Fischer-Marketingchef: „Es muss nicht immer der Dübel sein“

Wir haben die Vertreterinnen und Vertreter der Gewinner des Marken-Award 2020 zum Gespräch gebeten. Heute: Volker Amann, Divisional Managing Director International Marketing beim Dübel-Spezialisten Fischer, spricht über die neue Produktlinie namens "Ganz ohne Werkzeug".
Volker Amann: "Ein gutes Drittel der jungen Leute schätzt sich als handwerklich nicht besonders geschickt ein." (© Fischer)

Herr Amann, warum bringt ausgerechnet ein eingefleischter Dübel-Spezialist Produkte für Menschen heraus, die offenbar mit Hammer und Bohrer auf Kriegsfuß stehen?

VOLKER AMANN: Fischer ist im Profi- und Heimwerker-Bereich sehr gut aufgestellt. Wenn es um Dübel und Schrauben geht, haben wir ein sehr breites Spektrum an Lösungen im Programm. Wir arbeiten auch dort an Verbesserungen und bringen regelmäßig Innovationen auf den Markt, aber natürlich stellt sich immer die Frage, wo man über das Kernsortiment hinaus noch wachsen kann. Zudem betreiben wir Trendforschung und haben in diesem Zusammenhang festgestellt, dass insbesondere junge Menschen unter 30 Jahren immer häufiger gar kein Werkzeug besitzen. Aber auch sie haben regelmäßig etwas zu renovieren oder zu reparieren. „Ganz ohne Werkzeug“ spricht speziell diese Klientel an. Es muss ja
nicht immer der Dübel sein.

Heißt das auch, dass immer mehr Menschen zwei linke Hände haben?

Ein gutes Drittel der jungen Leute schätzt sich Studien zufolge tatsächlich als handwerklich nicht besonders geschickt ein. Ein noch größerer Teil von ihnen gibt an, dass sie keine Bohrmaschine besitzen. Ob das ein genereller Trend ist, kann ich allerdings nicht beurteilen.

Sie haben es schnell geschafft, die neue Produktlinie in rund 1100 deutschen DIY-Märkten zu positionieren. Wie schwierig war das?

Es ist immer eine Herausforderung, weil die Flächen im Handel sehr limitiert sind. Zudem brauchten wir eine gesonderte Platzierung und nicht nur zusätzlichen Platz im Dübelregal. Wir haben aber von vornherein in der Vertriebs- und Marketingstrategie die POS-Positionierung berücksichtigt und konnten dem Handel daher ein attraktives Konzept mit einem kompletten Set an Marketing-Tools anbieten.

Sie haben zur Markteinführung auch einen Verkaufsroboter eingesetzt, der Baumarkt-Besuchern interaktiv Informationen über „Ganz ohne Werkzeug“ lieferte. Wie kamen Sie darauf?

Wir entwickeln regelmäßig verschiedene Beratungshilfen für die Kunden, um aus dem breiten Angebot die richtige Lösung für ihre spezifische Aufgabenstellung zu finden. Darüber hinaus sind wir ständig auf der Suche nach neuen Lösungen, um die Customer Journey auch am POS zu optimieren. Der Roboter wurde von einem Spin-off-Unternehmen eines Fraunhofer Instituts entwickelt, das sich mit derartigen Servicelösungen
beschäftigt.

Werden Sie das neue Sortiment noch ausweiten?

Natürlich, da ist noch vieles denkbar. „Ganz ohne Werkzeug“ gliedert sich in die Bereiche Clever aufhängen, Reparieren und Kleben. Hier sind jeweils sowohl Produktoptimierungen als auch neue Artikel geplant.

Sind Sie persönlich ein echter Heimwerker? Oder gehören Sie auch zur Zielgruppe von „Ganz ohne Werkzeug“?

Ich habe schon das entsprechende Know-how und ein bisschen Erfahrung, verfüge über diverse Koffer mit Elektrowerkzeugen und traue mir Befestigungsaufgaben rund ums Haus bis hin zur Schaukel für meine Tochter im Kinderzimmer zu. Aber ab und zu benutze ich auch mal einen Reparaturspachtel, Klebelösungen oder unseren „Möbelretter“, mit dem sich ausgerissene Scharniere reparieren lassen, aus dem „Ganz ohne Werkzeug“-Sortiment. Da spricht auch für den geübteren Heimwerker gar nichts dagegen! Es ist einfach sehr schnell und bequem.

(kj, Jahrgang 1964), ewiger Soul- und Paul-Weller-Fan, hat schon für Tageszeitungen und Stadtmagazine gearbeitet, Bücher über Jugendkultur und das Frankfurter Bahnhofsviertel geschrieben und eine eigene PR-Agentur betrieben. 1999 zog es ihn aus dem Ruhrgebiet nach Frankfurt, wo er seitdem über Marketing-, Medien- und Internetthemen schreibt, zunächst als Ressortleiter bei „Horizont“, seit 2008 als freier Journalist und Autor. In der Woche meist online, am Wochenende im Schrebergarten.