Das (endgültige) Ende der Werbung!?

Die klassische Werbung ist in der Krise. Immer mehr Unternehmen suchen nach günstigeren und effektiveren Alternativen. Auch Buchtitel wie „The End of Advertising as We Know It“ oder „The Fall of Advertising and The Rise of PR“ leisten dazu ihren Beitrag. Und kürzlich schockte der Verband der amerikanischen Werbeagenturen, indem er selbst eine PR-Agentur engagierte, um die Imageprobleme der klassischen Werbung im Zeitalter der neuen Medien zu kurieren. Ist das jetzt die endgültige Bankrotterklärung der klassischen Werbung?

Ist das das Ende einer großen Ära, in der von vielen Werbung mit Marketing gleichgesetzt wurde? Ist jetzt selbst die 4A´s überzeugt, dass Werbung nicht mehr wirkt? Unsere Antwort darauf lautet „Nein“. Vielmehr ist es ein Erkennen, dass eine neue Ära in der Marken- und Marketingkommunikation angebrochen ist, nämlich eine neue Ära mit einer neuen Aufgabenverteilung, in der nicht jedes Kommunikationsproblem automatisch auch ein Werbeproblem ist.

Dazu eine Analogie aus dem Militärischen: Ein Heer besteht immer aus mehreren Waffengattungen, wie Luftwaffe, Marine, Infanterie, Panzer, … . Und es wäre militär-strategisch grundfalsch zu sagen, dass eine Waffengattung wichtiger als die andere ist. Welche Waffengattung am besten geeignet ist, wird immer vom Einsatz, der Ausgangssituation, der Stärke des Gegners, et cetera abhängen.

Hier sehen wir auch in der Markenführung und im Marketing eine neue Aufgabenverteilung. So sind aus unserer Sicht PR und andere Mundpropaganda förderlichen Kommunikationsmittel ideal, wenn es darum geht, neue Marken einzuführen bzw. bestehende Marken zu repositionieren. Werbung ist wiederum ideal, um bestehende Marken und Meinungen zu stärken und zu schützen, denn eines Tages verliert jede Marke ihr PR- und Mundpropagandapotential.

Nehmen Sie Ryanair! Diese Fluglinie wurde speziell durch geschickte PR und dementsprechender Mundpropaganda zur führenden europäischen Diskontfluglinie in den Köpfen der Kunden. Jetzt sollte Ryanair diese Position mit massiver Werbung ausbauen und vor Attacken der Konkurrenz schützen. Dieses Erfolgsmuster finden Sie bei vielen der neuen Marken unter den Top-Marken, wie etwa Dell Computer, Playstation, iPod, Amazon.com, Google, eBay oder auch dem Mini. Mit einer geschickten PR-Strategie war der Mini bereits positioniert, bevor das erste Modell auf der Straße war. Jetzt wird diese Position mit Werbung geschickt verteidigt.

Fazit: Die Kommunikationslandschaft wird immer komplexer und komplizierter. Jetzt geht es nicht darum, dass man ein Instrument verdammt oder hochjubelt. Jetzt geht es darum, wie man die verschiedenen „Waffengattungen“ perfekt je nach genauer Aufgabenstellung integriert. Die American Association of Advertising Agencies hat jetzt einen mutigen Schritt in die richtige Richtung gemacht, denn nicht jedes Kommunikationsproblem ist automatisch ein Werbeproblem.

Über den Autor: Michael Brandtner ist ist spezialisiert auf strategische Marken- und Unternehmenspositionierung. Er ist Associate bei Ries & Ries und Autor des Buches „Brandtner on Branding“.