„Es ist Überwachung”: Apple-Chef erhebt schwere Vorwürfe gegen Facebook und Google

Apple-Chef Tim Cook hat vor dem Europaparlament in Brüssel Facebook und Google für ihren Umgang mit Nutzerdaten kritisiert, sie allerdings nicht konkret genannt. Die Menge an persönlichen Daten dienten nur dazu, dass sich Firmen daran bereichern können. Er sprach von Überwachung und sagte zudem: „Unsere Daten werden mit militärischer Effizienz gegen uns gerichtet."
Apple-Chef Tim Cook

Von Nils Jacobsen

Der Wind hat gedreht. Lange Zeit sah Apple-Chef Tim Cook gegen die jugendlichen CEOs im Silicon Valley buchstäblich alt aus, bis eine Welle der Skepsis über das Geschäftsgebaren der ungebremsten Datensammelei das Management von Facebook. Google und Twitter in der öffentlichen Wahrnehmung entzauberte.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg etwa musste sich nach dem Datenskandal um Cambridge Analytica erst zwei Tage lang einem unangenehmen Verhör vor US-Senatoren stellen (das er relativ souverän überstand) und flog dann nach langem Drängen im Mai auch noch zu einem viel belächelten Pflichtauftritt nach Brüssel.

Tim Cooks Auftritt in Brüssel

Apple-CEO Tim Cook kann sich dagegen in diesem Tagen als echter Krisengewinner fühlen: Das Silicon Valley leckt seine Wunden, während es Apple so gut wie nie geht – möglicherweise, weil sich der Kultkonzern aus Cupertino nicht für die Daten seiner  Nutzer interessiert, wie Cook bei der Gelegenheiten herausstellt.

So trat der 57-Jährige heute als regelrechter Rockstar vor das Europaparlament in Brüssel. Cook verlor bei seinem engagierten Auftritt wenig Zeit damit, erneut mit den einstigen Vorzeigekonzernen des Silicon Valley abzurechnen, ohne Facebook und Google dabei beim Namen zu nennen.

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„Wir sollten die Konsequenzen nicht mehr schönreden. Es ist Überwachung. Die Mengen an persönlichen Daten dienen nur dazu, die Unternehmen, die sie sammeln, zu bereichern. Das sollte uns sehr unbehaglich fühlen lassen. Es sollte uns verunsichern “, klagte Cook in seiner gut zwanzigminütigen Rede an.

„Jeden Tag werden Milliarden Dollar umgesetzt und unzählige Entscheidungen auf Basis unserer Vorlieben und unserem Missfallen, unserer Freunde, Familie, unserer Beziehungen und Unterhaltungen, Hoffnungen und Träume, Wünsche und Ängste getroffen”, erklärte Cook an die Adresse der Social Media-Giganten. ”

Die einzelnen Datenfetzen seien für sich betrachtet harmlos, würden aber sorgfältig gebündelt, synthetisiert, gehandelt und schließlich weiterverkauft, erklärt Cook. Am Ende werden„unsere eigenen Informationen, vom Täglichen bis zum sehr Persönlichen, mit militärischer Effizienz gegen uns gerichtet”, spitzt der Apple-CEO seine Generalabrechnung mit den auf Online-Werbungen spezialisierten Internetriesen zu.

„So wenig Daten wie möglich zu sammeln und sorgfältig und respektvoll zu sein”

Es ist nicht das erste Mal, dass Cook mit den wenige Kilometer von Apple benachbarten Internetriesen im Silicon Valley abrechnet. Anfang des Monats wies der Apple-CEO die Internetgiganten für ihre Datenschutzpolitik zurecht: „Einige Unternehmen wollen Euch glauben machen: Wir müssen Eure Daten sammeln, um unseren Dienst besser zu machen. Glaubt ihnen nicht. Wer immer das behauptet, verbreitet einen Haufen Mist”, erklärte Apple-Chef im Interview mit Vice News.

Im Frühjahr hatte sich Cook in der Causa Cambridge Analytica klar positioniert. „Die Möglichkeit, dass jeder weiß, welche Seiten du jahrelang besucht hast, wer deine Kontakte sind, wer deren Kontakte sind, welche Dinge man mag oder nicht mag und jedes intime Detail deines Lebens kennt – das sollte meiner Meinung nach nicht existieren“, hatte der Apple-Chef auf dem China Development Forum in Peking Ende März gesagt.

Wenig später legte der Apple-Chef noch einmal nach. In einem MSNBC-Interview erklärte Cook auf die Frage, was er denn tun würde, wenn er sich in der Position von Mark Zuckerberg befände, trocken: „Ich wäre nicht in dieser Position.“

Auch auf der Abschlussfeier der Duke University in Mai adressierte Cook Apples Haltung beim Schutz von Daten und Privatsphäre klar. „Wir lehnen die Anschauung ab, dass man nur dann das Beste aus der Technologie herausholen kann, wenn Nutzer ihr Recht auf Privatsphäre abgeben. Deshalb wählen wir einen anderen Weg: So wenig Daten wie möglich zu sammeln und sorgfältig und respektvoll zu sein, wenn die Privatsphäre in unserer Obhut ist. Weil uns bewusst ist, dass die Daten Ihnen gehören“, erklärte Cook mit unausgesprochenem Verweis auf Facebooks jüngsten Datenskandal.