Marketing mit Risiko: die Corona-Versicherung von Emirates

Emirates bietet Passagieren seit einigen Wochen eine kostenlose Versicherung für Covid-19-bezogene Ausgaben an. Tatsächlich ist die Fluggesellschaft aus Marketingsicht einen großen Schritt gegangen. Aber das Programm ist riskant.
Emirates
Die Emirates-Crew trägt nicht nur Schutzanzüge an Board. Die Airline bietet Reisenden auch eine Versicherung gegen das Coronavirus. (© Emirates/Facebook)

Das Unternehmen bezeichnete das Angebot als nichts weniger als eine Weltneuheit. Die arabische Fluggesellschaft Emirates bietet seit einigen Wochen eine kostenlose Corona-Versicherung an. Die Police übernimmt Corona-bezogene Ausgaben. Die Airline zahlt damit für alle medizinischen Kosten von bis zu 150.000 Euro sowie die Quarantäne-Kosten von 100 Euro pro Tag, maximal zwei Wochen lang, falls Passagiere während ihrer Reise mit Covid-19 diagnostiziert werden. Damit will die Fluggesellschaft eine Antwort auf die Sorgen vieler Kunden geben. Die Fluggesellschaft verkündet: „Wer in dieser Zeit einen Flug oder eine Reise bucht, sucht Zusicherungen, die über die üblichen Sicherheitsmaßnahmen weit hinausgehen.“

Emirates mit diversen Corona-Maßnahmen

Seit der Wiederaufnahme des allgemeinen Fluggeschäfts hat Emirates eine ganze Reihe von Maßnahmen umgesetzt, um der reisenden Öffentlichkeit zu versichern, dass es unwahrscheinlich ist, Covid-19 in einem ihrer Flugzeuge zu bekommen. Die Website enthält eine Flut von Merkblättern, die jegliche Infektionspräventionsmaßnahmen Schritt für Schritt erläutern. Darunter verspricht das Unternehmen kostenlose „Hygiene-Kits“ für jeden Passagier, Einwegmenüs an Bord, Toilettenreinigung alle 45 Minuten und hocheffiziente Partikelluftfilter in den Kabinen.

Natürlich hat jede Fluggesellschaft eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt. Doch mit der Coronavirus-Versicherung ist Emirates deutlicher weiter nach vorn gesprintet. „Wir wissen, dass die Menschen sich danach sehnen zu fliegen, wenn sich die Grenzen auf der ganzen Welt allmählich wieder öffnen“, so der CEO, Scheich Ahmed bin Saeed Al Maktoum, in einer Erklärung. „Aber sie suchen genauso Flexibilität, sollte während ihrer Reise etwas Unvorhergesehenes passieren.“ Die Versicherung ist automatisch, sofort wirksam und die Reisenden tragen keine Gebühren. Die Kosten für das Programm will die Airline nicht offenlegen. Ohne Frage, Emirates hat mit ihrem Versicherungsschutz für Schlagzeilen gesorgt. Allerdings riskiert sie auch Reputationsschäden. Denn die Marketingidee ist unerprobt. Die Maßnahme zeigt, wie dringend die Flugbranche und damit auch Emirates darauf angewiesen sind, dass Passagiere wieder Flüge buchen.

Emirates will Empathie für Kunden zeigen

Die Covid-Versicherung von Emirates kommt zu einer Zeit, in der alle Luftfahrtunternehmen hin- und hergerissen sind. Einerseits sollten sie viel Geld für Sicherheitsmaßnahmen und attraktive Angebote auszugeben, um Flugreisende zurückzugewinnen. Andererseits müssten sie sich eigentlich auf einen harten Sparkurs einstellen. Emirates hat vor allem ein Ziel: Die Fluggesellschaft will die Integrität der Marke genauso wie Empathie für ihre Kunden zeigen.

US-Fluggesellschaften wie Delta und United haben sich in der Vergangenheit immer wieder darüber beschwert, dass Emirates den unfairen Vorteil staatlicher Subventionen genießt – eine Behauptung, die die in Dubai ansässige Fluggesellschaft vehement bestreitet. „Emirates ist eine der weltweit führenden Fluggesellschaften, gerade weil Emirates nicht auf staatliche Subventionen, Rettungsaktionen und Konkursgesetze angewiesen ist, sondern als verbraucherorientiertes, gewinnorientiertes Handelsunternehmen agiert“, so das Unternehmen in einer öffentlichen Stellungnahme.

Zwar gibt es sicherlich Fluggesellschaften, die im Vergleich zu Emirates in schlechterer Verfassung sind. Aber die Coronavirus-Pandemie bedeutet auch für die Airline Emirates ein abruptes Ende ihres in den vergangenen Jahren anhaltenden Siegeszugs in der Branche. Allein der Dubai Airport, das wichtigste Drehkreuz der Fluggesellschaft, war 45 Tage geschlossen. Emirates hatte zu diesem Zeitpunkt bereits die Gehälter der Mitarbeiter um 25 bis 50 Prozent gekürzt. Vergangenen Monat entließ die Firma 9000 Arbeiter, wobei die Geschäftsführung bereits ankündigte, dass es noch mehr werden müssen.

Die Emirates-Versicherung – ein risikoreiches Geschäft

In diesen Zeiten ist jede Sicherheitsmaßnahme, die eine Fluggesellschaft beschließt, eine Gelegenheit, sich zu vermarkten und am Markt zu differenzieren. Aber Masken und das Abwischen von Armlehnen zu verlangen, ist deutlich billiger als die Zahlung von sechsstelligen Arztrechnungen für jeden Passagier, der sich mit Corona infiziert. Genauso wie der weitere Verlauf von Corona nicht vorherzusagen ist, sind auch die Kosten der Emirates-Versicherung nicht prognostizierbar. Die Versicherung kann zu einem verdammt teuren Marketingschachzug werden.

Auf jeden Fall sieht Emirates seine neue Versicherung offensichtlich als einen Preis, der sich lohnt, in der Hoffnung, das Vertrauen der Fluggäste zu stärken. Aber Emirates spielt auch mit seinem Ruf, indem es sich auf neues Terrain wagt. Eine Reihe von Medien haben bereits aufgegriffen, dass die Emirates-Versicherung eine Sterbegeld-Versicherung beinhaltet. Die „New York Post“ etwa titelte: „Diese Fluggesellschaft wird die Bestattungskosten übernehmen.“ Und so eine Art von Bildern im Kopf der Kunden sieht ganz sicher keine Marke gern.

Sie wollen weitere relevante Informationen und spannende Hintergründe für Ihre tägliche Arbeit im Marketing? Dann abonnieren Sie jetzt hier unseren kostenfreien Newsletter.