FC St. Pauli-Marketer Martin Drust: „Wir sind nicht ausgabenscheu“

Der FC St. Pauli will sich von der Marke zum Medium entwickeln. Mit dieser Aufgabe betraut ist der gestandene Agentur-Profi Martin Drust, früher bei Tribal DDB und Thjnk. Seine Erfahrung nutzt er für Innovationen aber auch für harte Verhandlungsführung mit Agenturen.

Herr Drust, Sie wollen das Marketing beim FC St. Pauli transformieren. Was haben Sie vor?

MARTIN DRUST: Im Wesentlichen geht es um einen grundlegenden Perspektivwechsel. Wir wollen uns in Zukunft weniger wie ein Fußballverein verhalten und mehr wie ein Sender, wie ein Medium. Alleine aufgrund unserer Reichweite sind wir das ja. Wir kriegen ganz oft Kooperationsangebote von Medienpartnern, die uns mit ihrer Reichweite ködern wollen, denen wir aber sagen müssen, dass wir selbst mehr Reichweite haben.

Der andere Aspekt ist natürlich, dass wir als Fußballverein über sehr viele Inhalte verfügen, die wir lieber selbst kapitalisieren, als sie jemand anderem zu überlassen. Dabei ist uns auch die inhaltliche Kontrolle wichtig, die wir so besser ausüben können.

Wie weit sind Sie auf diesem Weg bisher gekommen?

Wir fangen gerade erst an. Unsere Strategie ist online aktuell nicht sichtbar, weil die Website noch die alte ist. Sie wird erneuert und soll sehr redaktionell werden – eher wie ein Newsportal als eine Fußballwebseite. Gleichzeitig führt sie aber nicht nur vereinseigene Inhalte, sondern sie hat den Anspruch, alles darzustellen, was rund um den FC St. Pauli passiert. Wir selbst haben ja auch viele Inhalte, die gar nicht direkt mit Fußball zu tun haben: die Millerntor-Gallery oder Viva con Agua zum Beispiel. Und auch die tollen Faninhalte, für deren Vielfalt es in Deutschland kaum einen Vergleich gibt. Das ist viel mehr als Fußball und das ist auch unser Anspruch.

Hat ein so bodenständiger Verein wie der FC St. Pauli mit der Digitalisierung auch Probleme, weil sie – wie Sie selbst sagen – auch für die Kommerzialisierung steht?

Bisher nicht. Das Kernprodukt, der Spieltag im Stadion, bleibt davon ja unberührt, wenn ich auf meiner Website Onlinewerbung mache. Aber wichtig ist natürlich dass das Grundkonzept stimmt. Das wurde im Vorfeld mit Bloggern, Fanbeauftragten und den Amateurabteilungen besprochen. Es haben nicht alle gejubelt, weil wir schon gefragt haben, wer da auch aktiv teilnehmen will. Das wollen nicht alle, was ich auch ok finde. Meine Hoffnung ist aber, dass die Website am Ende so überzeugend ist und sich so möglichst viele Fangruppierungen zumindest vorstellen können, Inhalte beizusteuern. Daher ist die Website sehr agil geplant. Sie kann und soll sich anpassen können, bis hin zur Hauptnavigation.

In manchen Bereichen wie etwa Bildrechten sind Ihnen eher die Hände gebunden. Was können Sie im Merchandising tun?

In der analogen Welt machen wir uns beim Merchandising eher rar. Man kann es bei uns im Shop kaufen und bei wenigen handverlesenen Partnern. Diesen Ansatz werden wir online ebenso fahren. Wir haben das in unserer Hand und prüfen gerade, welche Produkte dort stattfinden sollen. Natürlich soll es markenbildend sein, aber auch gewinnbringend. Was spricht dagegen, einem Ticketkäufer auch Merchandising anzubieten? Da wir im öffentlichen Bereich meistens ausverkauft sind, gilt das sowieso in erster Linie für den VIP-Bereich. Wichtig ist, dass wir keine Dinge tun, die uns langfristig binden. Gerade online muss man Sachen schnell ausprobieren können und eventuell auch wieder sein lassen.