Noch vor ein paar Jahren war die Welt vermeintlich einfacher. Zwar komplex, verwoben, globalisiert, mit Krisenherden und wirtschaftlichen Herausforderungen. Aber doch gab es einen gemeinsamen Nenner: Fakten, auf die sich Menschen, die Gesellschaft einigen konnten. Das hat sich nun verändert – und zwar auf unterschiedlichen Ebenen und aus verschiedenen Gründen.
So zeigt sich in politischen Diskursen immer wieder, dass unterschiedliche Akteur*innen mit divergierenden Interpretationen von Fakten argumentieren. Eine Analyse des gemeinwohlorientierten Medienhauses Correctiv zum Bundestagswahlkampf etwa machte deutlich, dass eine Vielzahl von Behauptungen rund um zentrale gesellschaftliche Themen wie Migration, Energiewende oder den Ukraine-Krieg mit falschen oder irreführenden Informationen vermischt wurde.
Was ist wahr, was ist fake?
Auch die Dynamik sozialer Plattformen spielt in diesem Kontext eine nicht unerhebliche Rolle. Entscheidungen, bestimmte Inhalte nicht mehr aktiv zu überprüfen, sowie die anhaltende Verbreitung von Desinformation verdeutlichen, dass sich das Informationsumfeld für Nutzer*innen verändert. Trotz technischer Maßnahmen bleibt die Herausforderung bestehen: Die schiere Menge an Inhalten macht es für Konsument*innen zunehmend schwieriger, verlässliche Informationen von Fehlinformationen zu unterscheiden.
Und letztlich wird es durch den flächendeckenden Einzug von generativer künstlicher Intelligenz (Gen AI) immer einfacher, digitale Inhalte zu gestalten – und gleichzeitig die Grenze zwischen Echt und Unecht zu verwischen. Das betrifft nicht nur Nachrichten, Websites und Online-Shops, sondern vermehrt auch visuelle Inhalte.
Verunsicherung als Wachstumsbremse
Das Verschwinden des Faktischen, Klaren, Beweisbaren führt zu zunehmender Verunsicherung bei vielen Menschen – auch beim Online Shopping. Die Life Trends 2025 von Accenture Song zeigen, dass bereits mehr als die Hälfte der Menschen die Authentizität von Online-Inhalten infrage stellt. Die Kernfrage also: Kann ich dem, was ich sehe, vertrauen? Ist das echt? Daraus folgt die kollektive Sorge um einen verlässlichen Realitätsbezug.
Für Unternehmen ist das ein Risiko. Auf der einen Seite fördert das aktuelle wirtschaftliche und gesellschaftliche Klima eine skeptische, abwartende, risikoaverse Haltung bei den Unternehmen selbst. Das hat bereits in der Vergangenheit Investitionen, Innovation und Wachstum gebremst. Auch Konsument*innen beeinflussen diese Entwicklungen – neben den ungünstigen ökonomischen Voraussetzungen führt die Unsicherheit, falsche Entscheidungen zu treffen, zu zusätzlichem Zögern bei Kaufentscheidungen.
Verantwortung übernehmen, Entscheidungen hinterfragen
Mehr denn je müssen Unternehmen Vertrauensbildung an jedem Touchpoint, in jeder Interaktion zur Priorität machen. Als Werbetreibende sollten sie zudem hinterfragen, an welchen Touchpoints sie heute präsent sein wollen. Schnelle Conversions sollten bei der Zusammenarbeit mit Medien beispielsweise nicht der einzige ausschlaggebende Faktor sein.
Letztlich kulminiert der Handlungsaufruf für alle Werbetreibende in einem: Verantwortung übernehmen, für die eigenen Entscheidungen, für die Angebote, die wir Kund*innen machen, und für die Art und den Ort der Kommunikation. So rücken ethische Fragen wieder klar in den Vordergrund.