CRM Roundtable: Was leistet CRM für die Customer Journey?

Die Customer Journey und die Customer Experience stehen im Fokus der Unternehmen – Kundenbeziehungen zu pflegen, ist heute Pflichtprogramm. Aber was kann CRM konkret für die Customer Journey leisten? Darüber haben Experten beim CRM Roundtable diskutiert.

Marketing und Vertrieb sollten an einem Strang ziehen. Gibt es bereits Lösungsansätze, bei denen es Unternehmen geschafft haben, Marketing und Vertrieb zusammenzubringen und wie könnte so eine Zusammenarbeit am besten funktionieren?

Ruebsam: Meine Erfahrung ist es, dass es viele gute, aber auch viele schlechte Beispiele dafür gibt. Die Industrie ist eben von Vertriebsorganisation und Vertriebsstruktur extrem abhängig. Da gibt es dann auch viele organisatorische Hindernisse, wie zum Beispiel das Festlegen der Verantwortlichkeiten für Umsatzberichte. Wenn man Richtung Consumer Product Industry schaut, funktioniert das schon eher.

Blau:: Ich kenne das auch von einigen unserer Kunden. Es werden lauter kleine „Fürstentümer“ für die einzelnen Bereiche errichtet. Meiner Erfahrung nach sollte der Vertrieb den Lead übernehmen, denn letztendlich ist es das Ziel des Unternehmens, erfolgreiche Abschlüsse zu erzielen. Dafür muss man sich im Unternehmen auch transformieren können. Das Marketing sollte weg vom „Fürstentum“ kommen und eher als Dienstleister agieren. Nur so kann auch der notwendige Austausch stattfinden. Und in dieser Hinsicht gibt es definitiv noch viel zu tun.

Das ist genau das Thema! Bedingt durch die Digitalisierung gibt es mittlerweile CDOs, CTOs, CSOs und noch viele mehr. Werden damit nicht noch mehr Fässer aufgemacht, statt Baustellen geschlossen?

Philipp: Ja, das stimmt. Immerhin geht es bei der Digitalisierung auch um einen strukturellen Wandel. Die, die aus der IT kommen, haben das technische Wissen. Es macht also Sinn das Thema Digitalisierung bei ihnen unterzubringen. Dann gibt es das Marketing, welches aus meiner Sicht die strategische Lokomotive im Unternehmen ist. Klassisch für die Aufgaben im Marketing sind die vier „P“: Product, Price, Placement und Promotion. Das Marketing sorgt also für den Traffic, den der Sales schlussendlich braucht, um Abschlüsse zu erzielen.

Ruebsam: Gerade die CDOs sind aus meiner Sicht eine interessante Entwicklung. Diese sind meistens für den Change verantwortlich, stellen neue Business-Modelle auf und geben ihr digitales Wissen ins Unternehmen. Bei vielen großen Konzernen ist der CDO nach erfolgreichem Change zum CMO geworden. CDOs versuchen einfach Gräben aufzulösen und genau das ist es, was Unternehmen brauchen.

Blau:: Wir hatten einmal eine Anfrage von einer Bank, die sich Gedanken über die Digitalisierung gemacht hat und einen Digitalisierungsexperten einstellen wollte. Die Anforderungen der Bank waren, dass dieser Experte alle Prozesse der Bank kennt und idealerweise schon mindestens 15 Jahre dort gearbeitet hat. Und genau das ist das Beispiel: man hat jemanden, der bereits 15 Jahre im Unternehmen festgefahren ist und plötzlich Digitalisierung machen soll. Das ist Quatsch – es braucht neue Ideen und frischen Wind im Unternehmen, um diesen Prozess erfolgreich durchzubringen.

Aber noch einmal: Es geht um Marketing und Vertrieb, die zusammen gebracht werden müssen. Und dann kommt noch die neue, dritte Funktion dazu: der Digital Officer, der meistens noch einmal eine eigene Abteilung aufbaut. So etwas kann auch ganz oft schief gehen, oder?

Ruebsam: Es gibt viele Unternehmen, bei denen ich gesehen habe, wie so etwas erfolgreich funktioniert. Meistens wurde dann eine Abteilung aus bestehenden Funktionen aufgebaut. Also keine isolierte neue Abteilung, sondern tatsächlich eine Gruppe aus Marketing, Sales und Co, die gemeinsam als Projekt an der Digitalisierungsstrategie arbeitet.

Philipp: Genau dahin könnte es sich entwickeln. Die Frage ist nur, funktioniert es so auch mit der gewünschten Schnelligkeit und Entscheidungsnotwendigkeit? Schlussendlich hat jede Abteilung ihr eigenes Ziel: das Marketing will einen qualitativen und nachverfolgbaren Lead; den Vertrieb dagegen interessiert weniger, woher der Lead kommt, ihn interessiert die Abschlusswahrscheinlichkeit. Und selbst im Sales gibt es unterschiedliche Charaktere, die andere Dinge wissen müssen. Es hängt immer davon ab, wie die Unternehmen strukturiert sind und wie die einzelnen Rollen am besten zusammenspielen können. Schwierig wird es dann, wenn die einzelnen „Fürstentümer“ aufgebrochen werden müssen und sich eine gewisse Agilität über das gesamte Unternehmen verbreiten soll. Ziel dabei ist es immer, den Kunden optimal abzuholen und dafür braucht es unterschiedliche Kompetenzen. Damit Unternehmen zum Schnellboot werden und nicht weiterhin der langsame Öltanker bleiben, müssen sie abteilungsübergreifend denken.

Um wieder auf das Thema Kundenmarkt zurückzukommen und den Bogen zur Diskussion um das klassische CRM zu schließen: Sind Kundenbindungsprogramme aufgrund der Automatisierung in Zukunft noch denkbar oder werden sie langsam verschwinden?

Marcus Ruebsam: Ich glaube, dass sie nicht verschwinden werden, denn im Endeffekt geht es wieder darum, als Marke eine Bindung aufzubauen – in welcher Form auch immer. Die klassischen Kundenbindungsprogramme waren schon immer eher monetär orientiert. Was dabei jetzt noch viel mehr eine Rolle spielt, ist der 360-Grad-Blick auf den Kunden, denn die monetären Programme sind mittlerweile leicht ersetzbar. Es sollten die weichen Faktoren analysiert werden, um dem Kunden ein konsistentes Gefühl geben und die Beziehung zur Marke aufbauen zu können. Und da kommt auch wieder die künstliche Intelligenz ins Spiel.

BlauIch glaube, die Kundenbindungsmaßnahmen wird es immer geben, man muss nur den Blickwinkel ändern, um für die Kunden einen echten Mehrwert zu generieren. Wenn man dem Kunden zum Beispiel eine exklusive Probefahrt für ein Auto anbietet, fühlt er sich mehr wertgeschätzt als mit einem Voucher mit fünf Prozent Rabatt. Wenn man dem Kunden das Gefühl von Exklusivität gibt, wird Cross-Selling sicher erfolgreicher und dann haben Kundenbindungsmaßnahmen auf jeden Fall eine Zukunft – man muss es nur richtig machen.

Philipp: Was man bei dem Ganzen letztendlich nicht außer Acht lassen darf, ist das, was für die Menschen wichtig ist. Sie wollen verstanden werden und brauchen Problemlöser, die sie individuell in ihrem Kunden- beziehungsweise Projektlebenszyklus abholen und Ihnen gezielte Mehrwerte für Ihre persönliche Customer Journey bieten. Das Angebot wird immer größer und Informationen werden immer schneller transportiert, deshalb wird die Kundenbindung an Bedeutung gewinnen.