Das Aus der Third-Party-Cookies als Chance fürs Marketing

Cookies von Drittanbietern stehen vor dem Aus. Für Marken ist das eine Chance, ihre Kundenerlebnisse grundlegend zu überdenken und auf eine tiefergehende, wirklich personalisierte Customer Experience umzustellen. Warum das so ist, erklärt Adobe-Manager Matt Skinner.
Cookie-Aus: Vorreiter in puncto First-Party-Data haben jetzt die Chance, sich deutlich von der Konkurrenz abzusetzen. (© Imago)

Von Matt Skinner, Senior Manager, Product Marketing, Adobe

Insbesondere die Marketing- und Werbebranche setzt für ein besseres Kundenverständnis gerne auf Drittanbieter-Cookies. Zwar liefern die Daten kein vollumfängliches Kundenprofil, dennoch bedeutet das Aus einen spürbaren Informationsverlust für Marketer. Mit der bevorstehenden Post-Cookie-Ära liegt deshalb ein grundlegender Kurswechsel vor der Branche.

Denn: Drittanbieter-Cookies sind nicht nur Sache des Marketings. Die digitale Wirtschaft lebt von einer erstklassigen Customer Experience. Nur so lassen sich neue Kunden gewinnen, bestehende Beziehungen vertiefen – und das Unternehmenswachstum ausbauen. Was also bedeutet das Cookie-Aus für die Unternehmensführung?

Kundenerlebnisse sind Teamwork

Neben dem Marketing sind von der Finanzabteilung, dem Vertrieb und Kundenservice sowie der IT alle Teams, die Berührungspunkte mit Kunden haben, integraler Bestandteil des Customer Experience Managements (CXM). Folglich müssen alle Abteilungen verstehen, wie Kundeninformationen gesammelt und Kundenerlebnisse gemessen werden.

Auch CX-Kennzahlen, die üblicherweise in der gesamten C-Suite kommuniziert werden, werden sich mit dem Cookie-Aus weiterentwickeln. Schon jetzt zeigen Untersuchungen, dass vor allem Veränderungen von Kennzahlen und Reportings eine der bedeutendsten Folgeerscheinungen einer Zukunft ohne Cookies sein werden.

Compliance-Konflikt vorprogrammiert

Außerdem steht ein Compliance-Konflikt im Raum, der eine Reihe weiterer Abteilungen in die Thematik hineinzieht. Verordnungen wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union (EU) sowie der California Consumer Privacy Act (CCPA) formulieren neue Regulierungen für einen verbesserten Datenschutz. Der Klick-Marathon durch die Cookie-Banner vor jedem Website-Besuch ist da erst der Anfang.

Die USA arbeiten aktuell an mehr als einem Dutzend Datenschutzgesetzen für alle Bundesstaaten und auch Tech-Riesen wie Apple werden immer energischer, wenn es darum geht, Trackingsoftware aktiv zu blocken. Künftig müssen Marketing-, UX-, Rechts-, Datenschutz- und anderen Teams gemeinsam eine Strategie entwickeln, um Datenschutz und Transparenz mit personalisierten Kundenerlebnissen in Einklang zu bringen.

Unternehmen haben Nachholbedarf

Klar ist: Die Post-Cookie-Ära kommt und es braucht entsprechende Strategien. Dennoch sind viele Unternehmen bislang nicht ausreichend vorbereitet. Gerade einmal 37 Prozent fühlen sich „sehr gut“ für die Zukunft ohne Cookies aufgestellt, wie eine aktuelle Adobe-Umfrage zeigt. Stattdessen versuchen viele Marken, die Situation auszusitzen – ein Ansatz, der langfristig nicht funktionieren kann. Umgekehrt heißt das jedoch: Vorreiter in puncto First-Party-Data haben jetzt die Chance, sich deutlich von der Konkurrenz abzusetzen.

Marketing-Teams brauchen Unterstützung

Unternehmen dürfen CMOs nicht mit der Entwicklung von CXM-Strategien für First-Party-Daten alleine lassen. Führungskräfte im Bereich Handel, Recht, Sicherheit und Datenschutz müssen in enger Zusammenarbeit neue Tech-Lösungen erarbeiten, implementieren und Unternehmensstrukturen überdenken. Nur wenn bestehende Prozesse hinterfragt und adaptiert werden, ist es möglich, relevante Insights für gelungene Kundenerlebnisse zu generieren. Im ersten Schritt bedeutet das, sich von Customer-Relationship-Daten zu verabschieden.

Einher mit der Umstellung auf eine First-Party-Data-Strategie geht die Integration eines Echtzeit-Frameworks. Dieser Ansatz bringt Daten sowohl aus internen als auch externen Quellen zusammen und verdichtet diese zu einheitlichen, detaillierten Kundenprofilen, anhand derer alle Teams mit Kundenkontakt gezielt auf deren Bedürfnisse reagieren können.

Kundenerlebnisse als Differenzierungsfaktor

Der Fokus auf First-Party-Daten bedeutet auch, gespeicherte Kundendaten effektiv zu nutzen. Zu oft liegen diese in Silos, sprich: Jedes Team sitzt auf eigenen Daten, tauscht sich diesbezüglich jedoch nicht mit anderen Abteilungen aus. Erst wenn Daten aus dem Customer Relationship Management (CRM) mit Quellen wie Werbeanalyse- und E-Mail-Interaktionsdaten, Offline-Daten und Kundendienstdaten zu einem einheitlichen Profil verdichtet werden, sind wirklich personalisierte Angebote möglich.

Entscheidende Voraussetzung dafür ist in jedem Fall die Zustimmung der Konsumenten. Unternehmen müssen ihren Kunden überzeugende Argumente liefern, warum sie ihre privaten Daten teilen sollten. Dafür braucht es einen klaren Mehrwert, etwa exklusiven Content oder Sonderangebote. Gerade in der digitalen Wirtschaft sind Kundenerlebnisse der entscheidende Differenzierungsfaktor.

Second-Party-Daten werden relevanter

Sinnvolle Ergänzung einer First-Party-Data-Strategie können Partnerschaften sein. Sogenannte Second-Party-Daten (bekannt als aufbereitete First-Party-Daten eines vertrauenswürdigen Partners) ergänzen von einem Unternehmen selbst gesammelte Daten und schließen entscheidende Lücken in Kundenprofilen.

Ein Einzelhandelsunternehmen kann beispielsweise mit einem Finanzinstitut kooperieren und eine Co-Branding-Kreditkarte anbieten. Damit unterstützen sich beide Parteien gegenseitig, die ausgetauschten Kundendaten in vorhandene Profile zu integrieren und diese den Präferenzen entsprechend zu vervollständigen und das Kundenverhalten besser zu verstehen.

Künftig wird die Relevanz von Second-Party-Daten noch einmal deutlich an Bedeutung gewinnen. Unternehmen müssen jetzt in die entsprechende Tools und Partnerschaften investieren, um Daten verantwortungsvoll und im Einklang mit den Kundenansprüchen zu teilen und zu verarbeiten. Dazu gehört auch, abteilungsübergreifende Kooperationen zu stärken.

Schluss mit den Datensilos

Eine konsistente First-Party-Data-Strategie setzt voraus, dem Wildwuchs an Datensilos und Technologien ein Ende zu setzen. Hier den Durchblick zu behalten, kostet zu viel wertvolle Zeit und Energie. Nur wenn Marketing-, Vertriebs-, Betriebs- und Support-Teams auf einen zentralen Datenpool zugreifen können, ergibt sich ein ganzheitliches Bild der Kunden und ihrer Bedürfnisse – das ist die Grundlage für eine wirklich gelungene Customer Experience.

Das Aus der Cookies von Drittanbietern ist mitnichten das Ende des erfolgreichen Marketings – im Gegenteil: Eine neue, verbesserte Daten-Strategie ist gerade angesichts schärferer Datenschutzbestimmungen eine echte Chance. Denn Daten-Streaming in Echtzeit und ein verbessertes Customer Experience Management ermöglichen es, Kunden und ihre Bedürfnisse wirklich ins Zentrum unternehmerischer Überlegungen zu stellen, Digital-First-Prozesse anzupassen und letztlich starke Kundenbeziehungen aufzubauen.