Das Erfolgsrezept des Familienunternehmens Hakro

Hakro hat sich im B2B-Segment der Arbeitskleidung als nachhaltiger Familienbetrieb einen Namen gemacht. Um im Wettbewerb mit weitaus bekannteren Marken wie Engelbert Strauss Schritt zu halten, hat die baden-württembergische Firma ihren ganz eigenen Weg gefunden.
Hakro
Müller (l.) und Kroll: Hakro-Geschäftsführer peilen weiteres Wachstum an. (© Hakro)

Was im Mai 1969 mit der Eröffnung des „Bekleidungshaus Harry Kroll“ in Schrozberg auf 25 Quadratmetern begann, ist mittlerweile zu einem erfolgreichen und nachhaltig ausgerichteten Familienunternehmen in zweiter Generation erwachsen. Seit 1987 firmiert die auf Bekleidung für Corporate Fashion, Beruf, Freizeit und Sport spezialisierte Marke als Hakro GmbH.

Auf dem Weg zum 50-jährigen Firmenjubiläum trat 1998 Carmen Kroll, die Tochter des Firmengründers, in das Unternehmen ein, übernahm ein Jahr später die Geschäftsführung und wurde 2003 geschäftsführende Gesellschafterin. Seitdem leitet sie Hakro in einer Doppelspitze gemeinsam mit Thomas Müller.

Neues Vertriebskonzept: 100 Prozent Fachhandel

2007 stellte Hakro sein Vertriebskonzept um und entschied sich für ein selektives B2B-Modell. Das heißt: Seitdem wird das Sortiment ausschließlich über autorisierte Fachhändler in Deutschland, Österreich und der Schweiz verkauft. Aktuell sind es gut 2000, sagt Jürgen Pruy im Gespräch mit absatzwirtschaft. Pruy verantwortet als Bereichsleiter den Vertrieb und die Partnerschaften von Hakro. Ihm ist es wichtig zu betonen, dass Hakro sowohl für kleine als auch für große Händler da ist. Er sagt: „Wir wollen uns anders als der Markt verhalten und achten sehr bewusst darauf, eine heterogene Kundenstruktur zu haben. Wir haben Händler, über die wir 20.000 bis 30.000 Euro Umsatz machen. Aber diese Händler sind für uns genauso wertvoll, wie jene, die siebenstellige Beträge umsetzen.“

Beim sechsköpfigen Außenvertriebsteam von Hakro stehen entsprechend der Fachhändlerstrategie keine eigenen Umsätze im Fokus. Vielmehr investiert Hakro laut Vertriebschef Pruy „sehr viel Geld in den Wissenstransfer zum Fachhändler“. So führen die Hakro-Experten beispielsweise permanent Schulungen und Workshops mit den Händlern durch. Diese werden individuell auf die Bedürfnisse des Handelspartners abgestimmt, die Themen reichen dabei von allgemeinem Textilgrundwissen über Hakro-spezifische Qualität und Herstellungsprozesse bis zur nachhaltigen Textilproduktion.

Auch bei der Auswahl der Kunden hinsichtlich der Branche legt Hakro großen Wert auf Vielfalt: Die Produkte des Mittelständlers werden in der Pflege, in der Gastronomie und genauso auch in Handwerksbetrieben getragen. Die eigene Marke wird dabei auf den Produkten im Übrigen nicht sichtbar, sondern ist nur auf der Innenseite der Textilien eingearbeitet: „Bei Hakro stehen die Endkunden im Fokus“, sagt Pruy. Denn im Idealfall signalisiere „Unternehmensbekleidung oder Corporate-Fashion nach außen das Markenlogo des Unternehmens und damit auch auf sympathische Art und Weise, den sichtbar gewordenen Teamgeist eines Unternehmens“. „Da wäre unser Logo nur störend“, sagt Pruy. Die individuelle Veredelung der Produkte überlässt das Familienunternehmen seinen Fachhändlern, die ihre Kunden mit dieser Dienstleistung schneller bedienen können.

In den vergangenen Jahren stockte Hakro die Anzahl seiner Produkte auf 155 Styles in 60 Farben und 16 Größen auf. 2004 und 2010 wurden im Schrozberger Industriegebiet, das ganz grob im Dreieck zwischen Stuttgart, Würzburg und Nürnberg liegt, zwei neue Hochregallager errichtet. Derzeit im Bau befinden sich weitere Logistikflächen auf über 9000 Quadratmetern. „Alle Produkte aus unserem Katalog sind binnen 24 Stunden bei unseren Händlern. Der aktuelle Lagerbestand umfasst rund sechs Millionen Textilien“, sagt Bereichsleiter Pruy.

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90 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2018

Exakt zehn Jahre nach der vertrieblichen Umstellung auf 100 Prozent Fachhandel passte Hakro im Jahr 2017 schließlich auch seine Marke an. Seitdem heißt der Claim: „Hakro hält. Seit 1969.“

Heute arbeiten bei Hakro in Schrozberg 175 Mitarbeiter – weltweit bei den Produktionspartnern sind es mehr als 2500. Der Umsatz stieg in den vergangenen Jahren kontinuierlich an – zuletzt von 80 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2017 auf rund 90 Millionen Euro im Jahr 2018. 2020 will das Unternehmen die Umsatzmarke von 100 Millionen Euro überschreiten.

Trotz des Wachstums wirkt Hakro alles andere als größenwahnsinnig. Pruy fasst das äußerst bodenständige Selbstverständnis mit einem Satz zusammen: „Wir wollen nicht die Größten werden, sondern das, was wir können, richtig gut machen.“

Marketing-Leitlinien und Basketball-Sponsoring

Auch im Marketing handelt Hakro eher zurückhaltend. Das Unternehmen hat sich vier Leitlinien verschrieben, die wie folgt im unternehmenseigenen „Wertekompass“ niedergeschrieben sind:

  • Unsere Werbe- und Marketingmaßnahmen wahren die guten Sitten und beruhen auf Wahrhaftigkeit: Wir treffen keine inhaltlich falschen oder überzeichneten Aussagen beziehungsweise solche, die wir nicht halten könn(t)en.
  • In unseren Katalogen vermitteln wir mit der Auswahl unserer Models kein stereotypes Körperbild. Insbesondere verzichten wir auf untergewichtige Models (Body-Mass-Index unter 18,5).
  • Bei der Produktion unserer Werbemittel berücksichtigen wir ökologische Aspekte; wir sind bestrebt, den erforderlichen Ressourcenbedarf zu reduzieren. Unsere Print-Werbemittel (z. B. Katalog) lassen wir klimaneutral drucken.
  • Als Anbieter von Bekleidung für Freizeit und Sport unterstützt Hakro durch Sponsorings finanziell und materiell Sportvereine und -veranstalter als Markenbotschafter. Bei der Auswahl der Partner achten wir auch auf deren Reputation und Integrität.

Der letzte Punkt, das Sponsoring, macht den größten Anteil im Marketingmix von Hakro aus. Das Textilunternehmen ist seit der Saison 2018/19 Namensgeber des lokal ansässigen Proficlubs Hakro Merlins Crailsheim aus der Easycredit Basketball-Bundesliga (BBL), der höchsten deutschen Basketball-Spielklasse. Hakro lässt sich das auf fünf Jahre angelegte Engagement pro Spielzeit schätzungsweise rund 350.000 Euro kosten.

Das Basketball-Sponsoring soll Hakro vor allem auch im unmittelbaren Unternehmensumfeld mehr Gehör verschaffen. „Wir haben festgestellt, dass unsere regionale Bekanntheit viel zu gering war. Die Menschen aus Hohenlohe und Umgebung können als B2C-Kunden ja gar nicht bei uns einkaufen. Deswegen wussten viele gar nicht so genau, was Hakro überhaupt macht“, sagt Vertriebschef Pruy. Durch mehr Bekanntheit will sich Hakro in der Region auch als attraktiver Arbeitgeber positionieren.

Die weiteren Marketingmaßnahmen sind dem B2B-Ansatz entsprechend eher klassisch. „Wir investieren relativ viel Geld in Print“, sagt Pruy. Hakro produziert jährlich beispielsweise einen Produktkatalog für seine Händler – Auflage: 130.000 bis 150.000 Stück. Im Herbst 2019 erscheint zum ersten Mal zudem ein 60-seitiger Spezialkatalog zur für Hakro wichtigsten Produktlinie „Performance“.

Neben den Printmaterialien ist Hakro aber auch digital aktiv. Herzstück ist dabei die Website, die ein gesondertes Informationsportal für die Händler bietet. Zudem ist das Familienunternehmen seit Mitte 2017 auch in den sozialen Medien Facebook, Instagram und Twitter präsent, um mehr Endkunden sowie potenzielle Arbeitnehmer auf die B2B-Marke aufmerksam zu machen.

Das Thema Marketing ist bei Hakro in der Geschäftsführung beziehungsweise in der Bereichsleitung angesiedelt – eine eigene Abteilung gibt es allerdings nicht. Stattdessen wird die Textilfirma von ihrer Lead-Agentur Werbewelt im Marketing betreut.

„Meine Eltern haben mir die Wertschätzung unserer Umwelt vorgelebt“ 

Hakro legt abseits des Marketings und den geschäftlichen Interessen großen Wert auf Nachhaltigkeit. Es gibt dafür sogar eine eigene Abteilung mit vier Angestellten. „Meine Eltern haben mir die Wertschätzung der Menschen und unserer Umwelt vorgelebt. Ich bin stolz darauf, diese Werte in unserem Unternehmen weiter voranbringen zu können“, sagte Geschäftsführerin Carmen Kroll in einem Statement anlässlich des 50-jährigen Jubiläums.

Einige Beispiele belegen, dass es Hakro mit dem nachhaltigen Wirtschaften durchaus ernst zu meinen scheint:

  • 2004 ließ der Mittelständler seine gesamte Kollektion nach dem Standard „100 by Oeko-Tex“ zertifizieren.
  • In der Folge führte Hakro zudem seine erste Organic-Kollektion mit zertifizierter Bio-Baumwolle ein.
  • Seit 2009 ist Hakro Mitglied im „UN Global Compact der Vereinten Nationen“, der weltweit größten Allianz für verantwortungsvolles Wirtschaften.
  • Seit 2015 ist Hakro zudem Mitglied im Bündnis für nachhaltige Textilien und setzt sich für die Verbesserung der sozialen, ökonomischen und ökologischen Bedingungen entlang der Lieferkette des Textil- und Bekleidungssektors ein.

„Wertekompass“ und bis 2020 klimaneutral

2016 verfasste Hakro schließlich den bereits zitierten „Wertekompass“ – ein Nachhaltigkeitsleitbild, das übergeordnete Ziele wie unter anderem die Verwendung von 100 Prozent Ökostrom, die Senkung der Ausschussquote, die Reduzierung von Verpackungen und einen klimaneutralen Versand mit nachhaltigen Materialien umfasst. Das Unternehmen hat zudem das Ziel, bis zum Jahr 2020 am Standort in Schrozberg komplett klimaneutral zu sein.

Darüber hinaus engagiert sich Hakro ebenfalls umfassend, um regional und international die Arbeits- und Lebensbedingungen von Menschen zu verbessern. Unter dem Motto „Hakro Cares“ werden Projekte für die eigenen Mitarbeiter, Mitbürger und Mitarbeiter von Partnerbetrieben umgesetzt. So geben Gesundheitstage, Nachhaltigkeitstage oder der Freiwilligendienst „Team Share“ den Hakro-Mitarbeitern in Schrozberg die Möglichkeit, sich beispielsweise in gemeinnützigen Einrichtungen für das Wohl anderer oder für die Umwelt einzusetzen. Ganz konkret bekommt jeder Hakro-Mitarbeiter dafür pro Jahr zwei zusätzliche bezahlte freie Tage.

Die entsprechende für Produktionspartner initiierte Aktion heißt „Friends Share“. Hakro zahlt im Rahmen dessen ein Prozent des georderten Einkaufsvolumens pro Jahr in den „Friends Share“-Fond ein, der unterschiedliche Projekte wie Gesundheitsversorgung, Impfaktionen oder Wasserservice beispielsweise bei Produktionspartnern in Bangladesch finanziert. 2010 gründete Hakro zudem die „Harry Kroll-Foundation“, die Kinder- und Jugendhilfe in der Region sowie international fördert.

Einen derart gelebten nachhaltigen Unternehmensansatz gibt es in der Praxis längst nicht überall. Es bleibt zu hoffen, dass sich das in den kommenden 50 Jahren ändert – Hakro kann dabei als Vorbild dienen.

Infos: Hakro

  • Hauptsitz: Schrozberg
  • Gründungsjahr: 1969
  • Geschäftsführer: Carmen Kroll, Thomas Müller
  • Bereichsleiter Vertrieb und Partnerschaften: Jürgen Pruy
  • Lead-Agentur: Werbewelt
  • Anzahl Mitarbeiter: 175
  • Umsatz 2018: 90 Millionen Euro

(he, Jahrgang 1987) – Waschechter Insulaner, seit 2007 Wahl-Hamburger. Studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften und pendelte zehn Jahre als Redakteur zwischen Formel-1-Rennstrecke und Vierschanzentournee. Passion: Sportbusiness. Mit nachhaltiger Leidenschaft rund um die Kreislaufwirtschaft und ohne Scheuklappen: Print, live, digital.