Die Wandlung von einer Messe zum Medium: Dmexco-Macher wollen eine ganzjährig präsente Marke schaffen

Nach dem plötzlichen Abgang von Frank Schneider und Christian Muche hatte die neu formierte Spitze um Chefberater Dominik Matyka nicht viel Zeit, um Ausstellern und Partnern den Kurs der Messe näherzubringen. Im Interview mit der absatzwirtschaft sprechen er und Philipp Hilbig, verantwortlich für Expo & Operations, über die Messe als Marke und das Verhältnis zu den Online Marketing Rockstars.
Plan des Führungsteams: Die Dmexco soll nach der Vision von Matyka (l.) und Hilbig als ganzjährige Marke auftreten

Herr Matyka, Herr Hilbig, die Dmexco steht vor der Tür. Ende 2017 gab es die große Umstrukturierung wegen der Trennung der Dmexco-Gründer Muche und Schneider von der Koelnmesse. Wie sehr hat das die Planung für die diesjährige Veranstaltung durcheinander geworfen?

Matyka: Wenn es eine Verunsicherung im Markt gab, dann vielleicht Ende 2017 und Anfang 2018.  Da wusste der Markt noch nicht, wer als Verantwortlicher neu kommt. Ab Januar habe ich gemeinsam mit Philipp und Christoph Werner (Anm. d. Red.: zu dritt bilden sie das Führungsteam) viele unserer Partner persönlich getroffen und das neue Konzept vorgestellt.  Seit einem halben Jahr ist das Thema in meinen Gesprächen gar nicht mehr präsent. Im Gegenteil, viele Marktpartner diskutieren mit uns sehr angeregt die neue Strategie der Dmexco. Für uns steht die Community der Dmexco, der Erfolg der Veranstaltung und die Zufriedenheit der Teilnehmer an erster Stelle. Ich persönlich kenne Frank und Christian schon sehr lange, werde aber die rechtliche Auseinandersetzung mit der Koelnmesse nicht kommentieren.
Hilbig: Auch in meinen Gesprächen mit Ausstellern spielt das Thema keine Rolle mehr. Zwar ist organisatorisch zwischen November und Dezember das ein oder andere liegen geblieben. Als das neue Team dann stand, haben wir das aber mit vollem Tempo aufgeholt

Wie sah die Zusammenarbeit mit den Ausstellern in dieser Zeit aus?

Hilbig: Schon vor der Dmexco im vorigen Jahr gab es einige Äußerungen und Forderungen aus dem Markt, die ganz unterschiedlicher Natur waren. Da war die Frage Internationalität und/oder Nationalität und oft ging es auch um die Größe der Messe, verbunden mit der Kritik einer zunehmenden Unübersichtlichkeit des Angebots. Einige Kritikpunkte waren sicher dem starken Wachstum in der Vergangenheit geschuldet, andere waren eher struktureller Natur. Da haben einige große Aussteller sowie Markt-  und Medienpartner zu Recht gefragt, wie wir diesen zentralen Themen begegnen wollen. Deshalb haben wir mit Dominik und dem Team in den ersten Wochen erst einmal eine Bestandsaufnahme gemacht. Danach haben wir mit Hunderten Ausstellern und Marktpartnern gesprochen und versucht, die verschiedenen Anforderungen und Bedürfnisse unseres Ökosystem zu begreifen und zu ordnen.
Matyka: Wir wollten verstehen, was die zentralen Herausforderungen für uns sind. Danach haben wir eine Strategie entwickelt und einen Maßnahmenkatalog aufgesetzt. Ein erster sichtbarer Schritt war eine neue Corporate Identity und eine komplett neue Website mit erweiterter Funktionalität. Außerdem haben wir das Team personell stark aufgestockt, spezialisierte Dienstleister mit dazugeholt und eine komplett neue IT-Infrastruktur eingezogen. Das waren aber nur die ersten Schritte. Unsere Roadmap ist noch mindestens bis 2021 gefüllt. Wir haben jetzt eine Basis geschaffen, auf der wir die nächsten Jahre weitermachen wollen. Und da kommt spätestens 2019 eine Menge, mehr wollen wir derzeit noch nicht verraten.

Heute muss man mit seiner Community individuell kommunizieren

Herr Matyka, Sie kommen aus dem Startup-Bereich und haben unter anderem das Unternehmen Plista aufgebaut. Nun organisieren Sie die Dmexco. Was mussten Sie völlig neu lernen? Und welche Fähigkeiten aus Ihrem vorigen Berufsleben waren hilfreich?

Matyka: Ich hatte verschiedene Anknüpfungspunkte, die ich nutzen konnte. Zum einen kenne ich die Dmexco sehr gut, weil ich seit dem Start mit meinen Firmen dort als Aussteller vertreten bin. Zum anderen verfüge ich ein globales Netzwerk von Menschen, von denen viele im digitalen Marketing tätig sind. In meiner neuen Funktion als Chief Advisor musste ich in ganz kurzer Zeit lernen und verstehen, wie die Organisation tickt, welche Ziele und Werte dahinter stehen. Dann haben wir angefangen, Prozesse zu hinterfragen und komplett neu aufzusetzen. Dieser Weg war eine Mischung aus einem Change-Prozess und einem Startup und wir sind ihn mit der Koelnmesse und unserem Partner BVDW gemeinsam gegangen. Startup-Feeling hatte das Ganze deshalb, weil wir personell eine vergleichsweise kleine Organisation sind und weil die Geschwindigkeit der Veränderungen absolut Startup-reif ist.

Aber ein Startup ist die Messe nicht.

Matyka: Die Dmexco ist, anders als ein Startup, eine sehr bekannte Marke. Nach erfolgreichen Jahren war aber zunehmend Kritik am „Schneller, höher, weiter“ laut geworden und ein Wunsch nach Veränderung entstanden. In den Gesprächen der vergangenen Monate haben wir gelernt, dass unsere zahlreichen Stakeholder sehr unterschiedliche Erwartungen an uns haben. Diesen Anforderungen tragen wir jetzt in Start-up-Geschwindigkeit Rechnung.

Nun wieder eine Frage an beide: Wie soll die Dmexco in drei, vier Jahren aussehen? Was ist die Strategie dahinter?

Matyka: Die Dmexco ist aktuell auf dem Weg von einer Messe zum Medium. Das mag sich erst mal wie eine Floskel anhören, ist aber der strategische Weg, für den wir uns entschieden haben. In der heutigen Zeit muss man mit seiner Community das ganz Jahr über individuell kommunizieren. Da kann ein zweitägiges Event zwar das absolute Highlight sein, aber nicht die alleinige Antwort auf die Anforderungen unserer Zielgruppe.