Homeoffice vs. Büro: Was wollen Arbeitnehmer?

Die Corona-Pandemie hat dem Arbeiten im Homeoffice einen kräftigen Schub verpasst. Viele Arbeitnehmer haben das Büro in die eigene Wohnung verlegt. Und jeder vierte Beschäftigte kann sich vorstellen, künftig von ganz anderen Orten aus der Arbeit nachzugehen, wie eine aktuelle Umfrage zeigt.
Homeoffice
Umfrage zum Homeoffice: 81 Prozent wollen künftig nicht mehr an allen Wochentagen im Büro arbeiten. (© Unsplash/Convert Kit)

Die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen einer Erhebung des Beratungsunternehmens EY zufolge künftig zumindest einen Teil ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbringen:

  • 81 Prozent aller Befragten äußerten, sie wollten in Zukunft nicht mehr an allen Wochentagen im Büro arbeiten.
  • 38 Prozent bevorzugen wöchentlich drei bis vier Büroarbeitstage
  • 36 Prozent können sich nur noch ein bis zwei Arbeitstage im Büro vorstellen.
  • Sieben Prozent gaben an, künftig ausschließlich von zu Hause arbeiten zu wollen.
  • Umgekehrt wollen 19 Prozent der Befragten künftig nicht (mehr) aus dem Homeoffice arbeiten, wenn es nach ihnen geht.

Besonders groß ist der Wunsch nach flexibleren Modellen bei den 20- bis 30-Jährigen: In dieser Altersgruppe gaben 86 Prozent an, einen Teil ihrer Arbeitszeit künftig aus dem Homeoffice erledigen zu wollen. Weniger ausgeprägt ist dieses Bedürfnis bei den 31- bis 40-Jährigen (77 Prozent) sowie bei den 41- bis 50-Jährigen (78 Prozent).

Ältere sowie jüngere Arbeitnehmer waren nicht Teil der Erhebung. Für die Umfrage wurden laut EY 1000 Arbeitnehmer im Alter von 20 bis 50 Jahren, die regulär im Büro arbeiten, zwischen März und April befragt.

Homeoffice, Büro oder komplette ortsunabhängige Arbeit?

Perspektivisch rechnet eine deutliche Mehrheit damit, dass die Frage, von wo Arbeit erledigt wird, in der Berufswelt schon bald keine entscheidende Rolle mehr spielt. 84 Prozent der Befragten stimmten der These zu, dass sie im Jahr 2030 vermutlich vollkommen ortsunabhängig arbeiten können. 78 Prozent glauben, dass sie in zehn Jahren ihre Arbeitszeit sogar vollkommen flexibel einteilen können. Dass es im Jahr 2030 gar keine Firmengebäude mehr gibt, kann sich rund die Hälfte der Befragten vorstellen.

Für den Fall, dass der Standort für die Ausübung der Arbeitstätigkeit künftig womöglich keine Rolle mehr spielt, erwägt ein Teil der Befragten, aufs Land zu ziehen (29 Prozent) oder sogar vom liebsten Urlaubsort aus zu arbeiten (25 Prozent).

Mehrzahl nutzt Homeoffice schon heute

Die Mehrzahl der Arbeitnehmer schöpft die Option auf Homeoffice bereits jetzt aus, wie einer Unternehmensbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ergab. Ende April arbeiteten danach drei von vier Beschäftigten daheim, wenn es die Tätigkeit erlaubt und ihr Arbeitgeber ihnen die Möglichkeit dazu einräumt. 28 Prozent der Befragten arbeiteten demnach ausschließlich im Homeoffice, 47 Prozent zumindest zum Teil. Der Erhebung zufolge ermöglichen fast die Hälfte der Betriebe (46 Prozent) zumindest einem Teil ihrer Beschäftigten das Arbeiten zu Hause.

Grundlage für die Erhebung des IAB ist eine Befragung von mehr als 1500 Unternehmen der Privatwirtschaft alle drei Wochen, zuletzt Ende April.

DGB fordert digitale Vertretung im Homeoffice

Die Debatte um die Arbeit im Homeoffice wirft einige arbeitsrechtliche Fragen auf. Falls sich immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch nach der Corona-Pandemie für mehr Homeoffice stark machen, sollten sie nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) beispielsweise auch im Homeoffice nicht von einer gemeinsamen Vertretung gegenüber Vorgesetzten abgeschnitten sein.

Nötig sei es laut DGB, im geplanten Gesetz zur Modernisierung von Betriebsräten ein digitales Zugangsrecht für Arbeitnehmervertreter zu verankern, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Das Gesetz wird derzeit im Sozialausschuss des Bundestags beraten und soll am Freitag im Plenum beschlossen werden.

„Nach der Eindämmung der Pandemie wird es aller Voraussicht nach weiter vermehrt Homeoffice geben“, sagte Hoffmann. „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist es durch das Homeoffice und die oft rein digitale Kommunikation mit den Gewerkschaften zusätzlich erschwert, für eine wirksame Interessenvertretung zu sorgen“, sagte er. „Deshalb hätte das Betriebsrätemodernisierungsgesetz ein digitales Zugangangsrecht für Betriebsräte sicherstellen müssen – das wurde bislang leider versäumt.“

Der DGB-Chef betonte, Gewerkschaften seien Mitgliederorganisationen und hätten ein Recht auf Zugang zu Beschäftigten und Betrieb. „Das muss auch für die digitale Arbeitswelt gelten.“ Die Unternehmen müssten den Gewerkschaften den Dialog mit den Beschäftigten etwa über betriebliche Mailadressen, Firmenintranet und -netzwerke und virtuelle Schwarze Bretter ermöglichen.

mit Material von der dpa

(he, Jahrgang 1987) – Waschechter Insulaner, seit 2007 Wahl-Hamburger. Studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften und pendelte zehn Jahre als Redakteur zwischen Formel-1-Rennstrecke und Vierschanzentournee. Passion: Sportbusiness. Mit nachhaltiger Leidenschaft rund um die Kreislaufwirtschaft und ohne Scheuklappen: Print, live, digital.