Dramatischer Sinkflug, verunsicherte Händler: Wie Mazda den Turnaround vollzog und ins Premiumsegment einziehen will

1972 in Deutschland gestartet war Mazda eine typisch japanische Marke, die bis zum Jahre 2006 von einer stetig wachsenden preisbewussten Käuferschaft profitierte. Dann gab es einen Strömungsabriss und die Verkäufe sanken hierzulande bis 2012 um unvorstellbare 48 Prozent – auch international gab es bereits zwei Jahre zuvor eine gehörige Delle in Absatz und Umsatz. Emotionen und Design sollten das gute Preis-Leistungs-Verhältnis ablösen

Die Hürden: Die Wiederkaufsrate muss besser werden   

Zum einen fahren noch genügend alte Modelle herum, die natürlich noch weit entfernt vom heutigen Anspruch sind und das beabsichtigte Markenbild stören. Zum anderen: Kunden zu bekommen ist das eine, sie zu halten das andere. Für Automobilhersteller wird es dann interessant, wenn die Wiederkäufe kommen. In den USA liegt die Rate bei 34 Prozent, in Deutschland immerhin noch knapp unter 50 Prozent. Damiano räumt ein: „Das ist nicht alarmierend, aber es zeigt, dass noch Hausaufgaben zu machen sind. Das Thema Sales-Loyalty hat für uns zukünftig Priorität.“ Aber noch sieht er den Zeitpunkt der eigentlichen Bewährung trotz guter Eroberungsquoten von 60 Prozent von anderen Automarken    vorzugsweise durch die Modelle
Mazda CX-3 und Mazda CX-5 – noch nicht gekommen: „Unser Produktportfolio hat sich gerade runderneuert, insofern steht bei vielen Erstkäufern der mögliche Wiederkauf noch an. Es ist für uns daher der erste richtige Case, wo wir mit einem Fahrzeug der neueren Generation genau sehen können, wie viele tatsächlich bei der Marke bleiben oder wieder abwandern.“

Die Erfolgskennziffern: Was wurde in Zahlen erreicht?

Aber dennoch lassen sich zahlreiche Erfolge einfahren. Bereits kurz nach der beschlossenen Neuausrichtung 2012 gewann der Mazda CX-5 den Bild-Vergleichstest gegen den VW Tiguan, den Hyundai ix35 und den Ford Kugar. 2015 gab es dann regelrecht einen  Preisregen von fast einem Dutzend Auszeichnungen, angefangen bei „Auto Motor Sport“ über die Kundenzufriedenheitsbefragung J. D. Power bis hin zum Reddot Design Award.  Der Marktanteil erholte sich von 1,3 Prozent 2012 bis auf 1,9 Prozent mit über 63 000 Einheiten in Deutschland im letzten Jahr. Für 2017 ist die ZweiProzentmarke angepeilt. Dabei hat
Mazda eine gesunde Quote von rund 50 Prozent bei privaten Zulassungen, während der Gesamtmarkt mittlerweile auf 35 Prozent abgesackt ist.

Auch die Markenwahrnehmung hat sich geändert. 2010 noch war Mazda vom Image her im Umfeld von Kias, Suzukis, Lancias und Dacias, 2013 bewegte man sich in Richtung Škoda und Toyota. Nach der aktuellen Erhebung von „Auto Motor Sport“ unter 110 000 Lesern ist Mazda im Quadranten der emotionaleren und zuverlässigen Marken wie Land Rover, VW oder Mini gelandet. In der 2017er-Forsa-Umfrage belegt Mazda bei den importierten Marken den ersten Platz bei emotionalen Markenwerten. Erklärtes Ziel ist nicht weniger als bei Lexus, Volvo und in Reichweite von Mercedes oder Audi zu sein.

Das unerwartete Learning: Es müssen nicht Automessen sein

Das Vertrauen war so stark, dass ein Händler in Augsburg das erste Mazda-Museum außerhalb der japanischen Heimat initiierte und aufbaute, in dem nun stilprägende Modelle der rund 100 vergangenen Jahre zu sehen sind. Und die Menschen machen sich auf, um die Marke zu besuchen. Auch die Mazda-Lounges, die Damiano als Pop-up-Store in Berlin und Düsseldorf im April und Mai konzipierte, zogen über 12 000 Besucher an. „Das wäre noch vor einigen Jahren aus Marketingsicht undenkbar gewesen, dass wir in einer großen Metropole so viele Menschen für Mazda interessieren.“

Das zeigt zweierlei: Die Marke hat tatsächlich gewonnen, aber auch die überraschenden Auftritte versprechen Aufmerksamkeit. Daher wird sich
Mazda Deutschland bewusst von den Automessen abwenden und gezielt in Bereiche hineingehen, wo keiner mit der Marke rechnet. Auf diese Weise hat Mazda unter anderem auf der diesjährigen IFA zwischen Philips und der ARD seinen Stand. Auch das ist mittlerweile möglich: Vor der offiziellen Markteinführung im Februar 2017 startete im Dezember 2016 der Vorverkauf für den MX-5. Neben der Möglichkeit, beim Händler eine Vorbestellung abzugeben, konnte man optional das auf 250 Stück limitierte Sondermodell „Ignition“ reservieren, und zwar ausschließlich übers Internet. Das Modell war innerhalb von 24 Stunden vergriffen. Das zeigt die Kraft, die in dem Modell steckt, und das Potenzial, das in der Marke schlummert.

Der Ausblick: Was kommt?

2020, zum 100-jährigen Jubiläum der Marke, soll das Produktportfolio komplett erneuert sein – inklusive eines echten E-Fahrzeugs. So lange will man sich noch Zeit nehmen. Damiano betont: „Selbst Angela Merkel hat ja bereits das Ziel von einer Million E-Autos für 2020 revidiert. Wir gehören hier bewusst nicht zu den Ersten. Wir sind ganz klar Follower. Aber das Batteriegewicht für eine Reichweite von  500 bis 600 Kilometer widerspricht derzeit noch unserer Leichtbauweise.“
Dieser Strategie möchte man treu bleiben: Keine downgesizten Motoren, wie sonst derzeit im Trend, sondern die
Hubräume im Zweiliterbereich plus deutliche Gewichtseinsparungen bringen bei Mazda die entsprechend notwendigen Spritverbräuche. Auch das gehört zum emotionalen Kern. Großer Hubraum verfängt bei Sportbegeisterten und bei Männern in jedem Falle – und ist ein Indiz für Premium.