Achtung, Indifferenz: Mehrheit der Kunden sind Marken egal!

Markenunternehmen müssen sich auf harte Zeiten einstellen. Suchmaschinen übernehmen längst eine ihrer Kernaufgaben: Sie geben Kunden Orientierung. Das Vorvertrauen der Markenkäufer schwindet, Werbelügen werden in der transparenten digitalen Welt immer schneller entlarvt und strategische, konsequente und konsistente Markenführung fällt häufig dem Quartalsdenken in den Unternehmen zum Opfer. Wozu das führt: Zunehmend mehr Verbrauchern und Käufern sind Marken egal.
Jürgen Gietl

Das ist längst mehr als nur eine Vermutung oder logische Schlussfolgerung. Eine aktuelle BrandTrust Studie, realisiert von puls Marktforschung, hat Kunden und Kenner der Branchen Automobil, Unterhaltungselektronik, Sportartikel, Online- und Lebensmitteleinzelhandel sowie der Getränkeindustrie befragt. Über die Hälfte der untersuchten Marken aus den genannten Branchen haben mehr Indifferente und Ablehner als Fans. Oder anders formuliert: Dem überwiegenden Teil der Befragten ist die jeweilige Marke egal.

Audi mit den meisten Fans, Zalando mit den meisten Indifferenten

Zu den Marken mit den meisten Indifferenten zählen dabei Zalando, Puma, Hyundai und Kia. Selbst Apple ist in diesem Punkt gegenüber Samsung mittlerweile im Hintertreffen, weil Kunden nicht mehr länger auf weitere Spitzenleistungen warten. Im Gegensatz dazu schneiden Adidas, Amazon, Samsung, Coca-Cola, Edeka und Audi als Gewinner ihrer Branche ab. Allesamt Marken, die ihren Kunden ein klares Bild davon geben, wofür ihre Marke steht und dieses Versprechen durch spezifische Spitzenleistungen im Angebot und durch spezifische Markenerlebnisse halten.

Nur „schreien“ reicht nicht: Profil ist nicht nur Sache der Kommunikation

Verwunderlich ist das Ergebnis nicht. Es reicht eben nicht, Aufmerksamkeit durch kreative Werbung oder Megasponsoring zu generieren, wie die Beispiele von Zalando, Kia und Co. zeigen. Solange dahinter keine markenspezifischen Spitzenleistungen für den Kunden wahrnehmbar werden, verpufft der Anziehungseffekt, den die Marken auf potenzielle Kunden ausüben.

Gleichzeitig wiesen die Befragten den Marken mit der höchsten Anzahl an Indifferenten jeweils die den geringsten Profilierungsgrad zu. Das heißt: Je weniger die Befragten die Marken in ihrem Angebot, ihrem Erlebnis, dem Mitarbeiterverhalten und der Kommunikation als profiliert einstufen, desto weniger Fans, Empfehler und Wiederkäufer haben sie.

Bei dem Ergebnis fragt man sich, ob die Kunden oder die Markenmanager markenmüde sind. Denn in einer Zeit, in der Kunden aufgrund der Angebotsflut mehr Orientierung benötigen als je zuvor, und in der die Lust auf werthaltige Produkte steigt und immer mehr Menschen Sinn und Identifikation im Konsum suchen, sollten die Verantwortlichen mehr Aufmerksamkeit dafür verwenden, ihren Marken mehr Profil zu verleihen und damit Indifferente als Kunden für sich zu gewinnen.

Marke als Management System

Wenn sich das ändern soll, müssen Unternehmen dazu übergehen, Marke nicht mehr länger als Kommunikations- sondern als Management-Instrument zu verstehen. Das heißt, es muss über alle Abteilungen hinweg – von den Mitarbeiterzielen über die Prozesse bis hin zu den Markenkontaktpunkten – sichergestellt werden, dass das abgegebene Versprechen gegenüber den Kunden auch wirklich gehalten wird.

Aufgabe muss es sein, die glaubwürdigen Werte und die attraktive und differenzierende Positionierung für alle Anspruchsgruppen erlebbar zu machen. Nur so ist es möglich, ein Unternehmen darauf auszurichten, die spezifische Marke über alle Markenkontaktpunkte glaubwürdig, attraktiv und differenzierend erlebbar werden zu lassen: für mehr Orientierung, Wert und Identifikation – und weniger Gleichgültigkeit unter den Kunden.

Über den Autor: Jürgen Gietl ist Managing Partner von Brand Trust mit langjähriger Erfahrung im operativen und strategischen Management von Marken. Seine Sachkenntnis nutzen namhafte mittelständische Unternehmen und globale Konzerne. Gietl ist ein gefragter Dozent auf zahlreichen Kongressen und an Hochschulen.