Angst vorm „Todesstoß“: Wen die Eventabsagen treffen

Bundesweit hagelt es Stornierungen für Messestände, Konzerte, Kleinkunstveranstaltungen, Festivals, Jahresversammlungen. Corona-Sorgen würgen das Veranstaltungsgeschäft ein weiteres Mal ab, wie Verbände warnen – mit wirtschaftlichen Folgen über die Branche hinaus.
Die Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft sieht finsteren und ungewissen Aussichten entgegen. (© Koelnmesse)

„Leider müssen wir unsere Veranstaltung xy als Präsenzveranstaltung für externe Gäste absagen“ – solche Mails landen dieser Tage in vielen Postfächern. Begründung vielfach: die Empfehlung des Robert-Koch-Instituts und der Bundesregierung, auf die Durchführung von Großveranstaltungen zu verzichten. Alternative: Live-Stream.

Für Restaurants, Theater oder Konzerthäuser gilt immer häufiger 2G – Zutritt nur für Geimpfte und Genesene. Die Theater-Gutscheine vom letzten Lockdown sind noch nicht verbraucht, da müssen Besucher schon um die nächsten Karten bangen. Oftmals erstatten die Einrichtungen Ungeimpften aus Kulanz die gekauften Karten. Das bedeutet: Die Zahl der Besucher und der Umsatz sinken – und damit das Veranstaltungsbudget.

Schausteller und Messeveranstalter alarmiert

Der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft warnt vor einem „Todesstoß“ für die Branche. Auch Schausteller und Messeveranstalter sind angesichts der steigenden Corona-Fallzahlen alarmiert. Von finsteren und ungewissen Aussichten sprach am Dienstag die Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft.

Christian Eichenberger von der Frankfurter Party Rent Group engagiert sich seit Kurzem in der Bundeskonferenz für mehr staatliche Hilfe. „Wir sind seit 20 Monaten in der Vollkatastrophe“, sagt er. 40 bis 50 Prozent der einst knapp zwei Millionen Beschäftigten hätten der Branche schon den Rücken gekehrt. Viele waren Freiberufler und Solo-Selbstständige. Laut Ifo-Institut sehen sich 70 Prozent der Betriebe in ihrer Existenz bedroht.

81 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete die Event-Branche 2019 nach einer Studie der Interessengemeinschaft Veranstaltungswirtschaft. Eichenberger geht davon aus, dass knapp 50 Milliarden Euro an indirekten Umsätzen dazu kommen – weil etwa Messebesucher abends noch ausgehen und Festivalgäste Hotelzimmer buchen. 200 Euro pro Gast kämen so in die Städte.

Die Bundeskonferenz fordert deshalb, Wirtschaftshilfen aus Überbrückungsprogrammen und die Kurzarbeit für den Sektor zu verlängern – bis zu sechs Monate nach einer vollständigen Öffnung. Schließlich liege der Vorlauf für Großveranstaltungen bei sechs bis zwölf Monaten. Ähnlich wie der Tourismus brauche man auch einen eigenen Beauftragten in der Bundesregierung.

Auma warnt vor Aktionismus

Der Verband der deutschen Messewirtschaft (Auma) warnte die künftige Bundesregierung vor „Aktionismus“. „Die Rezepte des vergangenen Winters schmecken nicht mehr“, formulierte Verbandschef Jörn Holtmeier. Empfehlungen wie die des Robert Koch-Instituts, pauschal jegliche Veranstaltungen abzusagen, seien angesichts der Impfquoten unter Erwachsenen kaum mehr nachvollziehbar.

„Die Auswirkungen auf unsere Branche waren katastrophal. Von Corona wurde das Geschäft Messe so hart getroffen wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr“, sagte Holtmeier jüngst im Interview mit der absatzwirtschaft. Gemeinsam mit dem ifo Institut ermittele die Auma aktuell den volkswirtschaftlichen Effekt von Messen. Der umfasst alle Bereiche, die von Messen profitieren, beispielsweise Gastronomie und Hotellerie, Messebauunternehmen, den Einzelhandel und das lokale Handwerk. „Vom März 2020 bis Juli 2021 beläuft sich der volkswirtschaftliche Schaden auf 42 Milliarden Euro. In einem normalen Jahr beträgt der gesamtwirtschaftliche Beitrag der Messewirtschaft 28 Milliarden Euro in Deutschland, im vergangenen Jahr waren es gerade einmal sechs Milliarden Euro“, sagte Holtmeier.

he/dpa