Globetrotter-Geschäftsführer Lipke: „Wir starten jetzt mit Eigenmarken in unserem Outdoorhandel“

Als 33-jähriger Outdoor-Ausrüster gehört Globetrotter zu den Vorreitern der Branche und zählt heute zu den größten Händlern seiner Art in Europa. Sein guter Ruf grenzt fast an Kult und geht zurück auf die Ausstattung der Filialen als Abenteuerspielplatz zum Ausprobieren sowie auf die herausragende Kompetenz erfahrender Berater, die mitunter eine Empfehlung ohne Rücksicht aufs Verkaufen geben. Gleichwohl gestaltet Globetrotter auch seine digitalen Vertriebskanäle kraftvoll, treibt die Internationalisierung und entwickelt ein neues Eigenmarkengeschäft. Das Gespräch mit Geschäftsführer und Mitinhaber Thomas Lipke führte absatzwirtschaft-Redakteur Thorsten Garber im Hamburger Verwaltungssitz am Bargkoppelstieg.

Welche echten Produktinnovationen sind für die Outdoorbranche in naher Zukunft zu erwarten?

LIPKE: Große Produktinnovationen sehe ich nicht. Darauf warten alle. Bewährtes bleibt in unserer Branche lange erhalten – da sehe ich Parallelen zur Autobranche. Eigentlich hätten sich Elektroautos ja auch schon längst durchsetzen müssen. Nein, echte Innovationssprünge erwarte ich nicht, sondern weiterhin Verbesserungen. Im Kletterbereich etwa durch das noch mal um einen Millimeter dünnere Seil, das genauso viel hält.

Für Ihre Ware soll mittlerweile die Funktionalität allein nicht mehr reichen. In welchen Warengruppen spielen Markeninszenierung und Modeeinflussnahme verstärkt eine wichtigere Rolle, in welchen geht es weiterhin um die quasi technische Leistung?

LIPKE: Diese Diskussion über Fashion versus Function ist müßig. Die Verbindung macht’s. Vor 30 Jahren war Outdoorkleidung noch schlicht. Heute haben wir hochfunktionelle Outdoorjacken, bei denen die Funktion so nett verpackt ist, dass sie überall zu tragen ist. Markenhersteller haben lange einen hohen Wert nur auf Funktionalität gelegt. Die Spannbreite ist mittlerweile enorm zwischen robust und preisgünstig bis Highend und teuer. Das sieht man auf jeder Skihütte. Inzwischen geben die Träger auch ein Statement mit ihrer Marke ab. Jack Wolfskin gilt beispielsweise als Gutmenschen-Brand, andere wie Mammut stehen widerum eher fürs Technische, weshalb diese Marke oft Alpinisten tragen. Mammut war ursprünglich ja Seilhersteller. So eine Geschichte und spätestens bei Kleidung der Stil prägt eine Marke. Wir haben in Deutschland starke Outdoormarken, etwa mit den Schuhherstellern Meindl oder Hanwag. Die Marke ist jetzt als Orientierung wichtig für jeden Hersteller.

In welchen Produktkategorien verkaufen Sie noch trotz des zunehmenden Wettbewerbsdrucks die meisten Margenbringer mit den höchsten Gewinnen?

LIPKE: (augenzwinkernd) Darüber darf ich nicht reden. Das ist auch schwierig zu beantworten. Grundsätzlich sind unsere zwei Handelsmarken sehr ertragsstark.

Apropos: Wie entwickeln sich diese beiden Marken – und entwickeln Sie keine Strategie für echte Eigenmarken?

LIPKE: Wir sind dabei. Die Marken Meru und Kaikkialla gehören zum Verbund „Eurofamily“, der ursprünglich aus acht Mitgliedern bestand: Breuninger, Engelhorn Sports, Förg, Gigasport, Sport Alliance, Sportler, Transa und Globetrotter Ausrüstung. Seit Februar ist Globetrotter Ausrüstung aus dem Verbund ausgestiegen und führt noch bis Winter 2014/15 die Marken weiter. Danach starten wir im eigentlichen Sinne erst mit einer Eigenmarke.

Können Sie konkret schon mehr dazu sagen – etwa über den Namen und die abgedeckten Warengruppen?

LIPKE: Für konkrete Aussagen hierzu ist es noch zu früh. Wir haben aber eine eigene Produktentwicklung für Textil und Equipment im Haus, bei der das Know-how unserer Mitarbeiter einfließt. Wir entwickeln zusätzlich viel Freude dabei, unser Know-how in der Markenentwicklung zu investieren und die Auseinandersetzung mit Markenführung weiterzuentwickeln. Für einige Hersteller ist das sicher weniger angenehm, dass wir so viel Ahnung von dieser Disziplin bekommen. Die Forschung und Entwicklung für unsere Eigenmarken liegt komplett hier, bei der Fertigung greifen wir auf Kapazitäten in Europa und Asien zurück. Mit Greenpeace erarbeiten wir derzeit gemeinsam weitere Kriterien für unsere Textilien. </p

Ist im Globetrotter-Sortiment jede Herstellermarke ersetzbar? Und wann kegeln Sie eine Brand definitiv raus?

LIPKE: Jeder ist ersetzbar. Zunächst gilt, dass die Produktqualität stimmen muss. Die Preise und die Vertriebsformen müssen zudem sinnvoll geregelt sein. Wir könnten heute schon viele Marken austauschen. Der Markenmix verschiebt sich vom Mainstream zu den Spezialisten.

Nennen Sie bitte anhand zweier Beispiele, wo es im Verkauf um eher qualitativ wertmäßigen Umsatz geht und wo um eher quantitativen, mengenmäßigen Absatz.

LIPKE: Die Beratung für Bergsteiger ist umfassend und daher zeitintensiv, denn ein Sicherungskarabiner ist schließlich lebenswichtig, auch wenn er mitunter nur 20 Euro kostet. Womöglich steht am Ende der Beratung aber ein komplettes Klettersteigset, bei dem ich dann von qualitativ wertmäßigem Umsatz sprechen würde. SIGG-Trinkflaschen verkaufen wir dagegen etliche Tausend ohne lange Gespräche zu führen. Auch unsere Bana Boxen zum Transport von Bananen sind nicht sehr beratungsintensiv, gehen aber massenweise über die Ladentheke.

Welche Umsatzgröße pro Quadratmeter beruhigt Sie, dass die Mischkalkulation stimmt?

LIPKE: Quadratmeter-Umsätze kommunizieren wir nicht. Wir schauen auch mehr auf die gesamte Filiale, ob der Umsatzmix stimmt. Kurzum: Uns interessieren die gesamten 7.000 Quadratmeter Fläche, sonst müssten wir auch den Erlebnischarakter in einzelnen Abteilungen in Frage stellen. Aber die Schuhabteilung in Dresden muss natürlich genauso funktionieren wie die in München.

Bleiben Sie künftig hart beim einheitlichen Pricing – egal ob die Ware im Laden, aus dem Katalog oder online geordert wird?

LIPKE: Ja. Alles andere wäre für unsere Kunden auch nicht nachzuvollziehen. Noch können wir uns das auch leisten, um glaubwürdig zu bleiben.

Ein Drittel der Umsätze generieren Sie schon online. Ein wie hoher Anteil ist Ihre Zielgröße?

LIPKE: Der Anteil verschiebt sich, sobald wir eine Filiale eröffnen. In München zum Beispiel hat sich unser stationärer Handel seit dem Start dort den Umsatz quasi zurückgeholt. Im Prinzip lagen die Anteile offline-online früher mal bei 50 zu 50 Prozent. Das soll wieder so werden. Die Filialen erobern Marktanteile zurück. Der Preiskampf im Internet hat uns auch Marktanteile gekostet. Insgesamt ist unser Webshop sicher unsere größte Filiale. Seit dem Relaunch unseres Shops im vergangenen Februar bieten wir 14-tägig neue Features.

Im stationären Handel wollen Sie aber auch noch zulegen – wann und wo eröffnen Sie die nächsten Filialen?

LIPKE: Wir eröffnen im Herbst 2014 unsere Filiale in Stuttgart auf 6.000 Quadratmeter im Tübinger Carré. Für danach gibt es noch keine weitere Planung.

Mehr lesen Sie in der aktuellen absatzwirtschaft-Ausgabe 6/2013 mit dem Schwerpunktthema Handel. Auch auf absatzwirtschaft.de werden wir im Juni immer wieder Handelsthemen aufgreifen. Zum Beispiel das Thema Mitarbeitermotivation und -förderung der Branche. Dabei wird auch Globetrotterchef Lipke zu Wort kommen. Schauen Sie einfach vorbei oder abonnieren Sie unseren Newsletter, damit Sie keine News verpassen.