Deutsche Großstädte, vor allem München, sind mangelhaft auf Elektromobilität vorbereitet

Das Rennen um die Elektroautos hat weltweit Fahrt aufgenommen. So wurden in China in den ersten acht Monaten des Jahres knapp 350.000 Elektroautos verkauft. Um in diesem internationalen Wettbewerb den Anschluss zu finden, braucht es in Deutschland deutlich mehr Infrastruktur-Investitionen. Wie unbefriedigend die Ladeinfrastuktur in den 50 größten deutschen Städten ist illustriert die nachstehende Analyse.
Elektroautos brauchen Ladestationen. Doch die sind in Deutschland Mangelware

Bis zum Jahresende dürften in China knapp 600.000 Elektroautos (BEV und Plug-In Hybride) verkauft werden. Um das Jahr 2020 kann mit den angekündigten Elektroauto-Quoten von knapp 3,5 Millionen neuen Elektroautos in China ausgegangen werden. Gleichzeitig weiten die Autobauer ihre Produktpläne und Investitionen in Elektroautos massiv aus. Bis Ende des Jahres 2022 werden nach den heute bekannten Ankündigungen die Autobauer mehr als 130 unterschiedliche Elektroauto-Modelle im Handel haben.

Elektroautos entfalten in Großstädten ihre größten Wirkung: leise und lokal-emissionslos macht in Zeiten, in denen Fahrverbote für Diesel-Pkw diskutiert werden, viel Sinn. Besonders in Großstädten sind Besitzer von Elektroautos auf öffentliche Ladesäulen angewiesen. Sinnvolles Laden von Elektroautos macht man entweder zu Hause über Nacht und/oder am Arbeitsplatz. Dort haben die Autos Zeit zu stehen ohne dass der Fahrer sich die Beine in den Bauch stehen muss. Also braucht man gerade in den Wohn- und Arbeitsgebieten der deutschen Großstädte Ladesäulen, wenn man Elektroautos wirklich in die Städte bringen will. Für die Luftqualität in deutschen Großstädten wären Elektroautos eine Wohltat. Wie sieht jetzt die Ladeinfrastruktur in unseren Großstädten aus?

Traurige Großstadt-Bilanz: Auf 11.802 Einwohner kommt eine Ladesäule

In einer Analyse wurden durch die sechs wichtigsten Ladesäulenfinder (e-stations.de, plugfinder, chargemap, goiningelectric, lemnet, plugsurfing) die Ladeinfrastruktur der 50 größten Städte in Deutschland ermittelt. Das Ergebnis ist ernüchternd. Auf 22,4 Millionen Einwohner kommen 1.897 Ladesäulen. Oder mit anderen Worten: 11.802 Einwohner „stehen“ bildlich gesprochen Schlange an einer Ladesäule. Dabei ist dieser Wert ein Mittelwert (arithmetisches Mittel) aus den genannten sechs Suchplattformen, der große Schwankungen aufweist.

In den 50 deutschen größten Städten stehen nur 1.897 Ladesäulen

Die Angaben der Ladesäulenfinder schwanken stark. Dies illustriert das Manko, dass es kein systematisches „offizielles“ Verzeichnis über öffentlichen Ladestationen gibt. Wenn es schon eine „Nationale Plattform für Elektromobilität“ gibt, hätte man sich vorstellen können, dass man dort wenigsten Informationen verdichtet und bereitstellt. Dies gilt auch für das Bundesverkehrsministerium. Wählt man in unseren Daten für jede Stadt die Daten des Ladesäulenfinders mit der größten Säulenzahl aus, sucht also das Maximum unter den 50 Städten, landet man bei 2.751 Ladesäulen. Auch das ist kein befriedigendes Ergebnis. Sucht man das Minimum liegt man bei 1.228. Wir legen unserer Analyse das arithmetische Mittel von 1.897 Ladesäulen der sechs Ladesäulenfinder zu Grunde.

Amsterdam schlägt mit 650 Einwohner pro Ladesäule alle deutschen Großstädte

Ein Referenzpunkt für die deutschen Großstädte ist Amsterdam. Ende letzten Jahres waren nach Auskunft des Amsterdamer Besucherportals iAmsterdam in der Stadt 1.300 Ladesäulen verfügbar. Damit steht für jeweils knapp 650 Einwohner eine Ladestation zur Verfügung. In Stuttgart – dem Benchmark unter Deutschlands Großstädten – müssen mit 2.694 Einwohner – viermal so viele Einwohner eine Ladesäule teilen wie in Amsterdam.

Stuttgart mit bester Infrastruktur, München und Nürnberg enttäuschend

Betrachtet man die einzelnen Städte fällt Stuttgart ins Auge. Eine öffentliche Ladesäule teilen sich in Stuttgart im Schnitt 2.694 Einwohner. Natürlich ist das kein idealer Wert, aber immerhin fast Lichtjahre von den anderen Kommunen entfernt. Nach Stuttgart folgt mit großem Abstand Osnabrück – wer hätte das gedacht – mit 7.113 Einwohnern pro Ladesäule vor Mülheim (Ruhr) mit 7.935 Einwohner pro Ladesäule. Allerdings sind diese Besten unter den 50 deutschen Großstädten weit etwa von Amsterdam mit seinen 650 Einwohnern pro Ladesäule entfernt.

Insgesamt enttäuschend ist München mit 12.686 Einwohner pro Ladesäule. Selbst Augsburg schneidet mit 12.361 Einwohnern pro Ladesäule besser als die bayrische Landeshauptstadt ab. München belegt in der Rangfolge der 50 größten deutschen Städte einen wenig rühmlichen Platz 20, wie Abb. 2 zeigt. Nahezu aussichtslos für einen Elektroautofahrer sind Städte wie Solingen, Leverkusen, Gelsenkirchen oder Duisburg. Besser man fährt dort nicht hin. In Solingen kommt auf 52.909 Einwohner eine öffentliche Ladesäule.

Fazit

Die Bestandsaufnahme der Ladeinfrastruktur in deutschen Großstädten zeigt ein „trauriges“ Bild. Elektroautos scheinen weniger gewünscht, obgleich man in vielen Städten besser Luft in verkehrsnaher Umgebung gut gebrauchen könnte.