Marken-Relaunch bei Holsten: „Nur unser Bier bleibt gleich“

Die Biermarke Holsten kehrt mit ihrem neuen Auftritt zu ihren Wurzeln zurück, indem sie auf Tradition und Heimatverbundenheit setzt. Brand Managerin Svenja Wohlers erläutert im Interview die Hintergründe und Ziele des Marken-Relaunches.
Neuer Markenauftritt von Holsten: "Wir haben mehr zu bieten, als das, was die Konsumenten auf den ersten Blick wahrnehmen." (© Carlsberg Deutschland)

Frau Wohlers, Holsten hat sich einen neuen Look verpasst. Warum war das nötig?

SVENJA WOHLERS: Holsten ist eine Brauerei mit einer langen Tradition. Seit mehr als 140 Jahren brauen wir Bier am Standort Hamburg. Wir haben Mitarbeiter, deren Eltern und Großeltern für Holsten gearbeitet haben. Und solche, die schon seit mehreren Jahrzehnten für das Unternehmen tätig sind. Entsprechend viel Erfahrung und Leidenschaft stecken in unseren Produkten. In Blindverkostungen, die wir regelmäßig durchführen, schneidet der Geschmack gegenüber dem Wettbewerb sehr gut ab. Und doch beobachten wir, dass Holsten von den Konsumenten oft als Industriebier abgestempelt wird.

Wo liegt das Problem?

Wir haben in den letzten Jahren einen regelrechten Craft-Beer-Hype erlebt. Diese Biere gelten als handgemacht und authentisch. Auf der anderen Seite stehen die großen Brauereien, die den Ruf haben, unpersönlich zu sein. Auch ist es so, dass wir im Biersegment einem harten Preiskampf ausgeliefert sind: Ein Bier, das wie unseres in einer mittleren Preisklasse liegt, wird eher als Massenware wahrgenommen als ein Craft Beer. Es stimmt, dass wir Bier in einem größeren Umfang herstellen. Aber: Größere Anlagen bedeuten nicht automatisch weniger Leidenschaft für die Bierbraukunst.

Svenja Wohlers, Senior Brand Managerin, Holsten

Mit dem neuen Markenauftritt wollen wir zeigen, dass Holsten mehr zu bieten hat als das, was die Konsumenten auf den ersten Blick wahrnehmen. Denn auch wenn wir zum Carlsberg-Konzern gehören, ist die Marke Holsten eine lokale Marke, die ihren hanseatischen Wurzeln seit 1879 die Treue hält.

Was genau stimmte mit dem alten Markenauftritt nicht?

Die letzte umfassende Markenveränderung liegt rund zehn Jahre zurück. In der Zwischenzeit haben sich die Bedürfnisse der Konsumenten, und deren Anforderungen an ein Produkt verändert. Das Thema Authentizität hat gerade bei jüngeren Konsumenten enorm an Bedeutung gewonnen. Ein gutes Produkt zu haben, reicht heutzutage nicht mehr. Der Konsument möchte ganz genau wissen, wo das Produkt herkommt, und wer die Menschen sind, die dahinterstehen.

Heißt das, dass Sie in Zukunft eine jüngere Zielgruppe ansprechen wollen?

Die Zielgruppe wurde nicht komplett neu definiert. Vielmehr wollen wir uns breiter aufstellen, indem wir die Zielgruppe öffnen. Unsere Hauptverwender, Frauen und Männer im Alter zwischen 35 und 55 Jahren, sollen uns natürlich weiter treu bleiben. Um zu vermeiden, dass das neue Design irritierend wirkt, haben wir im Vorfeld viel Zeit in Marktforschung investiert und geschaut, wie das neue Design bei Hauptverwendern und Gelegenheitskäufern ankommt – im direkten Vergleich zum alten Design. Wären die Ergebnisse der Befragungen nicht so positiv ausgefallen, wie es der Fall war, hätten wir eine so große Veränderung gar nicht erst gewagt.

Wie sieht die „so große“ Veränderung konkret aus?

Am meisten verändert hat sich der Holsten-Ritter, das jetzt zentrale Element auf den Flaschenetiketten und im Corporate Design. Er repräsentiert die Marke zwar schon seit ihren Anfängen, ist in den vergangenen Jahrzehnten jedoch etwas in den Hintergrund gerückt. Der neue Ritter ist detailgetreu der Wetterfahne auf dem historischen Sudhaus der Brauerei in Hamburg Altona nachempfunden, die viele Konsumenten mit der Marke Holsten assoziieren. Weil das Schwert in seinen Händen, ein Symbol für Angriff und Verteidigung, heute nicht mehr zeitgemäß erscheint, haben wir es durch eine Fahne ersetzt, die für Stolz und Pioniergeist steht. Außerdem reitet er jetzt in die andere Richtung, die Leserichtung, stellvertretend für den „Blick nach vorn“.

Was wurde neben dem Ritter-Symbol verändert?

Neu sind auch der feinere Schriftzug sowie die Farbgestaltung. Letztere ist eine Hommage an unsere Heimatstadt Hamburg, in der kupfergrüne Dächer das Stadtbild prägen. Ziel des Ganzen war und ist es, die Markenwerte und unsere Brauereitradition hervorzuheben und sie mit einem modernen Auftritt zu verbinden.

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Sie haben eingangs die Mitarbeiter erwähnt, die teilweise seit Generationen für das Unternehmen tätig sind. Inwiefern waren sie denn an dem Relaunch-Prozess beteiligt?

Noch bevor klar war, wie der neue Markenauftritt konkret aussehen soll, haben wir unsere Mitarbeiter befragt, wo sie die Stärken und Verbesserungspotenziale der Marke Holsten sehen. Es war unser Anspruch, nicht nur auf die Konsumenten zu schauen, sondern das Feedback der Mitarbeiter miteinzubeziehen, um auch ihren Anforderungen und Wünschen an die Marke gerecht zu werden. Schließlich weiß niemand besser als sie, wo die Marke Holsten herkommt und wofür sie steht.

Wer hat Sie beim Marken-Relaunch unterstützt?

Verantwortlich für die aktuelle Entwicklung des Designs ist die Londoner Agentur Design Bridge, die bei der Entwicklung der Markenpositionierung mit der Hamburger Agentur Philipp und Keuntje und unserem Brand-Marketing-Team zusammengearbeitet hat.

Und wann werden die Änderungen in der Fläche sichtbar?

Die neue Corporate Identity von Holsten findet sich schon bald an all unseren Touchpoints wieder. Als Vorbereitung auf eine Kampagne, die für 2021 geplant ist, wird alles überarbeitet – vom Verpackungsdesign über Eventmaterial bis hin zur Website. Das Einzige und Wichtigste, was unverändert bleibt, ist unser Bier.


Vita: Svenja Wohlers

Svenja Wohlers arbeitet seit Frühjahr 2018 bei Carlsberg Deutschland. Bei der Brauerei ist sie als Senior Brand Managerin für die Marke Holsten verantwortlich. Kurz nach ihrem Einstieg hat die studierte Betriebswirtin und Medienwissenschaftlerin mit dem Relaunch der Marke begonnen. Zuvor war Wohlers drei Jahre Senior Brand Managerin bei Erasco.


absatzwirtschaft+

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Jana Samsonova (jas, Jahrgang 1993) ist seit 2019 Autorin der absatzwirtschaft. Studiert hat sie Medienwissenschaften und Literatur, Kultur und Medien in Siegen, volontiert an der Georg von Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten in Düsseldorf. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten im Museum, im Boxclub oder mit einem Set bunter Kunststoff-Klemmbausteine eines dänischen Spielwarenherstellers.