CRM vs. CXM? Was für Kundenbeziehungen in der Digitalisierung wichtig wird

Die Customer Experience rückt immer mehr in den Fokus der Unternehmen. Aber reicht klassisches Customer Relationship Management (CRM) für die wachsenden Möglichkeiten in der Kundenbeziehungspflege noch aus?
Als Folge der zunehmenden Digitalisierung von Kommunikation, Produkten und Dienstleistungen hat sich eine Verschiebung der Marktmacht zu Gunsten der Kunden ergeben

Das war eine der zentralen Fragestellungen unseres CRM Roundtables am 27. April in Düsseldorf. Moderiert von Christian Thunig, Chefredakteur der absatzwirtschaft diskutierten Martin Philipp, Geschäftsführer von SC-Networks, Marcus Ruebsam, Senior Vice President Strategy & Solutions bei SAP Hybris und Markus Blau, Business Unit Manager Customer Engagement & Commerce bei Arithnea über die Herausforderungen von CRM-Projekten im Kontext der Digitalisierung.

Kundenzentrierung in Zeiten der Digitalisierung

Schon lange wird Customer Relationship Management als entscheidender Wettbewerbsvorteil angesehen. CRM-Projektteams sahen und sehen sich mit der Frage konfrontiert, was Kundenzentrierung im Unternehmen überhaupt bedeutet und wie diese zu gestalten ist. Auch der Begriff „Kundenbeziehungsmanagement“ stellt Unternehmen vor beträchtliche Herausforderungen. Einige haben noch immer kein CRM-System implementiert. So auch Kunden von Markus Blau, die heute noch mit Excel und Outlook arbeiten. „Um den Vertrieb ordentlich zu strukturieren und alle Sales-Opportunities nutzen zu können, ist ein CRM-System essenziell. Durch die ganze Automatisierung, die wir zurzeit erleben, glaube ich, dass auch weiterhin CRM-Systeme als Basis bestehen werden“, so Markus Blau. Für Unternehmen, die noch keine CRM-Strategie aufgesetzt haben, besteht also unbedingt Handlungsbedarf, um in Zeiten der Digitalisierung den Anschluss an die Konkurrenz nicht zu verlieren.

Ist einmal die Datenbasis für ein CRM-System im Unternehmen geschaffen, gilt es, Potenziale zu erkennen und diese effizient auszuschöpfen. Im klassischen CRM dominiert momentan noch ganz klar die Blickrichtung aus dem Unternehmen auf den Kunden – also von innen nach außen. Das CRM-System sammelt aus dieser Perspektive Daten, zum Beispiel den letzten Kontakt mit dem Kunden oder die bisherigen Käufe.

Dieses Vorgehen wirft mittlerweile jedoch zwei große Fragen auf: Decken sich die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens mit denen der Kunden? Und: Gelingt es den klassischen CRM-Systemen, ein „Verständnis“ für die Kundenbedürfnisse zu entwickeln? „Der Mensch hat sich verändert und so auch sein Kauf- und Informationsverhalten. Daran muss man natürlich auch die Systeme und die Taktik anpassen, mit der man Kundenbeziehungen aufbaut“, weiß Martin Philipp. Die entscheidende Veränderung für das Kundenmanagement ist also der andere Zugang zu Informationen und Angeboten, den die Kunden durch die Digitalisierung haben, erklärte Marcus Ruebsam während des Roundtables: „Ein CRM-System hat die Beziehung zwischen dem Kunden und der Marke bisher immer sehr einseitig gemessen. Die Art, wie ich diese Kundenbeziehungen pflegen muss, ist aber mittlerweile eine andere.“

Wie bleiben Unternehmen für potenzielle Kunden interessant?

Als Folge der zunehmenden Digitalisierung von Kommunikation, Produkten und Dienstleistungen hat sich eine Verschiebung der Marktmacht zu Gunsten der Kunden ergeben. Genau aus diesem Grund folgen viele Unternehmen ihren Kunden in die digitale Welt, stehen dort aber vor großen Herausforderungen. Den Kunden in den Weiten der Informationsbeschaffung nicht zu verlieren, ist sicher eine der größten. Um für potenzielle Kunden interessant zu bleiben, ist es unerlässlich, ein tiefgreifendes Verständnis für die schnell wandelnden Bedürfnisse der Kunden zu entwickeln und sich daran anzupassen. Für das CRM werden also Touchpoints und der 360-Grad-Blick auf den Kunden immer wichtiger. Kunden wollen heute begeistert werden und Unternehmen müssen es schaffen, sie von ihren Produkten oder Dienstleistungen zu überzeugen.„Das Entscheidende bei all den Veränderungen ist immer, den Kunden am Ende zu begeistern und ihm dem nötigen Content auf dem richtigen Kanal zu liefern. Um immer auf die Bedürfnisse des Kunden eingehen zu können, müssen wir also vom CRM in das Customer Experience Management übergehen. Momentan können es CRM-Systeme nicht leisten, diese Kundenprofile mit allen Kanälen und Informationen zentral zu managen. Wir müssen also einen Schritt weiter gehen als nur CRM, um uns als Marke um die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Kunden auf seiner Journey kümmern zu können“, ergänzte Markus Ruebsam.

Dass Unternehmen einen Schritt weiter denken müssen und nicht auf dem klassischen CRM-Gedanken verharren dürfen, zeigt auch das Praxisbeispiel eines Maschinenbauers, das Markus Blau im Roundtable ansprach: „Im CRM des Unternehmens sind alle Interessenten und Kunden mit Anfragen, Angeboten, Aufträgen und den ERP Fertigungsprozessen eingepflegt. Außerdem halten sie auch Reklamationen, Beschwerden und Service-Prozesse dort fest. Vor kurzem hat sich in einem Kunden-Workshop dann das Thema Lead Management ergeben. Ein Aspekt dabei war, den Messe-Kanal direkt in das CRM zu integrieren. Ein zweiter wichtiger Kanal ist die Online Plattform, über die auch Nichtkunden aktuell technische Anleitungen zu den Produkten herunterladen können. Auf Basis dieser Kontakt- und Nutzerdaten, können sie zukünftig ihren Interessenten genau den Content ausspielen, der für sie relevant ist. Das ist der Bereich, mit dem das Unternehmen in Richtung Customer Experience Management (CEM) geht und, wo CRM eigentlich nicht mehr viel zu melden hat.“

Customer Experience Management macht CRM beziehungstauglich

Damit wird klar: Die strategische Erfassung, Auswertung und Nutzbarmachung der Erfahrungen, die Kunden im Kaufprozess machen, setzen einen Perspektivwechsel seitens der Unternehmen voraus. Unternehmen sollten sich die „Kundenbrille“ aufsetzen und ihre Maßnahmen – zum Beispiel das Bereitstellen von Content – an die Bedürfnisse der Kunden anpassen. Um den Kunden zu begeistern, sollten sich Unternehmen fragen, wie sie vom Kunden wahrgenommen werden, was der Kunde braucht und welche Informationen er sucht. Die Strategie, die dahinter steckt, nennt man Customer Experience Management (CXM). Dabei sammeln Unternehmen die Informationen außerhalb ihrer Organisation und lassen diese nach innen fließen. Ob beim Einsatz des CXM überhaupt noch klassische Kundenbindungsmaßnahmen erforderlich sind, wurde von den Experten diskutiert.