Einhörner auf Abwegen: Wie Uber & Co. an der Börse floppten

Es liegen Welten zwischen der amerikanischen Ost- und Westküste: Was im Silicon Valley hochgehypt wird, muss noch lange nicht an der Wall Street durchstarten – das ist das Fazit des Börsenjahres 2019. Ausgerechnet die hoch gewettete nächste Digitalgeneration um Uber, Lyft, Slack & Co. erlebte in den vergangenen Monaten an den Kapitalmärkten ein Desaster. 
Auf Schlingerfahrt: Die Börsenneulinge Uber, Lyft & Co (© Thought Catalog / Unsplash)

Es war einmal ein Einhorn-Traum. Lang genug musste man vielversprechende Start-ups von Finanzierungsrunde zu Finanzierungsrunde großzügig mit Venture Capital aufpäppeln – dann würde schon irgendwann der große Zahltag an der Wall Street folgen.  

Doch spätestens seit dem spektakulär gescheiterten Börsengang von WeWork, der in einer Rettungsaktion durch den japanischen Internetriesen Softbank  in einem Bruchteil des früheren Unternehmenswertes endete, haben sich die Vorzeichen verändert. 

Uber mit schwer geflopptem Börsengang – schon 37 Prozent seit IPO weg

Vor allem Fahrdienstvermittler Uber, der jahrelang als aussichtsreichster neuer Börsenkandidat gehandelt wurde, für den Wagnisfinanzierer bereits Bewertungen nordwärts von 100 Milliarden Dollar ausgerufen hatten, erlebte beim Gang an die Kapitalmärkte im Mai ein wahres Fiasko.

Dabei hätten Anleger gewarnt sein müssen. Bereits der Probelauf des Rivalen Lyft Ende März geriet zur Schlingerfahrt. Nach zunächst scheinbar großem Kaufinteresse der Anleger schmierten Lyft-Aktien in den nächsten Tagen förmlich ab. Noch schlimmer erging es dem Ridehailing-Pionier Uber im Mai: Nicht einmal der Ausgabekurs von 45 Dollar, auf dessen Basis das zehn Jahre alte US-Unternehmen immer noch mit 82 Milliarden Dollar bewertet wurde, wurde auch nur einen Handelstag gehalten.

Scott Galloway: „Uber ist weiter dramatisch überbewertet“ 

Die Uber-Aktie verlor bereits am ersten Handelstag sieben Prozent an Wert und sollte danach in den freien Fall übergehen. Nach den vergangene Woche vorgelegten Quartalszahlen, die einen Verlust von 1,1 Milliarden Dollar bei Umsätzen von 3,8 Milliarden Dollar offenbarten, stürzte Uber auf ein neues Allzeittief bei 26 Dollar ab, auf dem der Fahrdienstvermittler nur noch mit 45 Milliarden Dollar bewertet wird.

Nach Meinung von Scott Galloway dürfte damit das Ende der Fahnenstange indes noch nicht erreicht sein. „Uber ist weiter dramatisch überbewertet“, legt sich der Bestsellerautor („The Four“) und Marketingprofessor der New York University fest.

Auch mit Pinterest und Slack verbrennen sich Anleger die Finger 

Die gleiche Frage dürften sich Aktionäre des Messenger-Dienstes Slack und des Ideen-Netzwerks Pinterest stellen.  Nachdem das neun Jahre alte Vorzeigeunternehmen der Sharing Economy im April (Tickersymbol “PINS”) stark an der Wall Street gestartet war, folgte in den vergangenen Wochen das böse Erwachen. Im jüngsten Quartal verbuchten die Kalifornier bei Umsätzen von 279 Millionen Euro Verluste von 125 Millionen Dollar. 

Zu viel für die immer kritischere Wall Street: Die Aktie von Pinterest befindet sich wie Uber im freien Fall und hat sich in den vergangenen zehn Wochen fast halbiert – und notiert inzwischen deutlich unter dem Ausgabekurs. Das Schicksal teilt die Fotoplattform mit einem anderen Börsenneuling aus San Francisco: Auch Slack startete im zweiten Quartal zunächst furios, wurde aber bei Kursen von über 40 Dollar auf gar 20 Dollar durchgereicht. Wer Anteilsscheine des Instant Messengers Ende Juni zeichnete oder nach dem IPO an der Börse erwarb, sitzt heute auf happigen Verlusten. 

Auch Peloton fällt zurück – Börsenneulinge vernichten zweistellige Milliardenbewertungen 

Und auch Peloton, ein Anbieter von stationären Indoor-Fitnessrädern mit  interakativem Kursangebot, machte nach dem Börsengang Ende September schnell die Erfahrung mit der neuen Wirklichkeit an der Wall Street, an der nach dem WeWork-Debakel andere Gesetzmäßigkeiten als im wachstumsgetriebenen Silicon Valley gelten – nämlich nur die Aussicht auf schnelle Profitabilität (road to profitability.) Aktien des Fitnessgeräteherstellers fielen schon in den ersten Handelstagen zweistellig unter den Ausgabekurs zurück, ehe ein Turnaround einsetzte.

Insgesamt summieren sich die Bewertungsverluste der im Silcon Valley hoch gewetteten Einhörner gegen Ende 2019 auf mehr als 100 Milliarden Dollar – allein WeWork, Uber, Lyft und E-Zigarettenanbieter Juul waren für einen Einbruch von 90 Milliarden Dollar verantwortlich.

Für Scott Galloway hat der brutale Börsenabsturz der Einhörner indes auch etwas Gutes. „Die Märkte kehren nach einer psychotischen Phase zur Realität zurück“, twitterte der Marketingprofessor bereits nach dem Bewertungskollaps von WeWork. In anderen Worten: Die Fantasiebewertungen des Silicon Valleys sind auf dem rutschigen Börsenparkett der Wall Street nicht zu halten.