Darum gewinnt der CMO wieder an Bedeutung

Christian Rätsch, Deutschlandchef von Saatchi & Saatchi, erklärt in seinem Gastkommentar, warum Marketing zur zentralen Wertschöpfungsinstanz unter den C-Level-Führungsfunktionen wird und was das entscheidende Handwerkszeug des Marketingchefs bei der Transformation ist.
Der CMO wird von den meisten CEOs als Motor für Wachstum im Unternehmen angesehen. (© Imago)

Lange galt der Ruf, Marketing verantworte nur schöne Bilder und ein stimmiges Design. Die Folge: Marketing wurde eher als Kostenstelle und weniger als Wertschöpfungsinstanz im Unternehmen wahrgenommen. Die Zeiten sind jedoch vorbei: Heute sind Marketinglenker wesentliche ROI-Treiber im Unternehmen. Sie übernehmen Verantwortung für eine nutzerzentrische Unternehmensführung, indem sie den Change-Prozess von einer Produktorientierung zu einer Kunden- und Nutzerzentrierung führen.

Damit nimmt der CMO eine zentrale Rolle in der Unternehmensführung ein. Das bestätigt auch eine aktuelle McKinsey-Studie. Laut dieser bewerten 83 Prozent der CEOs Marketing konsequenterweise als den Motor für Wachstum im Unternehmen. Das ist erst einmal erfreulich. Spannend ist jedoch, dass Gegenwind nicht nur von dem verbleibenden knappen Fünftel der CEOs kommt, sondern vor allem auch von Seiten der CFOs: 40 Prozent der Finanzvorstände streiten den Wertschöpfungsbeitrag des CMOs noch immer ab. Diese Zweifler gilt es als CMO zu überzeugen.

Ein neues CMO-Rollenverständnis

Doch warum gewinnt Marketing – und mit ihm der CMO – aktuell so sehr an Bedeutung? Die Antwort liegt im erweiterten Wirkungsradius des Marketings. Im Rahmen des tiefen Verständnisses der End-to-End-Customer-Journey, die zeitgemäßes Marketing prägt, geht Marketing heute weit über die ursprünglichen Kernkompetenzen wie Markenpositionierung und kommunikative Aktivierungsinitiativen hinaus. Auch wenn die funktionale Verantwortung teilweise in anderen Fachbereichen liegt, hat Marketing eine Schlüsselrolle eingenommen, wenn es um „wertschöpfende Nutzererfahrung“ in Form von Vertriebskanälen, Produktgestaltung, Servicedesign und -dienstleistungen oder Innovationen geht.

Dieses Verständnis zu leben und ins Unternehmen zu bringen, ist Aufgabe des CMOs. Ihm obliegt es, das Unternehmen zu befähigen, Nutzererfahrungen entlang der Customer Journey zu individualisieren und zu personalisieren. Es gilt im Sinne des „Share of Experience“, rein werbekanalzentrische Strategien um beziehungszentrische Perspektiven zu ergänzen. CMOs übernehmen daher eine prägende Rolle in der Transformation hin zu einer „nutzerzentrischen Organisation“ – eine große Verantwortung.

Das richtige CMO-Handwerkszeug sind Daten

Um dabei auch die zweifelnden CFOs zu überzeugen und die Akzeptanz des CMOs weiter zu steigern, ist ein Umdenken von Kommunikation zu KPI notwendig. Marketing mit der Gießkanne ist Vergangenheit – die Zukunft gehört dem rechenschaftspflichtigen Präzisionsmarketing, das sich der Steigerung des Unternehmenswertes verpflichtet. Daher gilt es, die Wirkweisen der Marketingmaßnahmen transparenter zu machen und faktenbasiert zu untermauern. Nur so kann der CMO sein internes Standing steigern.

Ganz oben auf der Agenda eines jeden CMO muss daher die Digitalisierung stehen. Das Zauberwort lautet dabei wie so oft: Big Data. Daten helfen, Soziodemografie, Einstellung, Markenbeziehung, Mediennutzung, Produktnutzung, Informations- und Kaufverhalten sowie kaufbeeinflussende Kontaktpunkte zu definieren, zu messen und entsprechende Prognosen abzuleiten. Zudem lassen sich die Daten zu personalisierten Customer Journeys verdichten, konkrete Kundenerwartungen entlang der Kaufentscheidung voraussagen und auch in realer Umgebung ermitteln.

Daten sind damit für den CMO das entscheidende Handwerkszeug bei der Transformation hin zu Wertschöpfung durch hervorragende Nutzererfahrung und vor allem auch dabei, seine Entscheidungen nachvollziehbar und messbar zu machen. Denn statt des reinen Bauchgefühls des erfahrenen CMOs hat er nun Fakten zur Verfügung, die ihm die Grundlage für bessere Marketingentscheidungen liefern. Doch braucht es für den Erfolg natürlich mehr als stupide Datenauswertung. Um einen Menschen wirklich zu erreichen, gilt es, ihn emotional zu berühren. Daher lautet die Erfolgsmischung: Daten als strategischer Ausgangspunkt und Kontrollinstanz gepaart mit Kreativität.

Der moderne CMO: Wachstums- und Transformationstreiber

Dabei ist der CMO jedoch nicht auf sich allein gestellt. Vielmehr profilieren sich hier die Marketingmanager, die sich im Unternehmen im Sinne eines positiven „Share of Experience“ mit anderen Fachbereichen verbinden. Als Brückenbauer zwischen Endkunden und Unternehmen sind CMOs Anwälte des Kunden, die aus dieser starken Position die Unternehmenstransformation prägen können. Denn außer Frage steht, dass Kundenorientierung der Treiber radikaler Veränderung von Geschäftsmodellen ist.

Ein CMO, der in der Lage ist, Kundenwissen zu systematisieren und mit anderen Fachbereichen zu teilen, verdient sich das Vertrauen der eigenen Organisation. Für ihn gilt es, in strategischen Allianzen Verantwortung für Kundenzentrierung zu übernehmen und sich an die Spitze der Transformation zu einer nutzerzentrischen Organisation zu stellen.

Fazit: Der CMO ist als Wachstumsmotor vom CEO gefordert. Er treibt die Transformation des Unternehmens hin zu einer nutzerzentrischen Organisation. Dabei hat sich, gestützt durch die Digitalisierung, sein Wirkradius von Markenthemen um Produkt-, Vertriebs- und Servicethemen erweitert. Seine wesentliche Aufgabe wird durch die Steigerung der wertschöpfenden Nutzererfahrung der Kunden geprägt. Insbesondere Daten, gepaart mit Kreativität, sind der Steigbügel zu mehr unternehmensinterner Akzeptanz und Wirkungsentfaltung. Mit dem holistischen Blick auf die Customer Journey ist der CMO als Schlüsselfigur zwischen Endkunden und Unternehmen gefragter denn je.

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