Das Handy und die Metamorphose zum Minicomputer

Schon in den Neunzigerjahren wollte die Mobilfunkbranche das Handy zum Alleskönner machen. Die Metamorphose zum Computer im Taschenformat wird nach Meinung von Experten erst jetzt zur Realität. "In Zukunft wird in jedem elektronischen Gerät ein Mobilfunkchip stecken, um Informationen mit dem Internet auszutauschen - von Notebooks über Strommessgeräte im Haushalt bis hin zu medizinischen Geräte, die Herzschlag und Blutdruck automatisch kontrollieren", so Qualcomm-Chef Paul Jacobs im Interview mit der Wirtschaftswoche.

Ausgestattet mit entsprechenden Applikationen fungiert das Handy dabei als Schaltzentrale oder Serviceterminal, ist sich der Internetexperte Bernhard Steimel sicher. „Um personalisierte, auf den Verbraucher zugeschnittene Anwendungen entwickeln zu können, verlagert sich Logik und Intelligenz auf netzbasierte Plattformen“, so Steimel. Das zeige in diesem Jahr der Live Contest des Nürnberger Fachkongresses Voice Days plus am 6. Oktober. Zum Beispiel das sprachgesteuertes Internetradio mit dem Namen ELVIS. Das CreaLog-System durchsucht Webradios und Musikdatenbanken per Spracheingabe nach Titeln, Künstlern oder Genres.

Aus dem Mobiltelefon wird in wahnwitziger Geschwindigkeit etwas Neues, Großes, „das nächste Massenmedium“, so der finnische Berater und Ex-Nokia-Manager Tomi Ahonen gegenüber dem Handelsblatt. Geräte, die leistungsfähiger seien als das iPhone, werden in weniger als fünf Jahren als Kinderspielzeug eingesetzt. Damit die Vielfalt der Dienste nicht zu einem neuen Technostress für die Anwender mutiert, arbeiten die Hersteller an neuen Steuerungsmöglichkeiten. Michael-Maria Bommer, General Manager DACH bei Nuance sieht hier große Chancen für Sprachfunktionen. „Per Sprachbefehl wählt man beispielsweise eine Rufnummer, ohne lange nach dem jeweiligen Programm suchen zu müssen, diktiert SMS-Nachrichten, recherchiert im Internet oder ruft eine Wegbeschreibung ab“, so Bommer.

Neben der Sprachsteuerung sieht er einen Bedarf, Serviceanfragen direkt auf dem Mobiltelefon lösen zu können. Etwa die Änderung der Kontodaten oder das Aufladen der Prepaid-Karte: „Anrufe im Call Center entfallen. Es öffnet sich stattdessen ein Datenkanal, mit dem der entsprechende Service direkt auf dem Handy bereitgestellt wird“, erläutert Bommer. Der Kunde müsse weder seine Zeit in Hotline-Warteschleifen vertrödeln noch Fragen an einen Sprachcomputer stellen. Er bekomme sofort die nötige „On Board-Hilfe“.

„Der stationäre PC mit seinen fest installierten Anwendungsprogrammen wird immer mehr an Bedeutung verlieren. Software läuft direkt über das Internet und wird von mobilen Geräten in unterschiedlichsten Ausprägungen gesteuert.
Dazu zählen Smartphones, Notebooks, Netbooks und künftig so genannte Smartbooks. Ein lukrativer Massenmarkt wird durch die Services rund um die mobilen Minicomputer entstehen“, resümiert After Sales-Experte Peter Weilmuenster, Vorstandschef von Bitronic in Frankfurt am Main.


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