Der Kunde bleibt König. Doch wie begeistert man eigentlich einen König?

Der Kundenservice ist und bleibt immer noch ein großes Sorgenkind für viele Unternehmen. Zumal die Erwartungen des Kunden nicht gerade gesunken, sondern - ganz im Gegenteil – exponentiell gestiegen sind. Man könnte sagen, zufrieden ist das neue Schlecht. Ein wahrhaftig guter Servicemoment kann nur noch durch die allgegenwertige Extrameile erzielt werden. Und wie sagte NFL-Legende Roger Staubach so schön: „Es gibt keine Staus auf der Extra-Meile.“

Ein Kommentar von Gastautor Cihan Koray Mavruk

Zufriedene Kunden sprechen nicht. Sie akzeptieren den Umstand und antworten höchstens auf die Frage: „Wie wars eigentlich?“ mit einem leblosen „okay…“, oder „kannst du machen.“

Den eigentlichen Fang macht man nicht mit zufriedenen, sondern mit begeisterten Kunden. Gelingt es uns, zufriedene Kunden in begeisternde Kunden zu überführen – werden in diesem Augenblick wahrhaftige Markenbotschafter geboren. Die Wissenschaft bestätigt: Begeisterte Kunden werden Ihre Marke dreimal so häufig empfehlen, Ihre Produkte oder Dienstleistungen dreimal so häufig wiederkaufen und Ihre Preissensitivät mit Überzeugung ablegen. Sprich: Sie schaffen Wert.

Empowerment ist die Mutter aller Begeisterung

Doch am Ende entscheidet die Praxis. Wie gelingt es denn nun Kunden zu begeistern? Doch viel wichtiger als die Frage nach dem wie, ist die Frage nach dem wer. Denn es sind Ihre Mitarbeiter, welche jeden Tag im Kundenkontakt stehen. Die Essenz der Kundenbegeisterung liegt zunächst in der Befähigung der eigenen Mitarbeiter im Moment of Truth eigenständig Entscheidungen zu treffen. Erlauben Sie ihren Mitarbeitern Kunden zu begeistern. Dies klingt simpel, ist aber gar nicht so einfach.

Beziehung first, Effizienz second

Ein Beispiel: Ein Bestandskunde meldet seiner Vertragswerkstatt, dass seine Tochter mit einem kaputten Reifen auf der A9 stehen geblieben ist. Das Problem: sie fährt ein Fahrzeug einer direkt konkurrierenden Marke. Was ist zu tun? Der Werkstattleiter ist im Außentermin. Die Mechanikerin zögert nicht lang. Sie fährt raus und repariert den Wagen der Tochter des Kunden an Ort und Stelle. Die effizienteste Entscheidung? Sicherlich nicht. Förderlich für die Kundenbeziehung? Aber hallo.

Das Entscheidende aber ist, dass diese Entscheidung ohne Zustimmung einer Führungskraft getroffen wurde. Die Mechanikerin wusste genau, wie Sie sich in solch einer Situation verhalten soll. Sie verfügt über Entscheidungskompetenz. Ihre Mitarbeiter brauchen ebenfalls klare Orientierung und Sicherheit, um in Servicesituationen die richtige Entscheidung zu treffen. Erst wenn Sie kristallklar kommunizieren, dass die Kundenbeziehung vor der reinen Prozesseffizienz steht – geben Sie den entscheidenden Freiraum um Kunden zu begeistern.

Und bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Effizienz ist wichtig. Es steht lediglich an zweiter und nicht an letzter Stelle.

Proud to be a Kundenbegeisterer

Die Forschung hat gezeigt, dass ein Kundenerlebnis unter Umständen ebenfalls einen tiefgreifenden psychologischen Effekt mit sich bringen kann, der dem Gefühl geliebt zu werden sehr nahekommt.

Gar nicht so abwegig, wenn man es selbst erlebt hat. Stellen Sie sich für einen kurzen Moment vor, dass Ihr Rezeptionist die nachts vergessenen Kopfhörer zu ihnen nach Hause bringt, der Werkstattleiter sein eigenes Auto Ihnen zur Verfügung stellt, oder Ihre Kellnerin nach drei Jahren immer noch weiß, dass Sie ihren Kaffee mit Zimt trinken.

Es sind Momente wie diese, in der wir begeistert sind und zu regelrechten Fans und Botschaftern gemacht werden. Machen wir uns nichts vor: Zufriedene Kunden sind stille Kunden, begeisternde Kunden hingegen sind laut und schaffen Wert. Sie kommen nicht nur zurück und empfehlen weiter. Begeisternde Kunden insistieren, dass auch Familie und Freunde Ihr Produkt oder Dienstleistung nutzen.

Drum befähigen Sie Ihre Mitarbeiter Kundenbegeisterung auszuleben, priorisieren Sie die Kundenbeziehung vor der reinen Prozesseffizienz und am allerwichtigsten: Gehen Sie mit bestem Beispiel voran. Erzählen Sie Geschichten und dokumentieren Sie diese, trainieren Sie Ihre Mitarbeiter, erkennen Ihre Potenziale. Kurz gesagt: Machen Sie die Extra-Meile zur Lieblingsmeile Ihres Unternehmens. Prosit, Neujahr!

Zum Autor: Seit 2017 ist Cihan Koray Mavruk bei Gebhardt & Partner Markenberatung tätig und arbeitet in internationalen Kundenmandaten wie u.a. Porsche AG, KraussMaffei oder der BMW Group. Zusätzlich publiziert Cihan Koray Mavruk regelmäßig Fachartikel in Fachzeitschriften, spricht als Redner und moderiert das Internet-Magazin „Talking Brands“.