Hybride Arbeitswelt: „Daraus kann schnell ein Flächenbrand werden“

Wie kann die Unternehmenskultur post Corona aus dem Homeoffice heraus dezentral weitergelebt werden? Marie Kanellopulos, Managing Director von Done! Berlin, gibt im Interview Empfehlungen für hybride Arbeitswelten nach der Corona-Krise.
Warnende Wort von Marie Kanellopulos: "Hybrides Arbeiten stellt Führungskräfte auf den Prüfstand." (© Done! Berlin)

Nach der Corona-Krise wird hybrides Arbeiten, zumindest für Wissensarbeiter, die Regel sein. Welche sind die größten Herausforderungen für Unternehmen?

Sehr herausfordernd wird sein, die interne Kommunikation auch abteilungsübergreifend am Laufen zu halten und die Unternehmenskultur dezentral weiterzuleben.

Was raten Sie?

Abteilungsübergreifende Teams oder entsprechend verantwortliche Mitarbeiter müssen für einen steten Informationsfluss sorgen und immer wieder neue Impulse für Interaktion geben. Dafür gibt es eine Reihe toller Möglichkeiten. Interne Newsletter beispielsweise gewinnen gerade wieder stark an Bedeutung. Aber auch Tools, um digitale Meetings interaktiver zu gestalten, oder neue Formate wie All-Hands-Meetings, virtuelle Coffee Breaks oder Lunchdates. Wichtig ist, dass man diese Dinge nicht einzelnen Abteilungen überlässt, sondern sie unternehmensweit im Blick behält.

Braucht es künftig „Hybrid- Manager“?

Das kommt auf die Größe des Unternehmens an. Viele haben ja bereits People & Culture Manager, und dort ist das Thema sehr gut aufgehoben. Meines Erachtens sollte hybrides Management auf jeden Fall im HR-Bereich aufgehängt sein. HR-Management wird künftig wesentlich stärker strategisch agieren müssen als bisher.

Wird sich die Unternehmenskultur durch hybrides Arbeiten verändern?

Absolut. Werte wie Freiheit, Vertrauen und Solidarität werden wichtiger, aber auch Sicherheit und Gesundheit. Bislang waren die Freiheiten von New Work ja meist nur Führungskräften vorbehalten. Das ändert sich jetzt gewaltig. Bei sehr vielen Mitarbeitern führt Homeoffice zu neuer Selbstbestimmtheit, freierem Denken und Handeln, größerer Authentizität und einer völlig neuen Erfahrung von Work-Life-Balance. Bei anderen hingegen führt Homeoffice zu größerer Verunsicherung, Angst und Demotivation. Beides hat für die Unternehmen Konsequenzen.

Zum Beispiel?

Mental Health wird eine viel größere Rolle spielen. Wenn etwa Motivation oder Produktivität verunsicherter Mitarbeiter sinken und das zu spät bemerkt wird, kann daraus schnell ein Flächenbrand entstehen. Diese Gefahr ist sehr real …

… und somit eine Zumutung vor allem für Führungskräfte.

Hybrides Arbeiten stellt Führungskräfte auf den Prüfstand. Seit der Krise haben sie viele neue komplexe Rollen einnehmen müssen. Sie müssen Empathieträger sein, Coach, Mentor und Feuerlöscher. Man muss wachsam sein und in der Kommunikation viel stärker auf Feinheiten achten. Feedback-Gespräche dürfen keine Einbahnstraße sein. Die persönliche Ebene muss gestärkt werden, und es braucht kompetentes Konfliktmanagement. Sachverhalte und Kontexte müssen intensiver erklärt werden. Leader müssen sich selbst viel stärker öffnen, klar und transparent agieren und oft auch überkommunizieren. Sie müssen Rituale, Struktur und Orientierung geben. Sonst laufen sie Gefahr, künftig nicht mehr alle im Team mitzunehmen.

ist seit mehr als 20 Jahren Journalistin, spezialisiert auf Marketing, Medien, New Work und Diversity. Sie war stellvertretende Chefredakteurin bei “Horizont”, schreibt seit 2014 als freie Autorin für diverse Wirtschafts- und Fachmedien und liebt es, als Dozentin für Fachjournalismus und Kommunikation junge Menschen für die Branche zu begeistern. Privat muss es bei ihr sportlich zugehen – am besten beim Windsurfen oder Snowboarden.