Edeka versus Deutsche Bahn: Die Werbung und die Wutbürger

Ein Edeka-Spot zeigt Einsamkeit eines alten Mannes. Manch einer muss weinen, andere zürnen ob der Inszenierung. Die Bahn greift die Edeka-Idee auf und alle rasten aus. Ein bisschen weniger Empörung bitte

Ein Kommentar

Weil seine Familie nicht mit ihm Weihnachten verbringt, täuscht in einem Edeka-Spot der Großvater seinen eigenen Tod vor. Am Ende sitzen alle um den Tisch und zelebrieren das Zusammensein. Friede, Freude, (Edeka-)Eierkuchen.

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Ein geschickter Zug des Lebensmittelhändlers, denn für Tage sprach das Netz über den Spot. Und regte zudem auch in den Medien eine Diskussion darüber an, wie viele Menschen die Feiertage alleine verbringen. Damit hätte man das Ganze auch wieder vergessen können: Clevere Kommunikationsidee und dabei noch etwas Gutes getan, weil Diskussion angeregt. So einfach ist es natürlich nicht, denn die Werbung rief auch einige „Freizeitempörte“ auf den Plan, die sich über den Spot aufregen.

Auftritt Bedenkenträger: „Geschmacklos“ wäre das, seine eigenen Tod vorzutäuschen, meint da einer. Mit dem Tod spiele man nicht rum, meint ein anderer auf Twitter. Natürlich ist der Spot überzeichnet, aber so schlimm ist das alles dann doch nicht.

Schlimm. Schlimmer. Deutsche Bahn.

Alles in allem waren aber eher die tränenreichen Tweets über den Spot in der Mehrheit. Nicht so bei der Deutschen Bahn, die den Spot direkt für die eigene Sache aufgriff. „Sehnsucht nach der Familie. #heimkommen gibt es bei uns schon ab 19 Euro“, vermeldete der Konzern auf Twitter. Versehen mit einem Bild, auf dem der älterer (Edeka)-Herr ins Bordbistro montiert wurde. Gekonnt gekapert, lustige Aktion.

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Aber nein, die „Freizeitempörten“ waren auch hier zur Stelle: Zwar bekommt der Tweet, sowie das gleiche Facebook-Posting, viele Likes und Retweets, aber die Diskussion entwickelt sich schnell in eine andere Richtung: Da geht es um überteuerte Preise im Bordrestaurant, teure Tickets und verspätete Züge. Ernsthaft!?

Keine Frage, auch der Autor dieses Textes wartete durchaus häufiger auf verspätete Züge, fand sich dank Umleitungen an Regionalbahnhöfen im Nirgendwo wieder, bezahlte viel zu viel für einen schlechten Kaffee oder schwitzte in überhitzen Abteilen. Dennoch ist er, wie viele andere auch, in der Lage eine witzige Idee auch als solche zu verstehen. Und um viel mehr geht es dabei auch nicht.

Liebe Freizeitempörten, Kritik in allen Ehren: Aber ein wenig Wutmanagement und Verhältnismäßigkeit gehören auch dazu. Ein Werbeanzeige erfordert nicht gleich einen Shitstorm, nur weil sie von der Deutschen Bahn kommt. Denn die kann machen was sie will, irgendwie gibt es immer Ärger.