirkung nicht entfalten und wird oft als Augenwischerei abgetan.

Alexander WipfZum Gastautor: Alexander Wipf kam 2007 zu Leo Burnett, um die Abteilung strategische Planung neu auszurichten. Heute führt er ein integriertes Team von Brand-, Experience- und Channel-Plannern. Vor seinem Wechsel zu Leo Burnett hat er als Gründungsmitglied der digitalen Marketing-Agentur von BBDO New York und als strategischer Berater bei den Agenturen Neue Digitale und KKLD* das User Experience Planning aufgebaut.