Beziehungskrise bei Facebook – Wie Marken sich im Newsfeed auch künftig behaupten können

Der Kurswechsel bei Facebook kam nicht überraschend. Mit der Entscheidung den Newsfeed zu verändern, besinnt sich das soziale Netzwerk auf seine Wurzeln zurück und möchte Nutzer wieder mehr bei der Pflege persönlicher Beziehungen unterstützen. Heißt: Die Sichtbarkeit der Unternehmens-Beiträge sinkt. Interessanterweise kann darin mehr Chance für die Positionierung von Marken stecken

Von Gastautorin Kathrin Käppler, Data Consultant für ressourcenmangel 

Sind die neuen Regeln gut für die User, aber schlecht für die Marken? Für Unternehmen bedeutet es erst einmal: die Sichtbarkeit ihrer Beiträge wird zukünftig herabgestuft, die Wahrscheinlichkeit, dass sie im Newsfeed ihrer Fans erscheinen, sinkt. Gleichzeitig will Facebook passive Inhalte reduzieren; das Potenzial eines Postings, sinnvolle Interaktionen hervorzurufen, wird zum zentralen Faktor der Priorisierung. Für die meisten Nutzer wird das in der Zusammensetzung ihres Newsfeeds sichtbar werden: weniger öffentliche Seitenbeiträge, mehr Content von Freunden. Die Zahl von Werbeanzeigen wird sich laut Facebook zwar nicht verändern, sicher aber die Marken und Angebote, die sich dort in Zukunft platzieren können. Doch darin kann aber mehr Chance für die Positionierung von Marken und gute Kommunikation stecken, als man auf den ersten Blick glauben mag.

Viele Unternehmen werden die Flucht nach vorn antreten

Mittels Ad Boost werden einige versuchen in die Reichweite ihrer Beiträge zu investieren. Im Wettbewerb um die Anzeigenplätze werden höhere Budgets vor allem größeren Playern Sichtbarkeit ermöglichen. Gleichzeitig können diejenigen Marken profitieren, die bereits tragfähige Beziehungen zu ihren Kunden aufgebaut haben – denn neben Budget zählt für die Platzierung einer Anzeige auch Relevanz. Diese Relevanz wird sich ab sofort aber über andere Kriterien als bisher definieren. Altbewährte Mechanismen haben dafür ausgedient. Letztlich macht diese Entwicklung Sinn, denn das Versprechen, Kunden mit werblichem Inhalt auch echten Mehrwert zu bieten, blieb in den letzten Jahren von vielen Marken unerfüllt. Oft fehlte der Mut sich von Standardlösungen zu trennen. Weil Relevanz, die jeder für jeden anbieten wollte, Beliebigkeit erzeugte. Daher müssen Unternehmen in Zukunft viel stärker in bedeutsame Beziehungen als in Content investieren.

Wie funktioniert eine gute Beziehung?

Es wird für Marken weniger darum gehen, Fans einzusammeln, sondern eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit ihren Kunden aufzubauen. Möglich ist das u.a. mit Hilfe von gemeinsam geteilten Momenten die Bindung stiften. Marken, die durch Leidenschaft getragen werden, haben dabei einen Vorteil. Eine gut funktionierende Beziehung braucht aber nicht immer stürmische Liebe. Vielmehr basiert sie auf Empathie, also der Fähigkeit sich in (potenzielle) Kunden einzufühlen. Sie setzt ein Verständnis voraus, das über die Beobachtung von Verhalten, über soziodemographische Merkmale, über Stereotypen, und vor allem über die Wunsch-Positionierung der eigenen Marke hinausgeht. Unternehmen werden sich mehr damit auseinandersetzen, wie sie ein Partner sein können, der Kunden etwas wert ist und weniger damit, wie sie als Marke wahrgenommen werden wollen. Einzelne Posts verlieren gegenüber einer klaren grundsätzlichen Positionierung an Bedeutung. 

Mehr Mut!

Mehr Kante zeigen, mutiger sein und den Nutzern Anreize geben, das sind die Aufgaben denen sich Unternehmen stellen müssen. Es gilt nicht mehr, es allen recht machen zu wollen, sondern sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Kunden beschäftigen sich mit Marken, die eine Rolle in ihrem Leben einnehmen, mit Marken, die ihnen einfach nicht egal sind. Das war schon immer so, aber jetzt legt Facebook seinen Fokus darauf und die Folge daraus ist, schlechte Beziehungen auf Eis zu legen. Das wird Unternehmen aus der Reserve locken, mehr zu wagen und mehr zuzuhören um zu verstehen, was sie ihrem Gegenüber anbieten können und müssen. Hier gelten echte Beziehungsregeln: Du kannst niemanden dazu bringen, dich zu lieben. Aber du kannst jemand sein oder werden, den man lieben kann. Wer neue Kundensegmente erschließen will, muss sich oder seine Haltung ändern. Eine Anpassung des Targeting genügt nicht mehr.

Zur Autorin: Kathrin Käppler ist studierte Wirtschaftspsychologin und als Data Consultant für ressourcenmangel in Hamburg tätig. Ihr Fokus: Bedürfnisse von Konsumenten und personalisierte Kommunikation, die individuelle Relevanz erzeugt. Parallel dazu schließt sie aktuell ihre Promotion in Psychologie an der Leuphana Universität Lüneburg ab. In ihrer Zeit vor ressourcenmangel betreute Kathrin Start-Ups als Online Marketing Consultant und arbeitete bei Interone u.a. auf den Etats von BMW und MINI.