Die Zukunft von Chatbots nach Corona

Chatbots versorgen Millionen von Verbrauchern täglich mit COVID-19-Informationen. Sie können aber noch verbessert werden. Dafür müssen zukünftig öffentliche und private Interessengruppen besser zusammenarbeiten.
Die Lernkurve in Bezug auf Chatbots ist während der Corona-Krise steil. Die Erkenntnisse sind für alle Branchen relevant. (© Imago)

Hab ich’s oder hab ich’s nicht? Ist es eine Erkältung oder doch Sars-CoV-2? Antworten liefern kann ein Chatbot. Er stellt Fragen wie etwa: Haben Sie Fieber? Leiden Sie an Atemnot? Neben Corona berücksichtigt der Chatbot weitere abertausende Erkrankungen. Am Ende steht eine Risikobewertung.

Chatbots zählen zu den wohl am meisten gehypten Anwendungen von künstlicher Intelligenz speziell im Marketingbereich. Nun erleben sie ihre größte Bewährungsprobe. Die COVID-19-Pandemie beschleunigt die Technologie und hilft Menschen weltweit, sich mit der Nutzung dieses Tools im Gesundheitswesen wohler zu fühlen. Die Lernkurve über die Chatbot-Technologie ist steil. Schließlich ist das Gesundheitswesen hoch sensibel und stark reguliert. Die Fehlerwahrscheinlichkeit ist in kaum einem anderen Bereich so hoch. Darum lohnt es sich für Unternehmen anderer Branche, die aktuelle Entwicklung im Blick zu haben und sie gegebenenfalls für sich zu prüfen. Vor allem zeigt sich, wie wichtig die Zusammenarbeit öffentlicher und privater Interessengruppen ist, um den Nutzen zu maximieren und gleichzeitig die Risiken zu minimieren.

Siri und Alexa sind Teil des Alltags geworden

Der Corona-Ausbruch ereignete sich in einer stark vernetzten Welt. Die Verbreitung nachvollziehen zu können, bleibt jedoch herausfordernd. Nicht zuletzt die mangelnde Reichweite bei alten und das mangelnde Vertrauen in neue Medien führten zu dem Siegeszug von Chatbots. Fortschritte in der Verarbeitung natürlicher Sprache haben zu ihrer Verbreitung massiv beigetragen. Dies führte zu Tools wie Siri, Alexa und Google Home, die Teile des alltäglichen Lebens vieler Verbraucher sind. Die intuitive Benutzeroberfläche von Chatbots bietet einen reibungslosen Ansatz zur Verbreitung kritischer Informationen an große Bevölkerungsgruppen.

Zudem sind Chatbots wie Websites rund um die Uhr verfügbar und bieten großes Potenzial für die Verknüpfung nicht selbst zusammengestellter Informationen. Diese können an die Bedürfnisse und Symptome des Einzelnen angepasst werden. Die Beantwortung spezifischer Fragen kann auf interaktive Weise schneller erfolgen als bei herkömmlichen Online-Suchmethoden. Die Informationen können auch an die lokalen Richtlinien und Vorschriften angepasst werden, je nach Standort des Benutzers.

Chatbots bei der WHO und in Krankenhäusern

Neben zahlreichen Unternehmen setzt aktuell auch die WHO auf Chatbots. Viele Regierungen starten auch Chatbots, um ihren Bürgern validierte Informationen zur Verfügung zu stellen. Die weit verbreitete Einführung von Chatbots für COVID-19-Informationen hat die Belastung der Call-Center in Krankenhäusern maßgeblich verringert. Dennoch ist die Corona-Zeit auch die Bewährungsprobe für Chatbots, denn die Programme sind nur so gut wie die eingespeisten Informationen. Diese ändern sich während einer Pandemie ständig.

Während Chatbots viele Vorteile bieten, zeigen sich aktuell einige Mängel, die behoben werden müssen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die von den Chatbots bereitgestellten Informationen aufrechtzuerhalten. Beispielsweise ist es möglich, von unterschiedlichen Chatbots unterschiedliche Antworten zu erhalten. Das eine Programm sagt, der Nutzer solle lediglich daheimbleiben, das andere sagt, er solle direkt in Behandlung gehen. Dies liegt an den unterschiedlichen Informationsquellen, die den Programmen zugrunde liegen. In anderen Chatbots wird das Back-End-Repository, aus dem Chatbots Informationen abrufen, möglicherweise nicht häufig genug aktualisiert. Außerdem verfügen die meisten heute bereitgestellten Chatbots über ein relativ einfaches Back-End, das Informationen nachschlägt, indem es anhand der Benutzereingaben durch einen „Entscheidungsbaum“ geht. Wenn der Entscheidungsbaum eines Chatbots nicht häufig aktualisiert wird, veralten Vorschläge des Chatbots.

Ethische Bedenken gilt es auszuräumen

Auf lange Sicht, so die Experten, werden Chatbots wahrscheinlich zu digitalen Portalen für die interaktive Gesundheitsversorgung, die Patienten dabei helfen, einen Arzt oder eine Dienstleistung zu finden und Termine zu vereinbaren. Zudem werden sie die Symptomprüfung erleichtern, Erstversorgung bereitstellen, Patienten auf Eingriffe vorbereiten sowie Teile der Nachversorgung übernehmen. Während diese Anwendungen zu einem besseren Pflegemanagement und einer besseren Kundenbindung führen können, können verschiedene Probleme auftreten. Das betrifft zum Beispiel Fehlkommunikation zwischen Chatbots und Nutzern, falsche Wahrnehmung von Chatbots durch Kunden, falsche oder schlechte Anleitungen oder Diagnosen. Hinzu kommen allgemeinere ethische Bedenken. Diese umfassen: Chatbots, die vorgeben, menschlich zu sein oder Programme, die psychisch erkrankte Patienten betreuen.

Um diese und andere ethische Bedenken auszuräumen, sind klare und wirksame Governance-Rahmenbedingungen erforderlich, um Chatbot-Entwickler, Plattformanbieter und Gesundheitssysteme anzuleiten. Diese Rahmenbedingungen müssen eine Reihe von Faktoren berücksichtigen, darunter Akkreditierung, Leistungssicherung, Datenschutz und Sicherheit. Erst dann, wenn der Informationsfluss ungehindert ist und alle Instanzen zusammenarbeiten, können die Programme ihr ganzes Potential ausspielen und Mehrwert und Entlastung in vielen Branchen bieten.