BeReal: Erfolg mit Authentizität – oder doch nicht?

Eine Studie zum Nutzungsverhalten auf BeReal nährt Zweifel daran, ob die noch junge Social-Media-App ihre Versprechen einlöst. Die Menschen wollten zwar authentisch sein, aber ein Filter wäre doch ganz schön.
Zwei Minuten haben die Nutzer*innen Zeit, um ihr tägliches Foto zu machen. (© BeReal)

BeReal ist die Social-Media-App der Stunde. Sie verspricht, alles andere als traditionell zu sein. In den vergangenen Monaten stieg ihre Popularität rasant an und veranlasste etablierte Social-Media-Player wie Instagram und TikTok, ihre eigene Version eines natürlicheren und authentischeren sozialen Netzwerks zu starten. Doch wollen die Nutzenden das wirklich? Eine aktuelle Sortlist-Studie nimmt diese Frage genauer in den Blick.

Worum geht es bei BeReal? Die Social-Media-App sendet jeden Tag zu einer anderen Zeit eine Erinnerung, die die Nutzer*innen dazu auffordert, ein Selfie und gleichzeitig ein Bild mit der Rückkamera zu posten, um zu zeigen, was sie in dem Moment machen. Laut dem Fachportal „Screen Rant“ gibt dieser Ansatz „den Nutzenden weniger Kontrolle über ihre Fotos, macht dies aber durch eine authentischere Darstellung des jeweiligen Nutzenden wieder wett“.


Wie relevant BeReal für die Markenkommunikation von Unternehmen werden könnte, schreibt unser Autor Frederic M. Servatius hier.



Auf den ersten Blick zeigt die Umfrage ein ähnliches Bild: Gut 20 Prozent der Befragten gaben an, dass BeReal vor allem deshalb so attraktiv ist, weil es sich „authentischer anfühlt“. Weitere Aspekte, die den Nutzenden an der App besser gefallen als an anderen sozialen Medien, sind: „es ist persönlicher“, „keine Werbung“, „keine Filter“, „kein Algorithmus bringt meinen Feed durcheinander“ und „ich verbringe weniger Zeit damit als mit anderen Apps“.

In der Tat verbringt die Mehrheit der befragten Nutzer*innen (77 Prozent) täglich maximal 30 Minuten mit der App, jede(r) Zweite sogar weniger als zehn Minuten. Diese Werte sind weit entfernt von der durchschnittlichen Nutzungsdauer anderer sozialer Medien.

So viele Fotos machen Nutzer*innen bevor sie posten

Die BeReal-App unterscheidet sich von anderen sozialen Medien vor allem dadurch, dass die Nutzer*innen nur wenig Zeit – zwei Minuten – haben, um ein Foto zu posten. Aber das hält sie nicht davon ab, wählerisch zu sein: Nur neun Prozent der BeReal-Nutzer*innen posten das erste Foto, das sie mit der App aufnehmen.

Knapp 36 Prozent machen dagegen mindestens drei Bilder, bevor sie sich entscheiden, ein Foto zu posten. Frauen posten dabei noch seltener nach dem ersten Versuch als Männer und sind eher bereit, mindestens vier Fotos zu machen bevor sie posten.

Hälfte wartet mit dem Post, bis sie etwas Interessantes tun

Wenn die Erinnerungs-Mitteilung der App eintrifft, warten mehr als die Hälfte der Nutzer*innen (54 Prozent), bis sie etwas Interessantes tun, bevor sie etwas posten. Auch das steht dem Ziel von BeReal entgegen, Menschen möglichst authentisch und unmittelbar darzustellen.

Nur knapp jeder dritte Nutzende (30 Prozent) postet, sobald die Mitteilung erscheint. 14 Prozent der Befragten posten nur, um das Bild von jemand anderem sehen zu können.

Als ob das noch nicht genug wäre, gab die große Mehrheit der befragten BeReal-Nutzer*innen (86 Prozent) an, dass sie sich wünschten, die Bilder, die sie veröffentlichen, bearbeiten zu können.

Ist BeReal nur ein Hype?

Ob BeReal nun authentischer ist als andere Social-Media-Apps oder nicht, in einem Punkt ist sich die Mehrheit Befragten einig: Die App wird bleiben. 65 Prozent sind der Meinung, dass BeReal „das nächste große Social Media“ werden wird.

Methode: Für die Umfrage wurden zwischen dem 26. und 30. September 2022 insgesamt 1000 BeReal-App-Nutzerinnen in fünf Ländern (Großbritannien, Belgien, Deutschland, Spanien und Frankreich) zu ihrem Verhalten auf BeReal und dem Reiz, den die App auf sie ausübt, befragt.

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Er hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.