Ein Pitch ist noch lange nicht die Antwort

Die Digitalisierung bringt neue Möglichkeiten und Herausforderungen für das Marketing mit sich. Was sich bei Prozessen und Kunde-Agentur-Beziehungen ändern muss und warum ein Pitch nicht mehr ausreicht, erklärt thjnk-Vorständin Anke Peters in der GWA-Kolumne.
Anke Peters ist Geschäftsführerin von thjnk und Vorstand im GWA. (© Chris Noltekuhlmann)

Marketing ist im Umbruch. Das gilt für Kunden und Agenturen im gleichen Maße. Beide stehen vor der großen Herausforderung, sich weiterentwickeln und verändern zu müssen, um in dieser komplexen und sich immer schneller verändernden Welt weiter Bestand haben zu können. Die Herausforderungen sind vielschichtig, vor allem durch die Digitalisierung und sich verändernde Kundenbedürfnisse wird der Markt komplexer.

60 Prozent der Marketingverantwortlichen geben an, dass sich die eigene Rolle und der Verantwortungsbereich in den vergangenen zwei Jahren signifikant verändert haben (Forbes Insight, 2016). Darüber hinaus steht das Marketing in Unternehmen verstärkt unter Rechtfertigungszwang zu Budgets. KPIs machen den Erfolg messbar, aber die direkte Verbindung von KPIs und Maßnahmen erfordert einen komplexen Umgang mit Daten.

Zusammenarbeit auf dem Prüfstand

Datenmanagement und Technologien nehmen also einen erheblichen Einfluss auf unsere Arbeit. Sowohl Kunden als auch Agenturen möchten davon profitieren, jedoch ist das „Wie“ nicht klar und die Frage bleibt, ob man in bestehenden Agentur-Kunde-Partnerschaften diesen Weg gemeinsam gehen kann. Die Art und Weise der Zusammenarbeit steht auf dem Prüfstand und muss sich grundlegend verändern, um offen für neue Prozesse zu sein und in anderer Transparenz zusammenzuarbeiten.

Unter diesem Zustand haben sich die Agenturbeziehungen in den letzten Jahren stark verändert: Langjährige Vertragspartnerschaften weichen Rahmenverträgen ohne jegliche oder nur mit limitierten Auftragsvolumen, Projektgeschäft ersetzt verbindliche Retainer und Mindestabnahmen, Marketers unterhalten Agenturpools, um flexibel in der Auftragsvergabe sein zu können. Und selbst diese Rahmenverträge sind in der Regel befristet, zwar mit der Option auf Verlängerung, aber ebenfalls der Möglichkeit, Preise nach Ablauf neu zu verhandeln.

Die beste Idee reicht nicht mehr aus

Während die Anforderungen steigen, bleibt das Budget im besten Fall stabil. Die Entwicklungen sind also gegenläufig. Statt investieren zu können, muss gut gehaushaltet werden. Auf der Suche nach der schnellen, umsetzungsfähigen Lösung werden Themen ausgelagert und Mandate anderweitig vergeben. Viele der Einfluss nehmenden Akteure auf Unternehmensseite fühlen sich in diesem veränderten Verantwortungsbereich nicht mehr fachkundig, erhoffen sich Hilfe und Lösungen von extern.

Und: war früher die beste Idee und größte Kreativität einer der wichtigsten Treiber bei einer Agenturentscheidung, ist sie heute nur noch ein Faktor von mehreren. Auch ist sie kein ausschließlicher Garant mehr für eine erfolgreiche Agentur-Kunde-Beziehung. Was ist es also?

Das qualifizierende Kriterium für Marketers und auch Agenturen in Zukunft ist, wie sehr sie in der Lage sind, mit allen Experten, die mittlerweile mit am Tisch sitzen wenn es um die Bewältigung der komplexen Aufgaben geht, kollaborieren zu können. Es geht um Multilingualität und Kulturmanagement – auf Augenhöhe zu sein, Wissen sinnvoll miteinander zu verknüpfen und so als Scharnier zwischen den Gewerken agieren zu können.

Game Changer: Kollaboration

Wichtiger denn je ist die Fähigkeit des guten Sparringspartners zwischen Abteilungen und Akteuren und in der Lage zu sein, sowohl kreativ als auch strategisch beratend führen zu können, denn die Abgrenzung zu Unternehmensberatern und Technologieanbietern schwindet.

Aber wie kommt man zu kollaborativer und interdisziplinärer Zusammenarbeit?

Die Erfolgsfaktoren für solche Konstrukte sind offensichtlich, jedoch nicht einfach in der Implementierung. Eine klare Rollendefinition und die Verantwortung im Prozess sind entscheidend. Soft Skills sind insbesondere gefragt, Klärung von Rollen und Erwartungen, aber auch ein professioneller Umgang mit Konflikten, Problemen und Frustration – auch außerhalb der eigenen vier Wände. Darüber hinaus ist die Implementierung von Prozessen essentiell und das Bereitstellen einer kollaborativen Infrastruktur.

Mehr Raum für Reflexion

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist Vertrauen in der gemeinsamen Arbeit, die Fähigkeit, relevante Fragen zu stellen, Ziele und Maßnahmen konstruktiv hinterfragen zu können. Transparenz, das frühe Teilen von Ideen und Gedanken, laufende Interaktion sind ebenfalls essentiell. Hier können sich Agenturen viel von iterativen Vorgehensmodellen aus der Start-up-Landschaft abschauen.

All diese Fähigkeiten lassen sich jedoch leider nicht in einem Pitch abfragen, sondern könnten das Resultat einer konstruktiven Zusammenarbeit sein, die ein gemeinsames Ziel verfolgt. In einem Workshop beispielsweise zeigt sich meist schnell, ob die genannten Soft Skills vorhanden sind und die Arbeitsweise zusammenpasst.

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