Beschädigt „Supertalent“-Juror Gottschalk das eigene Markenprofil?

Top-Werbedeals, Traumquoten und nie um einen Spruch verlegen: Thomas Gottschalk galt lange als erfolgreichster Moderator Deutschlands. Was er moderierte, wurde zum Erfolg. Auch seine Selbstvermarktung als Marke war mustergültig. Nach seinem Ende bei den öffentlich-rechtlichen Sendern startet der Oberfranke im Herbst als Juror der RTL-Show „Das Supertalent“. Katastrophe oder Karrierekick?

Von Johannes Steger

Das gehörte eigentlich zusammen: Samstag Abend, „Wetten, dass..?“ und Thomas Gottschalk. Nach 151 Sendungen machte Gottschalk Schluss und erhielt im Vorabend der ARD sein eigenes Talk-Format „Gottschalk Live“. Der Show-Gigant war angetreten, um den mauen Vorabend aus dem Quotengrab herauszuheben. Seine erste Sendung startete mit 4,3 Millionen Zuschauern. Die Freude währte jedoch nur kurz, denn bald wollten ihm nur noch 500 000 bis 700 000 Menschen zuschauen. „Das Allerschlimmste für mich ist, wenn ich den Eindruck habe, ich bin eine Fehlinvestition“, sagte Gottschalk im Jahr 2005 in einem Interview mit absatzwirtschaft. Er könne nicht kassieren, ohne Leistung zu bringen. Bei der ARD nahm man ihn beim Wort. Obwohl sein Vertrag noch nicht ausgelaufen war und obwohl der Showmaster eigentlich nicht aufgeben wollte, setzten die Senderverantwortlichen das Format nach nur vier Monaten wieder ab und erklärten das Projekt für gescheitert.

Arbeitslos melden musste sich der Fernsehstar nicht: Sein einstiger Samstagabend-Konkurrent Dieter Bohlen holte ihn in die Jury des Supertalents. Ab Herbst 2012 wird Gottschalk jetzt auf RTL über das Talent – oder die Talentlosigkeit – der Teilnehmer richten. Das wird nicht immer einfach: Neben Artisten und Sängern fand sich in dem RTL-Primetime-Format auch schon mal ein Furzartist oder ein XXL-Gogo. Auf Gottschalks Stuhl saßen vorher Modelcoach Bruce Darnell und die Tänzerin Motsi Mabuse. Für viele die ultimative Beschädigung der Marke Gottschalk.

Vom Moderator zum Werbestar

Dabei hatte alles so verheißungsvoll angefangen. Schon vor „Wetten, dass..?“ moderierte Gottschalk verschiedene erfolgreiche Formate. Werbedeals mit McDonald’s brachten ihm neben deutschlandweiter Bekanntheit auch satte Gagen. Mit der ZDF-Show wurden seine markigen Sprüche, sein Moderationstalent und auch seine gewagten Outfits zum Samstagabendklassiker. Lief die Show der verrückten Wetten, wurde es auf Deutschlands Straßen ziemlich still. Weitere Werbedeals folgten: Neben einem Engagement für Neckermann und die Deutsche Post wurde er 1991 Fürsprecher des Süßwarenherstellers Haribo. Seine Auftritte als Goldbären-Testimonial wurden Kult und über die Jahre untrennbar mit der Marke verbunden. Mit diesem Werbedeal schaffte er es 2006 sogar als längstes bestehendes Testimonial ins „Guinness Buch der Rekorde“. Seine Beliebtheit wuchs konstant: Im Jahr 2009 fragte das Allensbach Institut nach den wichtigsten Personen in Kunst, Sport und Kultur der letzten 60 Jahre. Gottschalk schaffte es auf Platz 8 der Top 20 – kurz hinter Uwe Seeler, aber weit vor Nobelpreisträger Grass und Superstar Herbert Grönemeyer.

Mit frechen Sprüchen und eigenwilliger Kleidung ist Gottschalk längst zur Marke avanciert. Er ist originell und authentisch und das macht ihn für die Zuschauer besonders. Denn was für Produktmarken gilt, hat auch für die Markenpersönlichkeit Bestand. Gottschalk ist eindeutig und nicht komplex. Seine Linie ist klar definiert: Ein bisschen Rumblödelei und ein bisschen Hallodri, nie zu ernst und vor allem nicht belehrend. Stets bemüht, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Nicht nur in seinen Shows, sondern auch in seinen Werbeauftritten hat dieses Muster Bestand. Wie ein erfolgreiches Markenprodukt hat auch Gottschalk ein präzise formuliertes Profil, dem er treu bleibt. Das goutiert der Fernsehzuschauer. Bei Gottschalk weiß jeder, was er hat. Seine Beständigkeit untermauert auch sein andauerndes Haribo-Engagement. Seine übrigen Testimonial-Einsätze waren ebenfalls sauber gewählt: Deutsche Post, Neckermann und Quelle stehen oder standen für Tradition und Bestand. Anders als bei vielen Prominenten kam es nie zu einer Übersättigung an Werbeauftritten, die seiner Glaubwürdigkeit hätten schaden können.

Eine Marke erlebt Höhen und Tiefen

Allen Unkenrufen zum Trotz freut sich der Show-Titan Gottschalk auf seine Zusammenarbeit mit dem anderen Show-Titan Dieter Bohlen. Seinen Untergang in die Bedeutungslosigkeit wurde ihm nämlich schon häufig prophezeit. Es ist auch nicht Gottschalks erster Ausflug ins Privatfernsehen. Nachdem er 1992 seine „Wetten, dass..?“-Moderation an Wolfgang Lippert abtreten musste, startet er mit seiner eigenen Late-Night-Show auf RTL. Es hagelte schlechte Kritiken, die Fans hielten dennoch zu ihm. 1994 rief das ZDF Gottschalk zurück, um den Sinkflug von „Wetten, dass..?“ zu beenden. Nebenbei moderierte er die Sat1-Shows „Gottschalks Haus-Party“ und „Gottschalk kommt“. Alle wurden übrigens begleitet vom Abgesang auf seine Karriere. Das war in den Neunzigern.

Eine Marke erlebt Höhen und Tiefen, so auch die Marke Thomas Gottschalk. Ob der Jurorensessel beim quotenstarken „Supertalent“ nun ein Tief oder gar das Karriere-Aus bedeutet, bleibt abzuwarten.