MAN: „Die Organisation lechzt nach Vereinfachung“

Vom zwischenzeitlichen Identitätsverlust bei den eigenen Mitarbeitern bis zum „Customer First“-Ansatz: Björn Loose, Leiter Marketing & Brand bei MAN Truck & Bus, spricht im Interview mit absatzwirtschaft über die Neuausrichtung des Konzerns.
Pragmatischer Markenstratege: Björn Loose lässt sich gern von Ikea, ­Apple und Amazon inspirieren. (© MAN)

Herr Loose, MAN Truck & Bus hat sein Markenleitbild gehörig umgekrempelt. Wofür steht die Marke heute?
Björn Loose: MAN Truck & Bus macht das Geschäft seiner Kunden einfacher, effizienter und erfolgreicher. Dies bringt das neue Markenversprechen „Simplifying Business“ auf den Punkt. Komplexität zu reduzieren – das wird auch im Markt für Nutzfahrzeuge, der zunehmend von Digitalisierung, Automatisierung und Elektrifizierung geprägt wird, immer wichtiger.

Wie groß war der Handlungsbedarf?
Sehr groß. Die Marke hatte in den Augen der Kunden an Identität verloren. Selbst unsere Mitarbeiter wussten nicht mehr recht, was sie sich darunter vorstellen sollten. Vier von fünf Mitarbeitern verbanden mit der Marke komplett unterschiedliche Assoziationen, die der offiziellen Positionierung überhaupt nicht entsprachen.

Wie sehen denn die jetzt gültigen Attribute aus? Und wie gut sind sie draußen schon bekannt?
MAN Truck & Bus ist persönlich, prägend und vorausdenkend. Persönlich sind wir bereits, das ist unsere große Stärke. Dazu gehören enge Beziehungen zum Kunden, eine hohe Kundenzufriedenheit und ein wirklich konsequenter „Customer First“-Ansatz. An den Attributen „prägend“ und „vorausdenkend“ arbeiten wir intensiv weiter. Dabei geht es darum, dem Kunden nicht nur das Gewünschte zu verkaufen, sondern ihm proaktiv Lösungen anzubieten. Gerade im Bereich der E-Mobilität sind die Kunden zum Teil sehr verunsichert – da müssen wir vorangehen.

Fahren Sie konsequenterweise auch persönlich ein E-Auto?
Bislang nicht. Ich wohne im Umland von München, daher sind meine Fahrstrecken dafür zu lang. Aber was nicht ist, kann noch kommen.

Haben Sie sich bei der Konzeption des neuen Leitbilds an anderen Marken orientiert?
Nicht direkt, weil man die Branchen nicht gut vergleichen kann. Aber wenn es um „Simplifying“ und Kundenorientierung geht, ist natürlich Ikea eine starke Benchmark. Auch Apple hat mit der intuitiven Nutzerführung eindrucksvolle Akzente gesetzt. Noch konsequenter rückt allerdings Amazon den Kunden in den Mittelpunkt aller Aktivitäten.

Wie darf man sich das überkommene Denken vorstellen, das Sie mit dem neuen Markenleitbild nun überwinden wollen?
Die bekannte Mentalität von Großkonzernen: langwierige Projekte, komplexe Entscheidungs- und Abstimmungswege, Berichtswesen, Controlling und so weiter. Vor allem geht es darum, die Prozesse zu vereinfachen und damit zu beschleunigen. Bei den Mitarbeitern kommt das sehr gut an. Die Organisation lechzt quasi nach Vereinfachung.

Wo läuft das Ganze schon gut, wo weniger?
Vor allem in der Beschaffung sind wir schon sehr weit. Etwas länger dauert es im Engineering. Gerade die langen Produktzyklen verhindern eine umgehende Veränderung, und die deutsche Ingenieurskultur baut ja auf einer langen Tradition auf.

Was ja nicht schlecht sein muss.
Natürlich nicht, darauf basiert ja unser Erfolg. Aber trotzdem sind schlankere und schnellere Prozesse auch hier erforderlich. An sehr vielen Stellen passiert das auch schon, zum Beispiel durch den Einsatz agiler Methoden wie Scrum.

Ertappen Sie sich auch selbst dabei, teilweise noch nach dem alten Muster zu ticken?
Ab und zu schon. Ich bin zwar ein sehr pragmatischer Typ, aber manchmal neige ich auch noch dazu, erst noch alle Eventualitäten durchzurechnen, statt einfach loszulegen.  

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absatzwirtschaft Archiv: Artikel zum Marken-Award

(kj, Jahrgang 1964), ewiger Soul- und Paul-Weller-Fan, hat schon für Tageszeitungen und Stadtmagazine gearbeitet, Bücher über Jugendkultur und das Frankfurter Bahnhofsviertel geschrieben und eine eigene PR-Agentur betrieben. 1999 zog es ihn aus dem Ruhrgebiet nach Frankfurt, wo er seitdem über Marketing-, Medien- und Internetthemen schreibt, zunächst als Ressortleiter bei „Horizont“, seit 2008 als freier Journalist und Autor. In der Woche meist online, am Wochenende im Schrebergarten.