Bei Markenpiraterie gibt es noch keine Entwarnung

Risikoorientierte Einfuhrkontrollen des Deutschen Zolls sind nach wie vor ein wirksames Mittel zum Schutz der deutschen und europäischen Wirtschaft vor Plagiaten. Der Jahresbilanz 2009 zufolge verhinderte der Zoll in 9622 Fällen, dass gefälschte Waren im Wert von 364 Millionen Euro in Verkehr gebracht werden konnten. Aus Sicht des Markenverbandes und des VKE-Kosmetikverbandes lässt sich aber nicht erkennen, dass sich die Situation rund um gefälschte Waren beruhigt.

Insbesondere die jeweiligen Mitgliedsunternehmen könnten in ihren täglichen Bemühungen auf Märkten, Messen und im Internet keinen Rückgang gefälschter Produkte feststellen. „Wir befürchten, dass dies vielmehr ein Anzeichen dafür ist, dass die Fälscher immer geschickter und professioneller vorgehen“, sagt Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer im Markenverband. Die nachweislich immer engere Verzahnung von Produkt- und Markenfälschern mit anderen Bereichen der organisierten Kriminalität zeige auch, dass dafür eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht. „Wenn Markenpiraten bei der Raffinesse, mit der sie Vertriebswege wählen, verstärkt vom internationalen Drogenhandel lernen, wäre es nicht verwunderlich, wenn die Zahlen beschlagnahmter Waren sinken“, betont Köhler. Der Wert der beschlagnahmten Waren sei von 2008 auf 2009 von 436 auf 364 Millionen Euro gesunken.

Auch für die Kosmetikbranche blieben die Zahlen dramatisch. Denn im vergangenen Jahr seien im Produktsegment Parfum und Kosmetik Waren im Wert von 6,9 Millionen Euro beschlagnahmt worden. Das entspreche zwar einer Veränderung von minus 48 Prozent zum Vorjahr, doch läge die Zahl immer noch 146 Prozent über den Ergebnissen aus dem Jahr 2007. „Der geringere Warenwert gibt leider keinen Anlass zur Entwarnung. Die trotzdem hohen absoluten Fallzahlen würden eine Veränderung in der Strategie der Täter verdeutlichen. Heutzutage kämen gefälschte Waren eher auf dem Postweg und in kleineren Einheiten ins Land und nicht mehr im Container. Damit habe der Kampf gegen Fälscher für Zoll und Industrie eine neue Dimension erreicht.

Neuartige Schutzstrategien können Markenherstellern nach Informationen der Agentur Karg und Petersen bei der Abwehr einer immer größeren Bedrohung durch Piraterie helfen. Das ist das Ergebnis der Studie „Piraterie-Bekämpfung als Wettbewerbsfaktor“, für die die Agentur mit Unterstützung von 16 Wirtschaftsverbänden und Anti-Piraterie-Organisationen branchenübergreifend rund 230 Unternehmensvertreter in Deutschland, Österreich und der Schweiz (D/A/CH) befragte.

Danach geben drei von vier Unternehmen an, von Produkt- und Markenpiraterie betroffen zu sein und rechnen 90 Prozent damit, dass sich dieses Problem noch verschärft. Gleichzeitig sähen viele Unternehmen aber die Möglichkeit, den eigenen Schutz durch eine zielgerichtete Informationspolitik gegenüber Zulieferern und Händlern oder die systematische Koordination mit anderen Anti-Piraterie-Akteuren wie etwa Zollbeamten zu verbessern. „Klassische Maßnahmen wie juristische Schritte, fälschungsresistente Verpackungen und Sicherheitsetiketten sind wichtig – aber vor allem bei Informationsmanagement und Kommunikation sehen Unternehmen ungenutzte Optimierungspotenziale“, sagt Studienleiter Dr. Tim Karg.

Ein effizienterer Piraterieschutz lasse sich durch miteinander vernetzte Maßnahmen erreichen, die genau auf die individuellen Ziele der Anti-Piraterie-Strategie und die jeweilige Situation eines Unternehmens abgestimmt werden. Zum Beispiel erachteten 63 Prozent der Befragten es als besonders wichtig, Aufmerksamkeit und Abschreckung in Problemregionen von fast zwei Drittel der Unternehmen zu schaffen, gefolgt von 60 Prozent, die auf Kommunikationsmaßnahmen zur Prävention und Risikovorbeugung vertrauen würden. Viele hielten es auch für erfolgversprechend, den Informationsaustausch mit Geschäfts- und Vertriebspartnern (59 Prozent), den eigenen Mitarbeitern (41 Prozent) oder den zuständigen Behörden, Ministerien und Verbänden (35 Prozent) zu verbessern.

www.markenverband.de,
www.zoll.de,
www.karg-und-petersen.de