Henkel-Managerin: „Wir setzen auf die Kraft unserer Mitarbeiter“

Kann die interne Unternehmenskommunikation eine wichtige Rolle bei der Transformation spielen? Sie muss, sagt Birgit Ziesche, Head of Internal Communications von Henkel. Allerdings ist die Aufgabe alles andere als leicht und gelegentlich widersprüchlich.
Birgit Ziesche sieht tradierte Werte als Asset im Kampf um die besten Talente.

Frau Ziesche, wie modern muss ein 143 Jahre altes Unternehmen heute sein?

BIRGIT ZIESCHE: Hochmodern, sonst könnten wir im Wettbewerb nicht bestehen. Nicht nur im Wettbewerb um Verbraucher und Kunden, sondern auch um die besten Mitarbeiter. Wir entwickeln uns als Unternehmen ständig weiter und haben gerade in den vergangenen Jahren einige Transformationen durchlaufen. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass Henkel für Fortschritt und Modernität steht. Doch bei aller Veränderung: Die Unternehmensƒwerte, die tief in unserer Geschichte verankert sind, geben uns Orientierung und auch ein Stück weit Sicherheit, gerade in volatilen Zeiten.  Die „Kunst“ liegt darin, beides zu vereinen.

Spiegelt Ihnen das der Bewerber-Markt wider, dass es mehr Bedarf an Sicherheit gibt?

Durchaus. Ich führe selbst regelmäßig Bewerbungsgespräche mit Interessenten. Auch junge Menschen interessieren sich für eine sichere und langfristige Perspektive. Aus meiner Sicht geht es um eine gute Mischung aus internationalen Erfahrungen, die man bei Unternehmen wie Henkel machen kann, Arbeiten in sehr diversen Teams, klaren Entwicklungsmöglichkeiten und nicht zuletzt um Sozialleistungen und Stabilität. Wenn der Mix stimmt, ist das ein großer Vorteil im Wettbewerb um Talente.

Wie modern sehen Sie Henkel heute in der internen Kommunikation? 

Wir sind in der internen Tool-Landschaft schon gut aufgestellt. Digital, Face-to-Face-Formate, kollaborative Plattformen – das bieten wir alles an. Was sich gerade verändert, sind die Aufbereitung der Inhalte und die Art der Vermittlung. Wir denken noch zu oft in Print. Digitale Kampagnen sowie Kommunikationsevaluation und -management mithilfe von Daten, das sind für mich wichtige nächste Schritte. Eine konsequente strategische und vor allem Daten-basierte Planung, das ist ein Feld, auf dem wir noch besser werden müssen.

Sie haben im letzten Jahr eine interne Kampagne namens „Henkel Heroes“ gemacht, um Geschichten von Mitarbeitern zu erzählen. Wie muss man sich das vorstellen?

 Wir haben auf die Kraft und Leidenschaft unserer Mitarbeiter gesetzt. Jeder konnte Kolleginnen und Kollegen als seine „persönlichen Helden“ vorschlagen. Das waren oft Mitarbeiter, die sonst nicht im Mittelpunkt stehen, aber als Helfer immer ansprechbar sind.

Wie wurden die Vorschläge gesammelt?

Wir haben unsere Kollegen weltweit eingeladen und aktiviert, ihnen Ideen für Requisiten und Hintergrundbilder zur Verfügung gestellt. Die Mitarbeiter sollten sich dann mit ihrem „Helden“ fotografieren und das Bild in unserem internen Social-Media-Kanal hochladen.

Und wie erfolgte dann die Auswahl für die Stories?

Das war zunächst gar nicht geplant, es sollte eine einmalige Aktion zum Henkel-Geburtstag sein. Wir wollten ursprünglich bewusst niemanden hervorheben, sondern die Kollegen untereinander ihren Stolz und ihre Wertschätzung teilen lassen. Wir waren jedoch schlicht überwältigt von den Beiträgen, nicht nur von der Anzahl, sondern auch von den Geschichten dahinter. Deshalb haben wir einige ausgewählt, nachrecherchiert und in einer Publikation zusammengefasst.

Diese Aktion hat sich ja stark auf die Mitarbeiterebene bezogen. Was kann man tun, um Führungskräfte stärker in die Kommunikation einzubeziehen?

Mitarbeiter schauen auf ihre Vorgesetzten und erwarten Vorbild und Führung. Deshalb sind für uns Führungskräfte wichtige Multiplikatoren. Und es macht eben einen großen Unterschied aus, ob Führungskräfte einen Powerpoint-Vortrag halten oder – wie wir es seit einigen Jahren halten – persönliche Austauschformate nutzen. Wir haben unter anderem unsere „Henkel Talks“ eingeführt, bei denen Top-Manager in 30 Minuten nicht nur ihren Geschäftsbereich erklären, sondern die Mitarbeiter mit einer persönlichen Geschichte begeistern. Solche Formate – kurz, aber sehr prägnant – kommen extrem gut an bei der Belegschaft. Zunehmend nutzen wir aber auch digitale Formate.  Zum Beispiel unsere „YamJams“. Unsere Top-Manager kommunizieren in einer einstündigen Session auf der internen Social-Media-Plattform Yammer mit den Teams weltweit. Dabei geht es nicht darum, Business-Updates zu geben, sondern Fragen zuzulassen und zu diskutieren, transparent und offen. Das funktioniert super und passt auch zum eng getakteten Zeitplan der Vorstände.

Und da kommen trotz Klarnamen auch kritische Fragen?

Ja. Der Grad der Beteiligung und die Offenheit hat allerdings viel mit der jeweiligen Landeskultur zu tun.

Glauben Sie, dass es dennoch anonyme Formate geben muss, damit mit Kritik nicht hinterm Berg gehalten wird?

Ich bin ein bekennender Anhänger von Transparenz. Aber ja, je tiefer man in den Hierarchien geht, desto mehr können anonyme Formate helfen. Weil es doch einigen Mut erfordert, in einer Versammlung mit 1000 Mitarbeitern aufzustehen und etwas zu fragen oder anzumerken. Deshalb bieten wir auch die Möglichkeit, Fragen und Diskussionspunkte vorab anonym einzureichen. Dagegen halte ich nicht so viel von sogenannten Kummerkästen. Das ist oft unspezifisches Meckern.

Wie kann man sich in einer sich immer schneller verändernden Welt noch genügend Zeit für Leadership und Kommunikation nehmen?

Generell ist das Bewusstsein für die Bedeutung von guter Führung und Kommunikation gestiegen. In der Realität stehen aber oft tagesaktuelle Themen und Abstimmungen im Vordergrund. Deshalb war es uns so wichtig, möglichst einfach Zugänge zu Angeboten zu schaffen; und wir wollten neue Wege beschreiten. Ein Beispiel sind unsere Leadership Commitments. Hier hat Henkel über ein externes Crowdsourcing Input und Ideen für sogenannte Leadership Hacks gesammelt, das sind einfache Mittel und Tricks, die wir schnell in den Arbeitsalltag integrieren können – zu Themen wie Meetingkultur, Feedback oder Zusammenarbeit im Team.

Was ist Ihr Lieblings-Hack?

Ich fand den Flash-Forward Hack sehr spannend. Wir haben uns in unserem Team überlegt, wie die Welt der Internen Kommunikation in fünf Jahren aussehen wird. Wir haben radikale Ansätze diskutiert und unsere aktuellen Prozesse in Frage gestellt. Das war sehr befreiend und hat uns mehr Klarheit über unsere Aufgaben und nächsten Schritte gebracht. Es gibt auch Vorschläge, die eigentlich gar nicht neu sind, aber eben im Tagesgeschäft untergehen. Die Vielfalt macht es: von ganz einfachen Tricks bis hin zu disruptiven Formaten. Alle können sich raussuchen, was für sie am besten passt.

Sie sagen: Kultur ist wichtiger als Strategie.

Kultur wird oft missverstanden als ein weicher Faktor im Sinne von „Benimmregeln“. Das ist zu kurz gesprungen. Denn das sichtbare Verhalten ist nur die Spitze des Eisbergs. Darunter liegen Business-Prozesse und tief verwurzelte Prinzipien des Handelns und des Miteinanders. Es geht auch um Haltung, Werte, Mut. Daraus erwächst Innovationskraft, Leistung und Leidenschaft.

Jenseits der großen Vision, wie gehen Sie im Alltag der Kommunikationsabteilung mit den Unternehmenswerten konkret um? 

Sie sind eine wichtige Grundlage unserer Kommunikationsstrategie und -ausrichtung. Sie sind Teil unseres globalen Message House und wir nehmen die Werte immer wieder in unsere Kommunikation auf. Die Kategorien für die „Henkel Heroes“ waren zum Beispiel klar an unsere Werte angelehnt.

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