Abmahnungen im Wettbewerbsrecht

Im täglichen Kampf um den Kunden kann es schon einmal zur Verletzung wettbewerbs -rechtlicher Vorschriften kommen, zumal es davon eine ganze Fülle gibt. Es hat sich in diesen Fällen im Laufe der Jahrzehnte eingebürgert, dass die Konkurrenten einander auf solche Verstöße aufmerksam machen und dazu aufzufordern, den Verstoß umgehend einzustellen.

Abmahnung – was ist das ?

Dies hat Vorteile für alle Beteiligten: wer sich durch einen Verstoß beeinträchtigt fühlt, kann selbst rasch und wirksam für Abhilfe sorgen. Derjenige, der einen Verstoß begangen hat, wird darüber informiert und kann ihn rasch abstellen. Das ist deswegen sinnvoll, weil dem
„Verletzer“ die Wettbewerbsrechtsverletzung oft gar nicht bewusst war. Für die Gerichte hat die Abmahnung den Vorteil, dass sich auf diese Weise viele rechtliche Auseinandersetzungen schon im Vorfeld und ohne Inanspruchnahme eines Gerichtes beilegen lassen. Allerdings muss eine Abmahnung verschiedene rechtliche Voraussetzungen erfüllen, um wirksam zu sein.

Wer ist grundsätzlich zur Abmahnung berechtigt ?

Wer zur Abmahnung berechtigt ist, ergibt sich grundsätzlich aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), gegebenenfalls auch der Vorschrift, die verletzt wurde.
Nach § 13 UWG sind zu einem Vorgehen alle Gewerbetreibenden berechtigt, die Waren oder gewerbliche Leistung in gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Auch rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen können hierzu befugt sein, wenn ihnen eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren oder gewerbliche Leistung in gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben und wenn die Verbände nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung in der Lage sind, die satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung dieser Interessen tatsächlich wahrzunehmen. Auch Industrie – und Handelskammern sowie Handwerkskammern haben die Befugnis zur Abmahnung.

Wer ist im Einzelfall zur Abmahnung berechtigt?

Wie erwähnt, ist erste Voraussetzung für ein aktives Vorgehen, dass der Abmahnende „Waren
oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art“ vertreibt. Ob dies der Fall ist, ist aus der Sicht des Kunden zu beurteilen. Die Parteien müssen aber nicht derselben Wirtschaftsstufe angehören und denselben Abnehmerkreis haben. Eine mittelbare Beeinträchtigung des Absatzes genügt. Deswegen können auch Hersteller und Einzelhändler einerseits und Groß – und Einzelhändler anderseits miteinander im Wettbewerb stehen. Auch ein teilweises Überschneiden genügt. Im Einzelfall legen die Gerichte dieses Kriterium nicht eng aus, kommen also eher zu dem Ergebnis, dass die Waren oder gewerblichen Leistungen
„gleicher oder verwandter Art“ sind als umgekehrt.

Tätigkeit auf „demselben Markt“

„Derselbe Markt “ ist der räumliche und sachliche Bereich, in dem sich die Angebote von Waren oder gewerblichen Leistungen begegnen, sodass also ein Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift Einfluss auf diesen Markt haben kann. Auch diese Definition ist im Einzelfall den Gerichten überlassen und damit nicht exakt voraussehbar. Gutes Beispiel ist hier der Münchner Makler, der für ein Objekt in München in einer überregionalen Zeitung eine Anzeige schaltete. Ein Hamburger Makler, der nicht vortragen kann, dass er auch Objekte in München an seine Kunden vermittelt, könnte deswegen gegen die Münchner Makler nicht vorgehen, wenn sich in dessen Anzeige ein Wettbewerbsverstoß findet.

Weitere Voraussetzung für ein aktives Vorgehen wegen eines Verstoßes ist die Eignung des Verstoßes, den Wettbewerb „auf demselben Markt wesentlich zu beeinträchtigen“. Damit sollen diejenigen Abmahner abgehalten werden, deren Ziel es ist, Gebühren zu erzielen, und die deswegen gegen jede Kleinigkeit vorgehen. Die Verwendung der Bezeichnung “ PS “ ohne gleichzeitige Hervorhebung der nach dem Gesetz über Einheiten im Meßwesen vorgeschriebenen “ Maßeineiten“ hat der BGH beispielsweise für eine derartige „unwesentliche Beeinträchtigung“ gehalten.

Inhalt einer Abmahnung

Eine Abmahnung enthält eine Aufforderung an den Wettbewerbsverletzer, innerhalb einer angemessenen Frist eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und droht gleichzeitig für den Fall der Nichtabgabe dieser Erklärung innerhalb der gesetzten Frist ein gerichtliches Vorgehen an.

Die Abmahnung muss deswegen mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, welches konkrete Verhalten denn überhaupt beanstandet wird. Sie muss allerdings keine rechtlich richtige und umfassende Beurteilung des Verstoßes enthalten, es genügt, dass der Abgemahnte auf Grund der Beanstandung den Sachverhalt selbst würdigen und daraus die notwendigen Folgerungen ziehen kann. Eine bestimmte Formulierung ist hier nicht vorgeschrieben (z. B.:“ auf Seite 7 der Ausgabe Nr. 5 XY Zeitung vom 13. Mai 2003 ist die Anzeige erschienen. Darin findet sich folgende Formulierung: “ .. „. Diese Formulierung ist sachlich unzutreffend, verstößt gegen § ? des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und deswegen zu unterlassen.. „).

Die Form

Eine bestimmte Form für die Abmahnung ist durch das Gesetz nicht vorgeschrieben. Die Abmahnung kann daher mündlich, schriftlich, telegrafisch, per Telefax, per E-Mail, aber auch telefonisch erklärt werden. Allerdings ist aus Beweisgründen unbedingt zur Abfassung der Abmahnung in schriftlicher Form, um den Zugang nachweisen zu können, am besten per Einschreiben/Rückschein zu empfehlen. Bei der Zusendung per Telefax sollte man ebenfalls aus Gründen der Sicherung des Nachweises des Zuganges den Sendebericht aufbewahren, aus dem sich ergibt, dass, wann, an wen und wann welche Abmahnung versandt wurde. Durch den Ausdruck einer per E-Mail versandten Abmahnung lässt sich dieser Nachweis nicht eindeutig führen.

Frist 1

Die Abmahnung sollte sinnvollerweise auch eine Fristsetzung enthalten. Auch hierfür gibt es keine allgemein gültigen Regeln. In der Mehrzahl aller Fälle wird eine Frist von acht Tagen angemessen, aber auch ausreichend sein. In besonderen Eilfällen dagegen können auch wenige Tage oder sogar Stunden in Betracht kommen. Wurde eine zu kurze Frist gesetzt, kann dies allerdings dann zum Nachteil des Abmahnenden ausgehen, wenn der Abgemahnte seinen Wettbewerbsverstoß sofort zugibt und erklärt, diesen Verstoß in Zukunft auch zu unterlassen. Kommt dann auch ein Gericht zu der Auffassung, dass die Frist zu kurz bemessen war, hat der Abmahnende die Kosten für die Abmahnung zu tragen.

Vertragsstrafe

Eine Abmahnung hat nur dann Sinn, wenn sie dazu führt, dass der Abgemahnte seinen Verstoß in Zukunft auch unterlässt. Hierfür genügt es nicht, wenn er erklärt, den Verstoß zu bedauern und sich in Zukunft gesetzestreu zu verhalten. Erforderlich ist vielmehr eine Erklärung, mit der der Abgemahnte verspricht, dass er an den Abmahnenden eine Vertragsstrafe zahlen wird, wenn er das beanstandete Verhalten noch einmal wiederholt. Die übliche Höhe der Vertragsstrafe liegt derzeit bei 5001 Euro.

Frist 2

Im Zusammenhang mit einer Abmahnung ist eine weitere wichtige Frist zu beachten. Wird die gewünschte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben, bleiben dem Abmahnenden zwei Möglichkeiten: Einmal kann er den Weg einer normalen Klage beschreiten. Dies bedeutet, dass er Gerichtskosten im Voraus zu bezahlen hat und mit einer gerichtlichen Entscheidung erst nach mehreren Monaten rechnen kann. Daneben hat er die Möglichkeit einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen. Dies führt zur Entscheidung des Gerichtes innerhalb von wenigen Tagen und ohne die Notwendigkeit eines Gebührenkostenvorschusses. Die überwiegende Mehrzahl aller wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen wird auf dem Wege der einstweiligen Verfügung ausgetragen.

Allerdings ist dieser Weg nur dann möglich, wenn zwischen der Kenntnis von dem Wettbewerbsverstoß und dem Eingang des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim zuständigen Gericht eine bestimmte Frist nicht überschritten wurde. Wie lange diese Frist ist, hängt von der Rechtsprechung des jeweils zuständigen Oberlandesgerichtes ab. Im Bereich des OLG – Bezirkes München beispielsweise sind dies vier Wochen. Andere Oberlandesgerichte handhaben diese Frist flexibler. Allerdings ist in jedem Fall umgehendes Vorgehen notwendig, um nicht eine wichtige Möglichkeit der Durchsetzung des eigenen Anspruches zu verlieren.

Muster einer Abmahnung:
Das oben begonnene Beispiel einer Abmahnung könnte daher vollständig lauten:

“ Auf Seite 7 der Ausgabe Nr. 5 XY Zeitung vom 13. Mai 2003 ist Ihre Anzeige für das Produkt …erschienen. Darin wird behauptet, dass ….. Diese Behauptung ist sachlich unzutreffend, verstößt gegen § ? des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und deswegen zu unterlassen. Deswegen fordere ich Sie auf, zu erklären, dass Sie sich verpflichten, diese Behauptung umgehend zu unterlassen und für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Unterlassungsverpflichtungserklärung einen Betrag von 5001 € zu bezahlen. Als Frist für den Eingang dieser Erklärung habe ich mir den 31. Mai 2003 vorgemerkt. Nach ergebnislosem Ablauf dieser Frist werde ich Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim zuständigen Gericht stellen „

Kosten

Die Kosten einer Abmahnung – sofern diese entstanden sind – sind vom Abgemahnten zutragen. Die Kosten werden i. d. R. in den Kosten eines Anwaltes bestehen, den das verletzte Unternehmen eingeschaltet hat, um gegen den Wettbewerbsverstoß vorzugehen. Diese Kosten hängen davon ab, welchen Betrag der Abmahnende in seinem Abmahnschreiben angegeben hat. Dieser Betrag kann von 10.000 Euro über 100.000 Euro und in besonderen Fällen bis 150.000 Euro reichen, abhängig von der Schwere des Verstoßes.

Checkliste:

  • Wettbewerbsverstoß ?
  • Vertreibt Konkurrent „Waren oder Dienstleistungen in gleicher oder
    verwandter Art“ ?
  • Auf demselben Markt ?
  • Ist Verstoß geeignet, den Wettbewerb auf demselben Markt wesentlich zu beeinträchtigen ?
  • Frist zwischen Kenntnis vom Verstoß und Einleitung gerichtlicher Schritte gewahrt ?
  • Frist zur Antwort auf Abmahnung gesetzt ?
  • Vertragsstrafe verlangt ?
  • Nachweis für Zugang der Abmahnung möglich ?

Autor: Dr. Peter Schotthöfer, pwsjur@schotthoefer.de
www.schotthoefer.de
eingestellt am 15. Juli 2003