Zweifel an „Medienhaus-Strategie“ der Verlage

Die Zeitungen bleiben bis zum Jahr 2007 die stärkste Werbeträgergruppe in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Die Basler Prognos AG warnt in ihrem aktuellen Report „Zeitungen 2007: Wandel nutzen – Wert erhalten“ jedoch auch: Veränderte Nutzungsgewohnheiten junger Menschen in Verbindung mit Versäumnissen der Verleger bei der Reaktion auf die Online-Medien führen zu einer Bedrohung gängiger Geschäftsmodelle.

In den drei deutschsprachigen Ländern geht nach Ansicht der Schweizer Marktforschern mit dem Jahr 2003 die Talfahrt der Werbemärkte zu Ende. Nach zwei oder gar drei negativen Jahren in Folge ist 2003 die
Talsohle erreicht. 2004 hellt sich die Stimmung etwas auf, was sich in Deutschland in
einem Wachstum des Gesamtwerbemarktes um 1,2% (2003) und 3,8% (2004) bemerkbar
macht.

Die Werbeeinnahmen der Zeitungen legen ab 2004 zu, allerdings
verlieren sie bis 2007 weiter Marktanteile: In Deutschland kommen die Zeitungen in 2007
noch auf einen Marktanteil von 25,0% (2002: 25,9%), in Österreich auf 32,8% (2002:
33,6%) und in der Schweiz auf 42,6 % (2002: 43,7%).

Trotz der wieder besseren Aussichten auf dem Werbemarkt diagnostizieren die
Medienexperten der Prognos AG in der aktuellen Analyse der deutschsprachigen
Zeitungsmärkte entscheidende
Schwächen im gängigen Geschäftsmodell der Zeitungen: Zum einen geht insbesondere
den Tageszeitungen der Lesernachwuchs schleichend verloren. Zwar sind auch jüngere
Menschen Leserinnen und Leser – aber sie lesen signifikant weniger in der regionalen
Tageszeitung, dafür umso mehr auf dem Bildschirm im Internet und in Pendlerzeitungen.
Zeitungsverlage müssen damit rechnen, dass diese Zielgruppe auch im Erwachsenenalter
nicht regelmäßig zur Tageszeitung greifen wird. Vielmehr verschärft sich der Leserinnen- und
Leserschwund mit der Folgegeneration erneut, die mit dem Internet aufwächst.

Zum anderen beginnt sich die Verkennung der Bedeutung des Internet durch viele
Zeitungsverlage zu rächen. „Selbst wenn die Konjunkturerholung die aktuelle Werbeflaute
beendet, kehren Stellen-, Kfz- und Immobilienanzeigen nicht mehr vollumfänglich in die
Zeitungen zurück“, so Holger Delpho von Prognos. Die Dezimierung dieser Ertragssäule
müssen Verleger ebenso verkraften wie den mittelfristig zu erwartenden Schwund an
Leserinnen und Lesern.

In ihrer Analyse kommen die Schweizer Medienexperten zu dem Schluss, dass die
ambitionierten Medienhausstrategien der späten 1990er Jahre auf den Prüfstand gestellt
werden müssen. In den meisten Fällen erwirtschaften weder die Website, noch die
regionalen Radios und erst recht nicht die regionalen Fernsehstationen der Verlage
positive Deckungsbeiträge. Vielmehr erweisen sich diese Kostenträger häufig als
besonders teure strategische Maßnahme zur Verhinderung des Markteintritts möglicher
Wettbewerber. Angesichts der wirtschaftlichen Lage ist dies eine schwer zu tragende
Belastung.

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