Handel muss Problemlöser für Kunden werden

Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Bearingpoint und des IIHD Instituts bekräftigt eine langjährige Tendenz: Innovationen im Handel kommen vor allem aus den USA und UK, während Deutschland hinterherhinkt. Dieser Trend trifft auch auf Big Data zu, insbesondere auf das entscheidende Puzzleteil Datenanalytik, mit der Big Data erst zu einem Mehrwert wird.

Mit Big Data erwächst eine neue Art des Handel(n)s, die es den Unternehmen ermöglicht, ein ganzheitliches Verständnis ihrer Kunden aufzubauen. Die gewonnenen Informationen lassen sich auf diese Weise systematisch auswerten und gewinnbringend nutzen. Dabei liegt das Optimierungspotenzial durch Big Data sowohl in operativen Effizienzsteigerungsmaßnahmen zur Kostenoptimierung als auch in strategischen Initiativen zur Umsatzsteigerung. Experten schätzen, dass die Marge durch die Analyse und Nutzung der riesigen Datenmengen um bis zu 60 Prozent gesteigert werden kann.

„Wieder näher an die Kunden heranzurücken sowie deren Anforderungen besser zu erfüllen, wird in den kommenden Jahren zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil für Handelsunternehmen“, sagt Kay Manke, Partner bei Bearingpoint und Co-Autor der Studie. Es gelte, den Kunden ganzheitlich wahrzunehmen und die unternehmensinternen Prozesse und Abläufe darauf auszurichten –zielgerichteter und kosteneffizienter als der Wettbewerb. Das entscheidende Instrument hierbei sei die Big Data Analyse.

Deutsche Unternehmen zu sehr auf Effizienzsteigerungen fokussiert

Laut Manke haben US-amerikanische und britische Unternehmen dies bereits mehrheitlich erkannt. In Deutschland sei das noch die große Ausnahme. Dieser Rückstand hat laut Studienautoren verschiedene Gründe: Einerseits hat sich der deutsche Handel jahrelang auf seine operative Exzellenz, also auf Effizienzsteigerungen, fokussiert, wodurch Innovationen und strategische Anpassungen typischerweise in den Hintergrund gedrängt werden.

Andererseits stehen die Deutschen dem Thema Big Data mit deutlicher Skepsis gegenüber. Prof. Dr. Jörg Funder vom IIHD erklärt: „In der Bevölkerung wird Big Data oftmals mit einem Angriff auf Persönlichkeitsrechte verbunden. Viele Unternehmen wiederum sehen darin lediglich einen Marketinghype. Dabei bietet Big Data den Handelsunternehmen die Möglichkeit, noch besser auf die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Kunden einzugehen, um so zum Problemlöser für die Kunden zu werden und damit den Umsatz zu steigern.“

Cross‐Channel-Händler gehen als Gewinner hervor

Insbesondere Handelsunternehmen, die einen strategischen Cross-Channel-Ansatz verfolgen, sind im Vorteil. Durch das Zusammenspiel mehrerer Kanäle entsteht ein valides und ganzheitliches Kundenbild und somit ein umfassenderes Kundenverständnis. Für Handelsunternehmen, die nicht in der Lage sind, einen stringent gesteuerten Informationsfluss zwischen den Kanälen zu gewährleisten, wird Big Data zum Risiko. Dies betrifft laut einer der Vorgängerstudien von BearingPoint und dem IIHD Institut von 2012 zwei Drittel der Handelsunternehmen.

Vor allem die siloartige Informationsverarbeitung wird vom Hindernis zur Gefahr. Während separat gemanagte Kanäle im Cross-Channel-Commerce lediglich die Realisierung von Umsatzpotenzialen behindern, führt eine unvollständige Informationsbasis aufgrund fehlender Sichtweisen im Kundenbild zu groben Fehleinschätzungen basierend auf den Ergebnissen der Big Data Analytik. Das Zusammenwachsen von Funktionsbereichen und Kanälen stellt somit eine Kernvoraussetzung für eine systematische und konsequente Gewinnung von Daten über alle Berührungspunkte dar.

Big Data ist Management-Thema

Organisationale „Silos“ müssen laut Studienautoren zusammengeführt werden, um den konsistenten Datenaustausch sicher zu stellen. Weiterhin bedarf es der Zentralisierung der Datenhaltung und -analyse sowie der Vergabe eindeutiger Zuständigkeiten, um die Eindeutigkeit und Genauigkeit der Daten gewährleisten zu können. Hier zeigt sich deutlich, dass es sich bei Big Data um mehr als nur die Auswahl der „richtigen“ Datenbanklösung handelt. In der Studie heißt es weiter: „Wer Big Data als IT-Thema versteht, reduziert es damit auf einen Teilaspekt. BearingPoint und das IIHD Institut empfehlen, Big Data vielmehr als ein Management- und Organisations-Thema zu verstehen, das in der Lage ist, die Handelslandschaft nachhaltig zu transformieren.“

(IIHD Institut/asc)