Bedeutung von Testimonials in der heutigen Werbelandschaft

In Deutschland beinhaltet durchschnittlich jede achte Werbeanzeige einen Prominenten. Zweifelsohne sind Testimonials eine gerne genutzte Werbestrategie um den Markenwert zu steigern und Produkte und Services zu vermarkten. Marktforschungsanalysen zeigen einen steten Anstieg von Testimonialwerbung seit den 1990er Jahren. Teil 1 unserer neuen Artikelreihe "Testimonialwerbung - Wie Marken und Botschafter zusammenfinden".

Von Christian Schimmelpfennig und Svend Hollensen

Prominente spielen in Fernsehspots, beschallen uns aus dem Radio und grinsen verschmitzt aus Magazin-Anzeigen und Outdoor-Werbedisplays. Als Konsumenten sind wir täglich 3.500 bis 5.000 Werbebotschaften ausgesetzt, viele davon Promi-Testimonials. Ein Rückgang ist nicht zu erwarten.

Testimonialwerbung: höchst beliebt – aber auch höchst effizient?

Aus werbepsychologischer Sicht sind Testimonials ein ideales Vehikel Marken unmittelbar Emotionalität zu verleihen und damit probates Mittel den schwindenden Möglichkeiten der Differenzierung durch Produktvariationen zu begegnen. Aus Marketingcontrolling-Sicht sind Testimonials zumeist sehr effizient. Empirische Studien belegen, Testimonialwerbung steigert Umsatz, Gewinn und Aktienkurse. Eine kürzlich veröffentlichte Harvard Business School Studie beziffert die durchschnittliche Umsatzsteigerung durch den Einsatz prominenter Athleten als Werbebotschafter auf vier Prozent. Die durchschnittliche Aktienkurssteigerung innerhalb der auf die Ankündigung eines abgeschlossenen Testimonial-Deals folgenden Tage wird auf 0,5 Prozent beziffert und dokumentiert damit die Einschätzung des Marktes hinsichtlich zu erwartender Umsatz- und Gewinnsteigerungen.

Eine Analyse von Nikes Finanzberichten hat ferner ergeben, dass Tiger Woods dem Sportartikler in den Jahren 2000 bis 2010 zusätzliche 103 Millionen Dollar. Umsatz einbrachte und Nike durch seine Unterstützung ein Preispremium von circa. 2,5 Prozent durchsetzen konnte. Aus finanzieller Sicht hat es sich für Nike sogar ausgezahlt Woods Vertrag aufrechtzuerhalten nachdem er in einige Skandale verwickelt war. Zwar ist Nikes Golf-Equipment-Umsatz von November 2009 bis April 2010 – auf dem Höhepunkt des Woods-Skandals – um 2,2 Millionen Dollar eingebrochen. Jedoch hätte Nike ganz ohne Woods Unterstützung in der gleichen Periode rechnerisch 3,5 Míllionen Dollar weniger umgesetzt. Woods bescherte Nike also auch auf dem Höhepunkt der Skandalwelle ein zusätzliches Umsatzplus von circa 1,7 Millionen. Solche Bilanz belegt eindrücklich, welch positive Effekte Spitzentestimonials auf entscheidende Erfolgsgrössen haben.

Testimonial-Kampagnen nicht per se effizienter als Werbekampagnen

Marktstudien zeigen jedoch, dass Testimonial-Kampagnen nicht per se effizienter sind als andere Werbekampagnen. ACE Metrix analysierte die Effizienz von 2.600 in 2010 ausgestrahlten Fernsehspots und kam zu dem Schluss, dass Promikampagnen nicht notwendigerweise bessere Ergebnisse erzielten – in manchen Fällen jedoch wesentlich schlechtere. Ein ähnliches Bild ergibt die Auswertung von Millward Browns Datenbank: 35 Prozent der vorab getesteten Promi-Spots erzielten in 2011 gute Resultate bei der Konsumentenbefragung, aber 42 Prozent der Non-Testimonial Kampagnen.

Solche Analyseergebnisse sind ein eindeutiger, statistischer Beleg für die subjektive Einschätzung vieler Werbefach-leute: Testimonials können äußerst effizient sein, jedoch genügt es nicht, einen Promi in einer Werbeschaltung zu platzieren solange er nur bekannt genug ist. Grundsätzlich bedarf es zum einen eines guten „Fits“ zwischen Marke und Testimonial um Glaubwürdigkeit zu transportieren. Entscheidend ist aber auch, eine Person zu identifizieren, deren Image innerhalb der Zielgruppe, der vom Marketing angestrebten Produkt- und Markenwahrnehmung ent-spricht.

Aufgrund der enormen Kosten und der großen Risiken die eine Verbindung mit einem Promi mit sich bringt, ist die Wahl des Markenbotschafters eine der folgenschwersten Entscheidungen die für eine Marke getroffen werden kann. Die Anforderungen an ein ideales Testimonial sind hoch, die Entscheidung für den CMO deshalb nicht leicht. Die Praxis zeigt, Marketeers verfolgen dabei sehr unterschiedliche Ansätze.

Nächste Folge

In der nächsten Folge stellen wir die Bandbreite der Selektionsprozesse in einem Modell schematisch dar und geben Ihnen einen Überblick über die Botschafterwahl der Marketingpraxis.

Über die Autoren

Christian Schimmelpfennig ist Program Manager des Omnium Global Executive MBA der Universität St. Gallen und Universität Toronto. Im Rahmen seiner Dissertation untersucht er die Wirkungsweise und Effizienz von Werbetestimonials.

Kontakt: christian.schimmelpfennig@unisg.ch.

Svend Hollensen ist Professor für International Marketing an der University of Southern Denmark und Direktor für Global Marketing Strategy des Global Marketing Network (GMN), ein global aktiver Marketingverband mit 30.000 Mitgliedern. Sein 2013 in der 6. Auflage erschienenes Lehrbuch „Global Marketing“ ist mit 100.000 verkauften Exemplaren das meist gelesene Lehrbuch für internationales Marketing außerhalb der USA.

Kontakt: svend@sam.sdu.dk