HRS-Marketingchefin: „Die Hotline hat in der Krise gewonnen“

HRS ist ein Hotelbuchungsportal im Internet. Wer mit diesem Klischee daher kommt, hat bei Marketingleiterin Alexandra Barth schon verloren. HRS sieht sich als technischer Dienstleister für Konzerne und ihre Geschäftsreisenden - und als Buchungsportal. Wie sich das Unternehmen in Corona-Zeiten aufstellt, verrät Barth im Interview.
HRS mit Sitz in Köln hat sich nach eigener Aussage längst vom Online Travel Agent zum Technologieanbieter mit Beratungs-Dienstleistung entwickelt. (© Imago)

Frau Barth, wie sieht die Positionierung der Marke HRS 2020 genau aus?

ALEXANDRA BARTH: Global betrachtet ist unsere Positionierung B2B2C. Es geht darum, dass jemand in einem Unternehmen eine Einkaufsentscheidung verantwortet, die für jemand anderen gedacht ist. Wir bieten Unternehmen mit Lodging as a Service (LaaS) eine Plattform, die aus drei Elementen besteht: Sourcing, Smart Booking und Payment von Hotelübernachtungen.

LaaS ist nur ein Teil von HRS. Was ist mit dem klassischen OTA-Portal?

Mein wunder Punkt: Wir werden in der deutschen Fachpresse immer noch als klassischer OTA (Online Travel Agent) wahrgenommen. Dabei haben wir uns mit LaaS längst zu einem Technologieanbieter mit Beratungs-Dienstleistung entwickelt. Zur Frage: Unser klassisches Portalgeschäft ist vor allem im deutschsprachigen Raum nach wie vor sehr bekannt. Aber auch das entwickelt sich weiter und zwar in die gleiche Richtung. Wir wollen kleinen Unternehmen und Individualreisenden ebenfalls die Möglichkeit bieten, kosteneffizient, sicher und entsprechend der von ihnen gewünschten Qualitätsstandards beziehungsweise Compliance-Regeln Unterkünfte zu buchen.

Alexandra Barth, Marketingleiterin HRS, setzt darauf, dass das Thema Corporate Governance auch in kleineren Unternehmen an Bedeutung gewinnt. © HRS

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit werden wieder wichtiger. Das hätte vor zwei Jahren vielleicht keiner gedacht, aber die telefonische Hotline hat in der Krise an Bedeutung gewonnen. Menschen wollen mit Menschen zu tun haben. Bei uns erreichen Sie immer jemanden, der Ihnen hilft. 

Das klingt sehr nüchtern, wo bleibt der Charme des Reisens?

Wir müssen zwischen Privat- und Geschäftsreisen unterscheiden. Fragen Sie mal Geschäftsleute, wie gerne sie reisen. Wir bekommen kaum Feedback von Leuten, denen es wichtig ist, auf ihrer Geschäftsreise noch eine neue Stadt kennenzulernen. Es geht eher darum, das Unangenehme so angenehm wie möglich zu machen.

Was ändert sich, wenn nach Corona weniger gereist wird?

Es kann schon sein, dass in Zukunft 20 Prozent weniger Geschäftsreisen getätigt werden. Das weiß ja jetzt noch keiner. Definitiv wird das Thema Sicherheit zu einem wesentlichen Buchungskriterium. Gerade dann wird ein effizientes und zentrales Buchungsmanagement notwendig sein.

Das Thema Sicherheit wird sehr unterschiedlich gehandhabt.

Auf der Anbieterseite vielleicht, aber auf der Unternehmensseite nicht. Unsere These ist, dass der Druck auf Corporate Governance durch Corona steigen wird und dadurch auch der Druck auf die Reisenden, diese Standards zu erfüllen. Wir unterstützen die Unternehmen, indem wir ihnen nur Hotels anbieten, die die entsprechenden Richtlinien erfüllen. Und wir unterstützen die Hotels dahingehend, dass wir ihre Ambitionen rund um Sicherheit und Hygiene zum Kunden hin sichtbar machen.

Das Hotelzimmer als Büro bleibt auch nach Corona ein interessantes Angebot für Geschäftsleute. © Screenshot / HRS.de

Wird HRS auf Dauer Office im Hotel anbieten?

Ja, das bleibt. Da ist meine ganz persönliche Meinung. Es ist ja nicht nur eine gute Vermarktungsmöglichkeit für Hotels, sondern unsere Arbeitswelten verändern sich. Twitter hat seine Geschäftsreisen weitgehend eingestellt und verlautbaren lassen: „remote work ist the new normal“. Das ist ein Vorbote. Das ist auch nicht nur eine These, davon bin ich wirklich überzeugt.

Woran fehlt es der Hotellerie, um richtig gut im digitalen Vertrieb mitzuspielen?

Was immer besser gemacht wird, sind passende Services für die jeweilige Zielgruppe. Auch digitale Services. Das sind mobile Check-In, Parkplätze, WiFi und entsprechende Packages daraus. In der Angebotskommunikation ist das Thema Personalisierung wichtig. Hier sollte der Hotelier den Fokus auf ein gutes Kundenerlebnis im Haus und auf Upselling liegen. Und natürlich ein gutes After Sales, damit sich der Gast auch wieder für das Hotel entscheidet. Aus den Kundenanalysen, die ich sehe, geht klar hervor, dass einer der wichtigsten Momente die Begrüßung der Gäste bei der Ankunft ist. Das persönliche Lieblingswasser im Zimmer, das Upgrade, der Begrüßungsdrink an der Bar. Das sind doch die Momente, die eine Pflichtreise angenehm machen. Das ist cool. Was ich mir wünschen würde, wäre mehr Offenheit, um dazuzulernen.

Wie verändert sich das Marketing bei HRS?

Wir setzen ganz stark auf Content-Marketing und Eventmarketing. Relevante Inhalte in den passenden Formaten möglichst zielgruppengerecht ausspielen, ist unser Ziel. Wir haben ja nicht nur Abverkaufsziele. Wir haben teilweise erklärungsbedürftige Produkte und zielen dann eher auf Education und Branding.

Wird Budget verschoben, vom OTA-Portal hin zu Lodging as a Service?

Ja. Beide Bereiche haben ihre Aufgabe und werden mit unterschiedlichen Taktiken bearbeitet. Es wird einen starken Fokus auch im B2C-Bereich auf Bestandskunden geben. Loyalty-Programme und neue Formen des Empfehlungsmarketings stehen im Fokus. Wir wollen den Profit per Customer steigern. Im Business-Bereich sehen wir LinkedIn als idealen Kanal. Der Hunger nach gutem Content wird begleitet von einer noch ungebrochenen Reichweite. Ganz anders als bei Facebook. Da wird auch enorm viel Inhalt von den Nutzern selbst produziert, geschrieben und geteilt. Bei LinkedIn muss man heute noch keinen Zoll dafür bezahlen, seine eigene Reichweite zu erreichen.